Allmählich wird es Tag: Roman (German Edition)
er das T -Shirt aus und wischte sich das Gesicht ab. Die letzten Meter ging er. Cool down. Die Sonne brannte jetzt grell.
Aida saß auf ihrer Veranda. Kaffeetasse und Zigarette.
Boxershorts, Hemdchen und pinker Seidenbademantel.
»Hey, Nachbar!« Sie grinste.
Er sah die Zahnlücke von Weitem und winkte ihr.
»Kaffee?« Sie hielt ihm die Tasse entgegen. Das schwarze Haar floss über den pinken, glänzenden Stoff.
Er zögerte. Er hatte sich auf einen ruhigen Morgen allein gefreut. In den letzten drei Tagen hatte er mehr Menschen getroffen, mehr Gespräche geführt als in all den Monaten zuvor.
Warum aber eigentlich nicht? Fuck it!
»Bist du noch ’ne Weile da? Ich dusche nur kurz.«
Heiseres Lachen. Wieder die Zahnlücke.
»Klar. Bis gleich.«
Unter der Dusche pfiff er. Frank war vergessen.
8
Sein Haar war noch nass, als er auf ihre Terrasse trat.
Sie lachte ihn an. Immer noch in Boxershorts und Bademantel. »Milch? Zucker?«
»Nur Milch.«
Sein Blick wanderte umher. Heffners hatten die Veranda nicht genutzt. Er konnte sich nicht daran erinnern, mit Peter jemals hier gesessen zu haben. Gut so.
Die weiße Farbe blätterte von der Armlehne des Gartenstuhls. Der Tacoma parkte nicht in der Einfahrt. Ihr Freund war anscheinend nicht da.
Es war ziemlich warm. Würde ein heißer Tag werden.
Aida kam zurück. Barfuß. Eine verzierte Blechschachtel klemmte unter ihrem Arm. Sie reichte ihm eine Tasse.
»Rauchst du Pot?«
»Hmm?« Er verstand nicht.
»Marihuana?«
»Klar.« Warum nicht.
Sie fummelte losen Tabak aus einer Packung. Konzentriert. Fingerfertig.
»Wohnst du schon lange hier? Ich habe dich noch nie gesehen«, fragte er. Small Talk mit Leuten, die er nicht kannte, war für ihn ungewohnt. Heute fühlte er sich überraschend entspannt.
Aida überlegte. »Wir sind vor zwei Jahren eingezogen.«
Er war tatsächlich nicht viel zu Hause gewesen.
Sie bröselte trockenes grünes Kraut in den Tabak. Mischte. Vielleicht war sie Künstlerin. Schauspielerin?
»Was machst du? Beruflich, meine ich.« Er nahm einen Schluck. Der Kaffee war gut. Stark.
»Schmeckt’s dir? Ist puerto-ricanischer Kaffee. Meine Mammita schickt mir immer welchen. Jeden Monat. Den kriegt man hier nicht.«
Sie war also Puerto-Ricanerin. Da war ein kleiner Akzent.
»Kennst du Cheetas? Hollywood Boulevard?«
Er hatte davon gehört. Stripclub. »Nein.«
»Ich tanze da. Neben meiner Friseurausbildung.«
»Bei Cheetas?« Er wollte sie auf den Arm nehmen. Der Gedanke, dass sie Stripperin war, war aufregend. Sie hatte tolle Beine.
Aida grinste. »Das eine tagsüber, das andere nachts.«
Sie rollte den Joint und schob vorsichtig einen Filter hinein.
»Und du?«
»Banker.« Er war zu faul zum Lügen.
»Echt? Hast du heute frei?«
»Gefeuert. Arbeitslos.«
»Echt? Scheiße.« Sie schien angenehm unbeeindruckt. »Was sagt deine Frau dazu?« Sie zündete den Joint an. Zog so lange, bis Glut aufglomm.
»Weg. Sie ist seit fast zwei Wochen weg.«
Aida hielt die Luft an, betrachtete ihn aufmerksam. Dann blies sie den Rauch zur Seite. »Shit. Das tut mir leid.« Sie reichte ihm den Joint. »Dann kannst du das jetzt brauchen.« Sie lächelte. Hatte recht.
Tim nahm einen tiefen Zug. Er hielt die Luft an, bis die Lunge brannte. Atmete aus. Weißer, dicker Rauch. Würzig.
Aida lehnte sich entspannt zurück, beobachtete ihn.
Er musste husten. Das letzte Mal war er während der Ausbildung high gewesen. Mit Larry Greenblatt. Sie hatten durchgefeiert, und er war auf Larrys Couch eingeschlafen, als der Morgen graute. In dessen Fünfzig-Quadratmeter-Wohnzimmer mit Blick auf den Hollywood-Schriftzug. Larry lag mit zwei Mädchen im Kingsize-Bett im Schlafzimmer.
Er spürte, wie sein Kopf leicht wurde. Seine Hand zitterte ein wenig. Er gab ihr den Joint zurück und sah in ihre roten Augen. Sie giggelte.
In einem tiefen Zug trank er den Kaffee aus. Sein Hals war trocken.
Beiläufig sah er seine Tasse an. Eine abstrakte Zeichnung eines Fernsehturms. »Toronto high up«, stand in fetter roter Schrift darauf.
Er musste unwillkürlich lachen. »High? Oder ›high‹?«
»So hab ich das noch nie gesehen!« Sie lachte und zog noch einmal an ihrem Joint.
Rosige Wangen, lange dunkle Wimpern. Kein Make-up. Sie sah gut aus.
»Wo ist denn der › KK ‹?« Er musste über seinen eigenen Witz lachen.
»Wer?« Lasziv blies sie den Rauch aus.
»Der Kleine Kanadier.« Er lachte laut.
Sie lachte auch, schnappte nach Luft. »Na, in Kanadaaa!«
Er
Weitere Kostenlose Bücher