Alles was du wuenschst - Erzaehlungen
daran haben; ein grässlicher Mann, genau der Typ Mann, der selbst einem Hund gegenüber sarkastisch ist. Aber sie hatte es sich selbst zuzuschreiben: indem sie schwanger wurde vielleicht, indem sie Kinderwagen schob und durch das, was sich im Dunkeln zwischen ihr und ihrem Mann abspielte. Vielleicht verdiente sie ja nichts anderes (vielleicht war es ihr Stöhnen, das durch die Wand drang), dann konnte er sagen, was er wollte, über ihre Schuhe, über ihre Schweinekoteletts oder über das Gemüse, das sie beim Gemüsehändler kaufte. Es war genug, um einen in den Wahnsinn zu treiben. Sie hatte das Gefühl, dass über sie nachgedacht, dass sie beobachtet wurde. Sie ging nicht mehr gern an ihren Fenstern vorbei.
Sie hätte die Verbindung auch nicht länger aufrechterhalten, wären sie nicht Nachbarn gewesen und hätte ihr seine Frau nicht leidgetan, Noreen, ein großartiger Mensch, besonders wenn Della in der Frauenklinik von Coombe war. Sie fütterte die zurückgelassenen Kinder und schwärmte für die neuen Babys, sobald sie über die Schwelle getragen wurden, diese Frau, die Tag und Nacht
von einem Ehemann verhöhnt wurde, der ihr nur zwei geschenkt hatte.
Dabei war er auf seine Weise verrückt nach ihr, konnte keinen Schritt ohne sie tun. Einmal war er ein Jahr lang im Wohnzimmer gehockt, ohne dass ein Wort verloren worden war – nicht über seine Arbeit, nicht darüber, was eigentlich vor sich ging oder wieso er im Dunkeln herumsaß. Danach trafen sie seine Bemerkungen nicht mehr. Ohnehin war sie inzwischen ein wenig zu alt für so was, die durch fünf Schwangerschaften in die Breite gegangene Della, die, wenn sie in den Spiegel blickte, ihre eigene Mutter sah. Dennoch fühlte sie sich in jenen Jahren ungewöhnlich stark angesichts der Kinderschar, die um sie heranwuchs. Bis zu dem Tag, als ihre kleine Tochter Margaret heulend hereinkam, weil Mr Delaney gesagt hatte, sie werde dick um die Brust herum. Eine so eigentümliche und deplatzierte Äußerung für einen Mann, und die ganze Straße sagte: »Das ist vielleicht einer, ha, ha, ha.« Schon damals hatte sie die Bemerkung zur Gänze unangebracht gefunden und fand sie auch jetzt noch zur Gänze unangebracht, und obwohl ihr Mann ihr gesagt hatte, sie sei albern, hysterisch, nenne es, wie du willst, hatte Della, die wegen der Brüste ihrer armen Tochter vor Kummer und Scham verging, von jenem Tag an nie wieder ein Wort an Tom Delaney gerichtet noch über seine Witze gelacht oder ihn auf der Straße gegrüßt. Sie stritt nicht mit ihm, sie reagierte einfach nicht auf ihn, und auch mit seiner Frau sprach sie immer weniger und schließlich überhaupt nicht mehr. Das war ein großer Verlust für sie – für seine Frau
Noreen, die immer ein so großartiger Mensch gewesen war – und schnitt ihr ins Herz. Als Noreen starb, hatte sie natürlich längst keine Freunde mehr, vielleicht war auch das Teil seines Plans gewesen – dieser Spielverderber. Della ging zu ihrer Beerdigung, sie fragte sich, ob die Dinge anders hätten verlaufen können, und gelangte zu dem Schluss: nein.
Er muss doch überall blaue Flecken haben, dachte sie, als sie eines Tages hörte, wie eine Schüssel auf dem Küchenboden zerschellte. Das Geschepper wiederholte sich noch dreimal, und zwar in so regelmäßigen Abständen, dass sie eine Absicht dahinter vermutete. Wie würde er die Scherben beseitigen? Und wenn er dann morgens barfuß herunterkäme? Voller Mitgefühl hob sie selbst rasch die Füße. Eins. Zwei.
Es war unerträglich. Della ging noch oben, wischte über den Spiegel des Badezimmerschränkchens und betrachtete das Bild, das sich ihr bot: eine alte Frau, ihr unbekannt. Die nichts mit der jungen Frau zu tun hatte, die einen Kinderwagen schob, oder mit der Frau mittleren Alters, die das vor Trauer offen und obszön gewordene Gesicht von Tom Delaney betrachtete, als dieser hinter dem Sarg seiner Frau herging. Es war unanständig, hatte sie damals gedacht, ohne Vergebung im Herzen zu einer Beerdigung zu gehen. Das brachte kein Glück.
Was war danebengegangen? Della versuchte, sich selbst im Badezimmerspiegel zu erkennen, doch stattdessen sah sie eine alte Frau vor sich, eine, auf deren Liebenswürdigkeit es nicht ankam.
Sie nahm die Seifenschale und schlug damit gegen das Rohr, das vom Wasserkasten zur Toilette verlief – ein schwaches, unbefriedigendes Geräusch von Plastik auf Plastik. Sie suchte herum, fand die kleine, dickbauchige Flasche mit Olbas-Öl und langte hinauf zum
Weitere Kostenlose Bücher