Allmählich wird es Tag: Roman (German Edition)
sprechen. Die Dinge zusammenfügen und begreifen. Warum das so wichtig war, wusste er nicht. Peter war tot, Liz mit einem anderen weg. Trotzdem fühlte sich ihr Betrug seltsam frisch an. Er hätte Liz so etwas niemals zugetraut. Das war das Ungeheuerlichste.
Er musste Derek anrufen, um herauszufinden, wie er sie erreichen konnte. Er würde sich seiner Missbilligung aussetzen müssen. Wahrscheinlich war er auf Liz’ Seite.
Die beiden waren einander immer näher gewesen, vertrauter. Er war Gast im eigenen Haus und hatte jahrelang nur Golf mit ihm gespielt.
Derek wusste viele Dinge, da war er sich sicher. Aber er hatte ihm nie etwas gesagt.
Tim war seinem Sohn kein guter Vater gewesen. Selten zu Hause. Kein guter Ratgeber, nicht wirklich ein Vorbild. Als Derek ein Teenager gewesen war, hatte er nichts mit dem unausgeglichenen, launigen Jungen anfangen können. Erst später wieder, als es um College-Entscheidungen ging, hatte er sich eingeschaltet. Bemüht, dem Sohn zuzuhören. Sie hatten sich arrangiert.
In den letzten Jahren war das Verhältnis ein sehr erwachsenes. Man traf sich regelmäßig am Wochenende für ein paar Stunden, plauderte. Derek hätte seine Mutter zur Sprache bringen können. Warum hatte er es nicht getan?
Ärger stieg in ihm auf. Worüber hatten sie die ganze Zeit beim Golf gesprochen? Über ihre Jobs, über Aktien, das ja. Obama. Das Wetter. Nie aber hatte Derek seine Mutter erwähnt, mögliche Probleme angedeutet.
Liz und er hatten in den letzten Monaten selten geredet. Ihm fiel kein einziges Gespräch ein. Nichts, an das er sich erinnern konnte.
Woran sollte er anknüpfen, wenn er sie jetzt sah?
Er stellte sich vor, wie sie voreinander sitzen würden. Irgendwo an einem neutralen Ort. Liz würde Tee trinken. Sich an ihrer Tasse festhalten, ihr Gesicht blass. Er würde den Anfang machen müssen.
Was würde er sagen? Warum hast du mich verlassen? Geht es dir besser jetzt ohne mich? Jeder mögliche Gesprächsbeginn schien unpassend. Grotesk.
Zum ersten Mal musste er an den anderen denken. Kannte er ihn? Er konnte sich nicht erinnern, dass Liz Freunde hatte, die er nicht kannte. Aber es war ihm auch immer gleichgültig gewesen.
Im Nachhinein kam er sich wie ein Idiot vor, dass er jahrelang so gleichgültig dahingelebt hatte. Seine Frau war attraktiv. Er hatte sie vernachlässigt, und es war ihm im Traum nicht in den Sinn gekommen, es könne sich jemand anderes in ihr Leben schieben. Sie zum Lachen bringen, sie ihm wegnehmen. Er hatte ihr wohl zu sehr vertraut.
Nein, Bullshit! Das war es nicht. Es war ihm alles einfach irgendwann egal geworden.
Liz’ Neuer hatte wahrscheinlich Geld. Interessierte sich für Designermöbel und Literatur. Fragte sie nach ihrem Tag, was sie zum Dinner essen wollte. So einfach war das.
War es wirklich so einfach? Fuck. Er wusste es nicht. Er konnte sie nicht bitten zurückzukommen. Es war kaum etwas übrig von ihnen beiden.
Außerdem hatte er in der Zwischenzeit seinen Job verloren und mit einer Dreiundzwanzigjährigen geschlafen. Es gab kein Zurück.
Er wusste ja nicht mal, ob er es wollte. Aber er wollte über Peter reden, über die Dinge, die Jahre zurücklagen.
Er zündete sich eine Zigarette an, öffnete das Seitenfenster. Erinnerte sich an die Scheidung der Schwester. Die weinende Agnes am Telefon mit Liz. Es hatte ihn weder überrascht noch sonderlich interessiert. Zur selben Zeit war der Stress mit Frank in der Bank gewesen.
Er hatte Agnes nicht einmal angerufen. Verächtlich hatte er sich damals gedacht, dass er es hatte kommen sehen. Agnes war ein Scheidungstyp. Langweilig. Traurig.
Er starrte auf die weißen Linien der Straße. Eine Spule, sich abrollend im Scheinwerferlicht. Die Küstenstraße wurde jetzt kurviger. Noch eine Stunde bis L.A . Er genoss den kühlen Wind. Freute sich auf sein Bett. Das große, leere Bett.
Sein Wagen war der einzige auf der Straße. Die Stadt war still, die Sterne unsichtbar im nächtlichen Smog.
Er bog in sein Viertel ein. Menschenleere Straßen. Stoßstange an Stoßstange parkten die Autos. Rasensprenger drehten sich bedächtig im Schein der Straßenbeleuchtung. Monotones Rauschen von sprühendem Wasser.
In Peter Heffners Haus brannte noch Licht. Aida war noch wach. Das Bild ihres zarten goldenen Kettchens auf gebräunter Haut streifte Tims Gedanken.
Als er vor der Garage hielt, war es drei Uhr früh. Trotzdem war es noch warm. Er hatte die wichtigen Gedanken vorerst zu Ende gedacht. Wusste, wie er
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