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Alles, was ist: Roman (German Edition)

Alles, was ist: Roman (German Edition)

Titel: Alles, was ist: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Salter
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sie in einem der schmalen Gänge stehen. Er erkannte sie fast nicht wieder. Sie sah jünger aus. Er sagte Hallo.
    »Das war ein netter Abend bei den Cutlers«, sagte er. »Fanden Sie nicht auch?«
    »Oh, ja. Sie waren schrecklich amüsant.«
    »Wirklich. Ist mir gar nicht aufgefallen. Was wollen Sie denn kaufen?«
    »Ich weiß nicht, ich hab nicht mal eine Liste«, entschuldigte sie sich.
    »Was für ein schöner Tag«, sagte er.
    »Ja, es ist fast wie im Sommer.«
    »Ich habe eigentlich nichts vor. Wie steht es mit Ihnen? Wollen wir irgendwo was Kleines essen?«
    »Oh ja!«, rief sie. »Wohin gehen wir?«
    Es gab nur wenig Auswahl. Schließlich gingen sie in den Diner vom Red Hook. Außer ihnen waren nur wenige Gäste da. Sie saßen in einer Nische. Sie zog die Wangen ein, als sie die Karte las, eine leicht distinguierte Geste.
    »Was machen Sie da?«, fragte er.
    »Wie bitte?«
    Gleichzeitig merkte er, dass sie ein wenig entspannte.
    »Ich nehme das Corned-Beef-Haschee«, sagte er. »Wie haben Sie die Cutlers kennengelernt?«
    »Oh, Claire. Ich habe sie bei einem Vortrag getroffen. Drei Professoren sprachen über die Gedichte von Wallace Stephens. Ich fragte sie danach, ob sie irgendetwas davon verstanden hätte. Unter uns, sagte sie, kaum ein Wort.«
    »Ja, unter uns. Was ist mit ihrem Mann?«
    »Russell? Er hat von nichts eine Ahnung. Er keltert seinen eigenen Wein.«
    »Haben wir den an dem Abend getrunken?«
    »Du liebe Güte, nein. Den kann man nicht trinken. Den spuckt man gleich wieder aus.«
    »Woher kommen Sie, Katherine?«
    »Oh, aus einem kleinen Städtchen in Oklahoma. Kennt aber keiner. Hugo.«
    »Sind Sie dort aufgewachsen?«
    »Ja, schon«, sagte sie. »Am Tag von meinem Highschool-Abschluss bin ich aber gleich in die nächste Stadt. Und dann hatte ich diesen kleinen Unfall.«
    »Ach ja?«
    »Ich hab geheiratet. Ich war achtzehn und hab den ersten Mann geheiratet, der mir über den Weg lief. Er sah gut aus, aber dann stellte sich heraus, dass er drogenabhängig war, und zwar richtig. Ich wusste natürlich von nichts, mit achtzehn. Aber so war es nun mal. Er hat sein ganzes Geld verloren. Er hatte unglaublich viel Geld durch seinen Vater. Wir lebten in einem großen Haus, und dann mussten wir raus. Wir hatten vier Angestellte im Haus und einen Gärtner, der in der Garage schlief.«
    Es hörte sich an, als würde sie sich das Ganze ausdenken, oder zumindest zum Teil, aber er beschloss, ihr zu glauben.
    »Mein Gott, die haben vielleicht Probleme gemacht«, sagte sie. »Der Freund von dem Hausmädchen war Mexikaner, ein ziemlich kräftiger Typ, der mit seinem Pick-up immer direkt an der Hintertür parkte, und dann haben sie ihn mit Fleisch aus der Kühltruhe beladen. Ich hatte Angst vor ihm. Wenn ich nach Hause kam und den Pick-up sah, hab ich sofort kehrtgemacht und bin noch eine halbe Stunde rumgefahren. Ich wollte sie nicht erwischen. Es war furchtbar. Die Einzige, die ich mochte, war die Haushälterin, die sich aber nach Florida absetzte und irgendwann von einem Shoppingcenter aus anrief und sagte, sie habe nur noch acht Dollar und dass ihre Tochter an der Wahl zur Miss Florida teilnehme. Ob ich ihnen etwas Geld schicken könnte, sie würde es mir bestimmt zurückgeben.«
    Sie war sich ihres Aussehens bewusst, während sie fabulierte. Was sie tat. Sie machte eine Pause.
    »Sind Sie verheiratet?«, fragte sie beiläufig.
    »Oh, das ist lange her. Wir sind seit Jahren geschieden.«
    »Was ist passiert?«
    »Im Grunde nichts. Ich meine, von meiner Warte aus. Sie war wahrscheinlich unglücklich.«
    »Was hat sie gemacht?«, fragte Katherine.
    »Sie meinen gearbeitet? Sie hat nicht gearbeitet. Sie hat auch nicht gelesen, das kam noch hinzu.«
    »Fragen Sie sich nicht auch, wie so etwas möglich ist? Wie war ihr Name?«
    »Vivian.«
    »Vivian!«
    »Vivian Amussen. Sie war wunderschön.«
    Sie spürte einen leichten Stich, fast ein wenig Eifersucht. Es kam ganz automatisch.
    »Amazon« , sagte sie geistreich. »Wie der Fluss.«
    »Nein. Mit zwei ›s‹.«
    Sie merkte, dass sein Interesse schwand.
    »Haben Sie viel zu tun?«
    »Sie meinen heute? Ich hätte noch etwas Arbeit, an die ich mich setzen müsste.«
    »Ich hab immer tausend Dinge zu tun.«
    »Ich will Sie nicht aufhalten«, sagte er.
    »Oh, Sie halten mich nicht auf. Ich hab nur Angst, ich könnte Sie langweilen.«
    »Sie langweilen mich nicht, kein bisschen.«
    »Und, gehen Sie zu der Lesung von Susan Sontag?«
    »Wann wäre das?«
    »Sie spricht

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