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Alpendoener

Titel: Alpendoener Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Spatz
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waren die Kinder leise und erklärten dem mit der Männerstimme die
Situation.
    Jemand saugte Staub. Könnte Birne auch mal machen, dachte er
sich, nicht heute, nicht diese Woche, aber bei Gelegenheit.
    Ein anderer schaute in seinen Fernseher. Birne überlegte, ob
der schlechte Ohren hatte oder das Haus hellhörig war. Fast konnte er mithören.
Das wollte Birne nicht, da sah er schon lieber selber fern.
    Er machte seinen an und probierte, ob er den Kanal fände. Als
es ihm gelungen war, sah er sich zwei Minuten einer Seifenoper oder Telenovela auf ProSieben an. Das
ertrug er nicht, das war nichts für ihn und seinen Feierabend, das ging ihm zu
langsam vorwärts. Er überlegte sich, ob er, noch bevor die Läden im Forum
schlössen, einen DVD-Spieler kaufen und sich einen
Film ausleihen sollte. War an sich nicht seine Art, aber keiner machte einen
besseren Vorschlag.
    Eine Zeitung wäre nicht schlecht.
    Er musste aufhören an die blöde Zeitung zu denken, das würde
ihn noch zum Kleingeist machen.

     
    Er könnte, solange die Geschäfte offen hatten,
noch einmal rausgehen und sich ein paar Halbe Biere kaufen, eventuell auch mal
bei diesem Korbinian vorbeischauen, wenn es mit dem
bald rum war, sollte man ihn nutzen, um ihn später gescheit bedauern zu können.
Einfach mal reinschauen, und wenn es nett war nach dem ersten Bier, einfach
sitzen bleiben und den Abend an sich vorbeiziehen lassen. Allerdings, wenn es
zu nett würde, könnte es auch sein, dass ihm der nächste Morgen mehr zum Feind
würde als der vergangene, und das konnte er nicht wollen, nicht am zweiten Tag,
an dem er hier etwas zu leisten hatte. Birne grinste. Zu leisten hatte.
    Er zog sich den Kittel noch mal über – es wurde kalt am Abend
trotz der Versprechungen, die die Frühlingssonne tagsüber gemacht hatte – und
ging aus seiner Tür in den Hausgang, wo er die Kinder wieder hörte und auch den
Fernseher etwas lauter und erkannte, dass derjenige zwar schlecht hörte, das
Haus aber auch großzügig mit den Geräuschen durch seine Wände umging. Im ersten
Stock schepperte eine Tür, dort, wo er meinte, den einzigen deutschen Namen in
der Früh entdeckt zu haben, und der Fernsehlärm wurde lauter. Er bremste seinen
Schritt, blieb stehen, nichts änderte sich. Unten wartete jemand auf ihn. Das
passte ihm nicht. Er wollte seine Ruhe, er konnte jetzt aber auch schlecht
zurück hinter seine sichere Tür, wie hätte das denn gewirkt?
    Irgendjemand hatte bemerkt, dass er noch mal raus war, und
lauerte ihm jetzt auf. Er hatte keine Lust auf eine Begegnung, aber was konnte
sie ihm anhaben? Er würde freundlich grüßen, den Blick fest auf den Boden
richten und ins Freie abhauen. Er schuldete niemandem etwas und er wollte auch
nicht, dass ihm jemand etwas schuldete.
    Er ging nach unten.
    »Guten Abend.« Eine alte, kleine Frau streckte ihre weißen
Haare wirr in die Luft und schaute durch große, fensterglasdicke
Brillenscheiben auf ihr Opfer, Birne. Sie steckte mit ihrer rosafarbenen Bluse
in einer blauen Blumenschürze. Birne wusste, dass er, wenn er jetzt irgendwie
reagierte, Lebkuchen fressen musste, bis er fett genug war für den Grill. Er
nickte lässig.
    »Neu hier?«, wollte die Alte ihn weiter zu einem Gespräch
locken.
    »Neu ist relativ.«
    »Neu ist relativ«, wiederholte sie und lachte zahnlückig . »Noch ein bisschen an die frische Luft?«
    »Ein bisschen.«
    »War ein schöner Tag heute, aber wird kalt am Abend, da soll
man sich nicht täuschen. Aber Sie sind ja warm eingepackt, Ihnen wird nichts
passieren.«
    »Hoffen wir’s.«
    »Ja, hoffen wir’s. Sagen Sie, junger Mann, haben Sie schnell
zwölf Minuten Zeit für eine arme, schwache Frau?«
    Jetzt hatte Birne praktisch schon verloren.
    »Worum geht es denn?«, wollte er wissen.
    »Ich habe es doch gewusst, schon als ich Sie einziehen sah,
dass Sie ein feiner Mensch sind. Ich habe es gewusst.«
    Birne hatte große Lust, ihr das Gegenteil zu beweisen und sie
einfach mit ihrem nackten Lob auf der Treppe stehen zu lassen.
    Ein Enkel von ihr war wohl während des Tags da
gewesen und sie in dieser Zeit gerade beim Einkaufen. Er hatte ihr einen Zettel
auf den Küchentisch gelegt, dass der Schrank, den eine unlängst verstorbene
Cousine hinterlassen und ihr vermacht habe, nun von ihm gebracht und im Keller
gelagert sei. Ob er, Birne, nun so freundlich sein und das Möbel zu ihr in den
ersten Stock tragen könne. Sie sei alt und schwach und er jung

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