Alles über Elfen (German Edition)
Antwort A wäre: »Sogar inmitten menschlicher Behausungen, unter Umständen sogar in Schlafzimmern.« Orang-Bunian, so heißt es, seien nämlich vollkommen unsichtbar, es sei denn, man besitzt die Gabe des zweiten Gesichts beziehungsweise der Orang-Bunian beschließt aus freien Stücken, sich einem zu zeigen. Antwort B würde lauten: »In entlegenen Wald- und Gebirgsregionen in ansonsten unwegsamem Dschungel.« Wer das Revier der Orang-Bunian durchqueren möchte, muss erst das eine oder andere Besänftigungsritual durchführen, um die scheuen und misstrauischen Herren des Waldes wohlwollend zu stimmen. Antwort C schließlich fiele ungefähr so aus: »Orang-Bunian leben zwar nicht mehrheitlich in glitzernden Metropolen, aber sehr wohl in unmittelbarer Nähe zu kleineren menschlichen Siedlungen.« Unter diesen Bedingungen erweisen sich die Orang-Bunian oft als hilfsbereit – man kann sich angeblich sogar Geschirr von ihnen leihen, wenn man ein großes Fest auszurichten hat. In Regionen, wo sich die Orang-Bunian derart offenherzig präsentieren, hört man auch davon, dass Menschenmänner Orang-Bunian-Frauen geheiratet haben sollen – und daraufhin unsichtbar wurden, als sie bei ihren Gattinnen einzogen. Es ist in diesem Zusammenhang dann auch von den hinlänglich bekannten Zeitverzerrungseffekt im Elfenreich die Rede: Ehemänner von Orang-Bunian-Frauen, die ihre Daheimgebliebenen zu sehr vermissten und in ihre alte Heimat zurückkehrten, mussten oft feststellen, dass inzwischen Jahrzehnte vergangen waren und keiner ihrer alten Verwandten mehr unter den Lebenden weilte. [Christiansen: Ich frage mich immer, ob das einem diese Elfenschönheiten im Vorfeld verraten. Wahrscheinlich nicht. Plischke: Vielleicht vergessen sie auch nur, es zu erwähnen, weil sie Zeit generell anders wahrnehmen.]
Die Orang-Bunian teilen offenbar auch die Musikalität der Elfen, denn ihr Erscheinen wird oft durch angenehme Klänge – und hier offenbar insbesondere Trommelrhythmen angekündigt. [Christiansen: Das ist doch Schönfärberei. Wenn ich es nachts im stockfinsteren Dschungel plötzlich von irgendwoher trommeln hören würde, würde ich mich darüber jedenfalls nicht freuen …] Auch in sonstigen Stilfragen zeigen sich die Orang-Bunian offenkundig sehr sicher: Ihre Kleidung wird als traditionell, aber prunkvoll beschrieben.
Verwandtschaftsgrad mit den »klassischen« Elfen: Für die Orang-Bunian gilt in weiten Teilen dasselbe wie für die Diwata – viele ihrer Eigenschaften sind deckungsgleich mit denen jener Elfen, die Tolkien so umfassend beschrieben hat. Insofern ist es beinahe nur konsequent, dass das Bild von den Orang-Bunian sich in den vergangenen Jahren immer mehr dem unserer europäischen Elfen angenähert hat – einschließlich der Tatsache, dass es mittlerweile in den Beschreibungen der Einheimischen auch heißt, die Orang-Bunian hätten die charakteristischen spitzen Elfenohren.
Peri
Verbreitungsgebiet: Persien.
Auch in jener Region der Welt, die gemeinhin der Orient genannt wird, finden sich elfen- oder feengleiche Wesen. Die Peris beispielsweise sind anmutige, geflügelte Frauen von einer geradezu zerbrechlichen Schönheit. Im Zuge der Verbreitung monotheistischer Religionen wurden die Peris von »echten« Elfen zu gefallenen Engeln umgedeutet, denen der Weg ins Paradies respektive den Himmel verwehrt bleibt. [Plischke: Das ist gar nicht so weit weg von Tolkiens Auffassung, die Elfen repräsentierten quasi den Menschen vor seiner Vertreibung aus dem Garten Eden.] Ungeachtet dieser Verbannung treten die Peris nach wie vor als Überbringerinnen göttlicher Botschaften in Erscheinung – so heftig kann der Groll eines angenommenen Weltenschöpfers, der im Alleingang gehandelt hat, also doch wieder nicht ausgefallen sein. Dieses Changieren zwischen Gut und Böse in der Wahrnehmung durch uns Menschen ist allerdings augenscheinlich so etwas wie eine Grundkonstante in unseren Einstellungen gegenüber Elfen und Feen. Bei einer Herangehensweise, die das wahre Alter der Peris berücksichtigt, ist es vielleicht fruchtbarer, die Peris der großen Gruppe der Dschinnen zuzuordnen – und nein, die kommen nicht alle aus einer Flasche, an der man kräftig reibt.
Peris zählen im Übrigen zu jenen außereuropäischen Elfenverwandten, von denen man auch hierzulande relativ früh Notiz nahm. So weiß schon das eine oder andere Konversationslexikon aus dem frühen 19.Jahrhundert einiges über sie zu berichten: Unter anderem ihre
Weitere Kostenlose Bücher