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Alpendoener

Titel: Alpendoener Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Spatz
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dir gleich hinterher.«
    Tim stand auf.
    »Der ist aus Baden-Württemberg, der kann nicht schafkopfen , dem kann man es auch nicht beibringen, die
haben das nicht in den Genen.«
    »Der DNA.«
    »Was?«
    »DNA.«
    » Jaja , DNA. Ist schon so. Und du?«
    »Ich kann schon, freilich. Ich tät auch gern wieder.«
    »Nein, ich mein, ob du schießt.«
    »Schießen?«
    »Ob du auf die Jagd gehst?«
    »Nicht mehr.« Wäre Birne ehrlich gewesen, hätte er zugegeben,
dass er noch nie geschossen hatte, dass er an dem Punkt in seiner
Kriegsdienstverweigerung nicht gelogen hatte.
    »Hättest mal wieder Lust?«
    »Schon.«
    »Also, wenn du Lust hast, nehme ich dich mal mit auf die
Jagd, ich habe eine eigene Pacht, den Luxus leiste ich mir. Ich geh immer in
der Früh, manchmal auch abends. Also, wenn du mal Lust hast …«
    »Gern.«
    »Geh, sei so gut, mach mir noch eines.« Werner hob sein
Weizenglas, Tim kam vom Klo zurück, die konspirativen zwei Minuten waren
vorbei. »Willst du auch noch eins?«
    Birne wollte gern noch eins. Er wollte auch zahlen, war so
eine Art Einstand jetzt geworden die Mittagspause. Aber Werner wollte ihn nicht
zahlen lassen, wollte lieber selbst die Rechnung übernehmen, die von Birne;
Tim, der so brav diese Weizenlänge neben ihnen gesessen und gewartet hatte,
sollte selbst zahlen, weil er nicht neu war. Die Bedienung fand Birne jetzt
auch so nett, dass er gern noch vorgeschlagen hätte, ein bisschen zu verhocken
zur Feier des Tages und weil der Chef frühestens morgen von seiner Messe mit
Praktikantin zurückkommen würde, aber irgendwann musste Schluss sein.
    Sie gingen. Ihr Rückweg führte sie unter der Sonne an dem
Türkenwagen vorbei, den Werner vorhin gemeint hatte. Und Tim hoffte, er werde
jene Anna sehen unter den jungen Menschen, die dort standen und auf ihre
Kebabsemmel warteten.
    Werner hatte dafür nur Verachtung übrig. »Frisst du dieses
ausländische Zeug?«, wollte er von Birne wissen.
    »Ach, ja«, hatte der dafür übrig, manchmal kehrte er ganz
gern dort ein.
    »Gell, wenn es sein muss, dann friss ich es schon auch. Jetzt wär ein Mittagsschlaf recht.«
    »Ja, das wär jetzt was.«
    »Gell, das wär jetzt was«,
bestätigte Werner.
    Da waren zwei ja schnell Freunde geworden, dachte sich Birne.
Ob er sich gut geführt hatte oder Werner weizenselig geworden war oder einfach
jeden einlud, mit auf die Jagd zu gehen, konnte Birne nicht beurteilen. Dazu
war er zu neu. Aber im Augenblick, dachte er sich, ist es egal oder in Ordnung,
denn sie hatten gegessen, und ein Mittagsschlaf wäre jetzt recht. Mehr nicht.

     
    Der Nachmittag verlief zwischenfalllos .
Birne hatte ein kleines uneinsehbares Bürokabuff zugeteilt bekommen. Da standen
sein Schreibtisch mit Computer und Internetanschluss darauf und ein Topf mit
einer Yucca-Palme auf dem Boden. An der Wand hing nur eine Luftaufnahme eines
Dorfes, könnte noch vom Vorgänger sein, meinte Birne und schlief ein. Die Tür
zum Nachbarbüro stand offen, das teilten sich Tim und Sigrid, man hörte wenig
von dort, nur gelegentlich einen Stift kratzen und das beruhigende Surren der
Computerkühler. Manchmal ein Telefon mit einem Anrufer, dem gesagt wurde, dass
der Chef frühestens morgen, wahrscheinlich besser übermorgen zu erreichen sei.
    Birne schlief wunderbar und träumte, wie er auf der Jagd
einen Bock geschossen habe und die nette Bedienung in der Wirtschaft Korbinian ihn zubereite und ihm und seinen Freunden, unter
denen neben denen aus der großen Stadt auch Werner war, servierte für vier
Euro. Dann setzte sie sich zu ihnen, und Birne legte seinen Arm um ihre
Schulter und fragte sie nach ihrem Namen.
    »Anna«, sagte sie im Traum.
    Eine brodelnde Kaffeemaschine und Sigrid weckten ihn. Sie
stand am Türrahmen, übersah diskret sein Erwachen und fragte, ob er eine Tasse
mittrinke.
    »Gern«, sagte Birne.

     
    Bevor er ging, schaute Werner noch mal kurz
rein: »Also dann, bis morgen.«
    Sie waren verabredet.
    Birne blieb auch nicht mehr lange, kaufte sich noch eine
Leberkäs-Semmel auf dem Heimweg und aß die als sein erstes Arbeitsabendessen in
Kempten.
    Daheim war niemand. Er saß eine Weile an seinem Küchentisch,
hatte keine Zeitung und lauschte darauf, was sein Haus an Geräuschen hergab.
    Unter ihm schrien Kinder, sie
könnten zehn und elf Jahre alt sein. Es klang nach einem kleinen Bruder, der
seine größere Schwester ärgerte und an den Haaren zog. Eine Männerstimme schrie
lauter, dann

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