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Allmachtsdackel

Allmachtsdackel

Titel: Allmachtsdackel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Lehmann
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auf denen der Sarg hinuntergelassen werden würde. Der Ständer mit der Schale mit Erde und Schaufel war aufgestellt. Nur die Schale mit Weihwasser fehlte. Sie gehörte nicht in diese Veranstaltung.
    »Gib her«, sagte Richard und nahm mir den Umschlag aus der Hand. »An meinem Grabe zu öffnen und vorzutragen«, las er grimmig lächelnd vor. Der Gedanke war eines jesuitischen Schlaubergers würdig. Denn in der Tat stand da nicht geschrieben, dass der Verfasser auch schon im Grab liegen musste. Richard machte sich.
    Er schob den Zeigefinger unter die Klappe, ratschte den Umschlag auf und zog zwei Blätter hervor, die mit Maschine, also Computer, beschrieben waren. Etwas blitzte dabei zu Boden, sprang von Richards schwarzer Schuhspitze ab und blieb an der Kante des Grabschachts liegen. Ich bückte mich. Es war ein Schlüssel für ein Abus-Hängeschloss. »Da ist er, der Schlüssel für das Gartenhäuschen.«
    Die Blätter in Richards Händen begannen zu zittern. Er räusperte sich angestrengt.
    »Denn Gott hat selbst Engel, die gesündigt haben, nicht verschont, sondern hat sie in Ketten in die Finsternis der Hölle gestoßen und übergeben, damit sie für das Gericht festgehalten werden; und hat die frühere Welt nicht verschont, sondern bewahrte allein Noah, den Prediger der Gerechtigkeit …«
    »Aus Petrus?«
    »… und hat die Städte Sodom und Gomorra zu Schutt und Asche gemacht und zum Untergang verurteilt und den gerechten Lot errettet, dem die schändlichen Leute viel Leid antaten mit ihrem ausschweifenden Leben. Denn der Gerechte, der unter ihnen wohnte, musste alles mit ansehen und anhören und seine gerechte Seele von Tag zu Tag quälen lassen durch ihre bösen Werke. Der Herr weiß die Frommen aus der Versuchung zu erretten, die Ungerechten aber festzuhalten für den Tag des Gerichts, um sie zu strafen, am meisten aber die, die nach dem Fleisch leben in unreiner Begierde und jede Herrschaft verachten. Frech und eigensinnig schrecken sie nicht davor zurück, himmlische Mächte zu lästern. Sie sind wie die unvernünftigen Tiere, die von Natur dazu geboren sind, dass sie gefangen und geschlachtet werden.«
    Richard hustete und riss am Krawattenknoten.
    »Dies ist die … die Lebensbeichte von Martinus Weber«, las er weiter, »abgelegt an seinem Todestag, am 25. August im Jahre des Herrn …«
    »Also hat er sich selbst das Leben genommen!«
    »Unterbrich mich nicht! Sonst kriege ich das nie zu Ende … . abgelegt vor Gott und an meinem Grabe vorgetragen vor aller Welt von einem gottesfürchtigen Mann, damit keine familiäre Rücksicht und falsche Scham die Offenbarung verhindere.« Richard ließ die Blätter sinken.
    Ich zupfte ihm das Papier aus den verkrampften Fingern.
    »Bald werde ich vor meinem Richter stehen, vor dem kein Mensch, und sei er noch so rechtschaffen gewesen, aus eigener Kraft würde bestehen können. Aber Gott ist viel größer als nur gerecht.«
    Mann! Komm zum Punkt!
    »Da aber in der Welt nur Gottes Gnade ist, nicht aber Gerechtigkeit, so müssen wir Menschen uns zu Richtern untereinander machen. Und auch ihr werdet euch zum Richter erheben über mich, denn ich habe mit eigenen Händen und bei klarem Verstand sechs Verworfene getötet …«
    Richard stöhnte.
    »… die all meinen Bemühungen zur Umkehr trotzten, leichten Sinnes dem Götzen der Sodomiter huldigten und am Tag ihrer Konfirmation dem Glaubensbekenntnis spotteten, indem sie umherlächelten und jedermann, auch mir, schöne Augen machten. Ja, ich war schwach, dass ich sie nicht in ihr Leben in Sünde ziehen lassen konnte, sondern zu erretten suchte, bevor der Teufel ihr Herz gänzlich verderben konnte. Ich war geblendet durch die engelsgleiche Unschuld in ihren Fratzen, aus denen mich der Teufel anlächelte. Verführt haben sie mich mit ihrer koketten Vertrauensseligkeit, ihnen die Gnade zu verschaffen, die sie in ihrem Leben, hätten sie es gelebt, gänzlich verspielt hätten. So habe ich im Jahre 1964 …«
    »Gib her!« Richards milchkaffeebraune Augen waren sehr asymmetrisch geschlitzt. Er nahm mir die Blätter wieder weg, griff sich dabei ins Jackett, öffnete, ehe ich es richtig begriff, sein Zippo und hielt die Benzinflamme an die Ecken der beiden Blätter. Der Wind scheuchte die Flammen empor.
    »He!«
    Ehe ich zufassen konnte, hatte er die Blätter losgelassen. Die vom Feuer erzeugte Thermik riss sie hoch und ließ sie erst als Aschefetzen ins Grab sinken.
    »Dein Vater hat gewollt, dass man es verliest«, schrie

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