Alles über Elfen (German Edition)
Göttern in Erscheinung traten. [Christiansen: Ja, das würde dem Kollegen Wolf gefallen – einfach auch noch so mir nichts, dir nichts alle Engel den Elfen zurechnen. Warum nicht gleich alle Götter auf der ganzen Welt zu Elfen erheben? Plischke: Jetzt bringen Sie ihn mal bitte nicht auf dumme Ideen, Christiansen.]
Aus elfologischer Sicht nicht minder spannend ist die Tatsache, dass die Tennin traditionelle Kleidung aus längst vergangenen Tagen tragen sollen, wenn sie sich uns Sterblichen zeigen – Assoziationen zu den höfischen Elfen Tolkiens drängen sich an dieser Stelle geradezu auf!
Noch dazu ist eines der Symbole, das oft mit den Tennin in Verbindung gebracht wird, eine Pflanze – eine Lotosblüte, die für Erleuchtung steht. Dass auch die europäischen Elfen als Blumenliebhaber gelten und noch dazu in dem Ruf stehen, besonders tiefe Einblicke in die wahre Beschaffenheit unserer Welt zu besitzen, ist auch kein sonderlich großes Geheimnis.
Was übrigens dem oben erwähnten Engelvergleich ein wenig entgegensteht, ist die Möglichkeit für einen Menschen, einen Tennin nötigenfalls auch selbst aufzusuchen. Das Motto ist hier: »Kommt der Tennin nicht zum Menschen, dann kommt der Mensch eben zum Berge.« Angeblich kann man Tennin begegnen, wenn man es auf sich nimmt, den Gipfel bestimmter hoher Berge zu erklimmen. Oder anders gesagt: Man muss sich auf den Weg in eine Anderswelt oder doch zumindest an einen sehr abgeschiedenen Ort machen – und beides sind ja auch gern »Siedlungsgebiete« von Elfen.
Auch in Sachen Lieblingszeitvertreib stehen die Tennin den Elfen nahe: Wo sie auftauchen, ist Musik nicht weit, und singen können sie selbstverständlich ebenfalls betörend. [Plischke: Zugegebenermaßen gibt es aber auch Feste, bei denen man sich quasi die Gunst der Tennin und ihren Schutz vor bösen Geistern sichert, indem man als Mensch so viel Lärm veranstaltet wie irgend möglich – Klangqualität und Melodik sind ihnen offenbar nicht so wichtig wie Lautstärke. Christiansen: Dann war ich aber schon auf Konzerten diverser Bands, auf denen es vor Tennin geradezu hätte wimmeln müssen. Plischke: Wann waren Sie denn schon mal in Japan, Herr Kollege?]
Verwandtschaftsgrad mit den »klassischen« Elfen: Ich war lange unschlüssig, ob die Tennin Aufnahme in dieses Buch finden sollten. Überzeugt hat mich letzten Endes eine kleine Geschichte, die in ganz vertrauter Manier das alte Motiv aufgreift, wonach es für eine Elfe Unglück bringt, sich mit einem Menschen einzulassen. In diesem Fall ist es ein Fischer, der eine Tennin beim Baden im Meer beobachtet und heimlich ihren Kimono entwendet, den sie braucht, um wieder davonfliegen zu können. [Christiansen: Zwei Dinge. Erstens: Warum werden wir Menschen eigentlich immer als ein Volk von hoffnungslosen Spannern und Voyeuren hingestellt? Und zweitens: Die Tante braucht den Kimono zum Fliegen? Ich dachte, die können sich Flügel sprießen lassen? Plischke: Zu ihrer ersten Frage – wir sind ein Volk von Schaulustigen. Zu Ihrer zweiten Frage: Schon mal darüber nachgedacht, dass das ein magischer Kimono sein könnte, der die Zaubermacht der Tennin verstärkt? (So was wie eine Flugrobe +3. Vielleicht verstehen Sie das besser, Sie Nerd!)] Die beiden heiraten, damit sie Aufnahme in seinem Haus findet, und erst Jahre später gesteht er ihr, wie ihre Ehe zustande kam. Ich finde, man kann es ihr nicht so recht übel nehmen, dass sie ihn nach diesem Geständnis prompt verlässt.
Europa
Ich verkünde an dieser Stelle gewiss keine sensationellen Neuigkeiten, wenn ich Ihnen Folgendes mitteile: Auch in Europa stößt man auf die eine oder andere elfenähnliche Gestalt aus Sagen und Legenden. Alles andere wäre auch regelrecht bizarr, wenn man bedenkt, wie sehr das moderne Elfenbild inzwischen – und wie wir gesehen haben tatsächlich überall auf der Welt – von jenen Mythen beeinflusst wurde, auf die Tolkien bei seiner umfassenden Beschreibung des Schönen Volkes immer wieder zurückgegriffen hat. Insofern sollten Ihnen die Geschöpfe, die ich Ihnen auf den folgenden Seiten vorstellen möchte, insgesamt ein klein wenig vertrauter erscheinen.
Anjana
Verbreitungsgebiet: Die Provinz Kantabrien in Nordspanien.
Wo wir es eben gerade von Engeln hatten: Auch der Anjana wird gern nachgesagt, sie sei im Auftrag himmlischer Mächte auf Erden unterwegs. Dabei wären die meisten Leute sicher fürbass erstaunt, wenn sie einer Anjana begegneten, die tatsächlich von sich
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