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Alpendoener

Titel: Alpendoener Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Spatz
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durchzuziehen,
abgeschossen. Er gab alles zu, jeden Mord und jedes Detail. Herr Kemal wurde
wieder freigelassen, er und Birne hatten vor Gericht aufzutreten und
auszusagen, alles keine große Sache, weil alles gestanden war. Bruno nahm alles
auf sich, um seinen Sohn zu schützen. Birne akzeptierte das. Das war eine Version
von Wahrheit, dabei konnte man bleiben. Sein Leben sollte noch nicht so früh
versaut sein.
    Irgendwie fühlte sich Birne mal in der Schuld, Bruno im
Gefängnis zu besuchen. Der freute sich nicht, gab recht einsilbige Antworten.
Der Bub sei schon versorgt, murmelte er, im Heim. Birne begriff, dass Abraham
vorerst die Lust am Leben verloren hatte.

     
    In der Zeitung, in Birnes Zeitung, stand:

     
    Meistens sind die Dinge, die so
einfach und eindeutig erscheinen, die, die am kompliziertesten sind. Vor nicht einmal einer Woche konnte die Kemptener Polizei unter dem
Kommissar, Bruno Abraham, einen sensationellen Erfolg melden: Der Mord an einer
Rentnerin war innerhalb weniger Tage aufgeklärt. Doch nun kam durch das
beherzte Eingreifen eines couragierten Nachbarn die Wahrheit ans Tageslicht:
Nicht der verhaftete Imbissbudeninhaber, B. Kemal, war der Täter, sondern der
Kommissar selbst, der sich so hatte feiern lassen. Motiv: Eifersucht. Nicht
mehr und nicht weniger. Der Schwager des ursprünglich Verhafteten hatte dem
Kommissar unlängst die Frau ausgespannt. Daraufhin erstach jener die arme alte
Frau, ließ alle nötigen Beweise vom Tatort verschwinden und den unschuldigen
Türken ins Gefängnis sperren. Dort säße er immer noch, hätte nicht der Nachbar
noch mal nachgebohrt. Anfang dieser Woche konnte er zusammen mit einem
Arbeitskollegen den wahren Täter entlarven und zur Rede stellen. Für den
Arbeitskollegen wurde dies zum Verhängnis: der Kommissar schoss ihn zusammen.
Aber der Nachbar ließ sich nicht einschüchtern und entwaffnete den gefährlichen
Polizisten. Nun sitzt der im Gefängnis und wartet auf seine Strafe.

     
    Birne saß die kommende Zeit nicht nur herum. Er
hatte auf einmal viele Freunde, die ihn oft einluden. Und er   hatte Zeit, er musste nicht aufstehen, er
konnte feiern und saufen.
    Bei der Familie Kemal durfte er ständig mitessen und
kostenlos im Imbiss einkehren. Das war ihm gerade recht. Die ehemalige Frau
Abraham freute sich jedes Mal, wenn er kam, und drückte ihn. Sie behandelte ihn
wie einen Bruder.
    Werners Beerdigung war wunderschön. Viele Freunde und
Vereine. Seine Frau lud ihn persönlich zum Leichenschmaus ein. Er saß am Tisch
mit den Kollegen. Sein Chef entschuldigte sich, er könne jederzeit wieder
anfangen. Birne lehnte sofort zwischen zwei Gabeln Braten ab. Tim und Alexa
Müller waren nun ein Paar, sie knutschten die ganze Zeit am Tisch. Birne fand
das anlässlich einer Beerdigung unangebracht, aber er sagte nichts. Für Anna
kaufte Birne einen neuen Rollerhelm.
    Bernd und seine Freundin Simone räumten die Zulauf-Wohnung
ganz und vermieteten sie neu. Simone musste viel von der Arbeit in der Wohnung
selbst machen und schaute des Öfteren bei Birne auf einen Kaffee vorbei.
Gelaufen war dabei nie was. Einmal brachte sie ihm dann einen Umschlag. Er
enthielt kein Geld, sondern die Einladung zu Bernds und Simones Hochzeit. Auf
die Frage, ob er komme, sie würden sich freuen, antwortete Birne, das wisse er
noch nicht.
    Die Studentin, von der er die Wohnung gemietet hatte, meldete
sich und verkündete, dass das Ausland so toll sei. Sie würde sicher ein
weiteres halbes Jahr bleiben und damit durfte Birne die Wohnung behalten.   Birne wollte nicht, er suchte einen
Nachmieter, er wollte hier nicht mehr bleiben. Er fand einen blassen, ziemlich
dummen Studenten, der sagte, er wolle hier vielleicht eine WG aufmachen. Birne
war es recht, er packte zusammen.

     
    Dann klingelte noch einmal das Telefon. Birne
nahm ab, die schöne ehemalige Sekretärin von Bruno war am anderen Ende der
Leitung.
    » Sprech ich mit Herrn Birne?«,
fragte sie.
    »Ja, das bin ich«, flötete er.
    »Dann bleiben Sie einen Augenblick dran, ich verbinde Sie
weiter.«
    Sie drückte auf den Knopf, und Birne hörte seit Langem wieder
einmal »Für Elise«.
    »Hallo?«
    »Ja, hallo.«
    »Herr Birne?«
    »Ja, das bin ich.«
    »Hallo, hier spricht Kommissar Trimalchio .
Erinnern Sie sich?«
    »Ah, der Inspektor, ich erinnere mich.«
    »Ich bin befördert worden. Bruno Abraham ist suspendiert
worden und ich bin befördert worden.«
    »Rufen Sie

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