Alpendoener
eine Frage, die ihn ein bisschen miteinbezog :
»Bist du von hier?«
»Nein«, antwortete Tim schnäuzend – er hatte sicher
Heuschnupfen. »Baden-Württemberg. Hab hier aber studiert – Tourismus.«
Birne liebte Baden-Württemberg. Das waren für ihn die
deutschesten Deutschen. Er hatte vor Jahren einmal eine Frau von dort heimlich
verehrt wegen ihrer Figur und Frisur, hatte Kaffeeautomaten belagert, um ihr
nahe zu sein, um sie riechen zu können eines Tages, eines glücklichen. Doch
dann war sie mal in Begleitung einer Freundin erschienen und hatte gesprochen,
und dann war’s vorbei mit Birnes Liebe, schlagartig,
nach Wochen innerhalb eines kurzen Satzes mit Sch. Aber ansonsten waren sie
großartig, die Baden-Württemberger, ohne sie hätte man dieses Land längst
zumachen können.
Nicht weit weg von da, wo Birne wohnte, war die
Wirtschaft Korbinian , die bot jedem von ihnen für
vier Euro ein Schnitzel und ein Getränk. Birne traute sich nur eine
Apfelschorle, weil er nicht wusste, was für einen Eindruck er zu machen hatte,
Tim eine verschissene Cola Light; als einziger Richtiger unter ihnen trank
Werner ein Weizen, wobei er noch überlegte, ob er ein leichtes oder einen Russ
nehmen sollte und dann mit den Worten, »Ach, leck mich doch am Arsch, gleich
ein gescheites«, die Vollversion bestellte.
Sie schauten in die Runde, ohne zu reden, sahen eine dunkel
rustikal eingerichtete Gaststube, ein bisschen kitschig, fand Birne, was den
Großteil der Gäste, Schüler der benachbarten Berufsschule in der Mittagspause,
nicht störte. Sie ließen sich von der Bedienung im Dirndl mit Mohren abfüllen,
genossen ihr schönes Lächeln bei jeder weiteren Bestellung und vergaßen mehr
und mehr die Zeit des Nachmittagsunterrichts, die ihnen drohte.
Tim wollte etwas gegen das Schweigen machen und lobte einen
neuen Titel ihres Programms, der weggehe wie warme Semmeln, in die Richtung
müsse man weiterbohren, fand er.
Werner hatte Mittagspause und quittierte die geschäftliche
Bemerkung mit einem »Ja, ja«.
»Kann sein, dass wir die Anna wiedertreffen ?«,
wechselte Tim das Thema.
»Die tät dir gefallen, ha?«
Tim wurde rot.
»Das darfst du ruhig zugeben, das macht mir nichts.«
Tim: »Ja schon.«
»Da schau, da musst du dich halt ein bisschen anstrengen.
Aber hierher kommt sie nicht mehr, seit sie mitbekommen hat, dass wir öfter da
sind. Ich weiß nicht, ob es an dir oder an mir liegt. Wahrscheinlich an uns
beiden. Jetzt gehen sie lieber zu dem Türkenwagen da vor und fressen dem sein
Zeug auf dem Parkplatz von der Schule. Na, wenn sie meinen, dass das besser
ist. Mach mir noch ein Glas voll, bevors Essen kommt,
sei so gut.«
Birne wollte jetzt auch ein Weizen: »Bring mir auch eines zur
Feier des Tages.«
»Das will ich meinen.« Birne und Werner stießen an, nachdem
sie bedient worden waren. Tim schaute ein bisschen zu und ein bisschen weg und
versuchte einmal kurz sein Glas zu heben, um mit seinem Cola Light mit
anzustoßen, ließ es aber dann schnell wieder sinken, um sich nicht zu
blamieren, wenn er ausgeschlossen würde, was er sozusagen unangestoßen eh schon
war.
Birne fühlte sich gleichermaßen als kleiner Sieger und
Arschloch, aber so ist das Leben. Sie bekamen Schnitzel und aßen still
schmatzend.
»Die Wirtschaft hat Tradition«, sagte Werner, »die gibt es,
seit ich so jung war wie du – länger. Die macht aber bald zu. Im Sommer hätten
die noch einen schönen Biergarten, den schönsten vielleicht, den es gibt in Kempten,
aber solange werden die nicht mehr aufhaben. Da kommen wir vorher noch mal her
und trinken ein paar Helle.« Er stieß noch mal mit Birne an, Tim tat, als
bekäme er nichts davon mit, konzentrierte sich ganz auf seinen Salat und
spritzte sich dennoch oder gerade deshalb ein paar Tropfen Joghurtsoße aufs
Hemd, was Birne wiederum sehr sympathisch fand: Immerhin, sie standen beide mit
den Dingen auf Kriegsfuß.
»Ich habe hier auch meinen Stammtisch«, erzählte Werner
weiter. »Wir tun schafkopfen . Kannst du schafkopfen ?«
»Logisch kann ich schafkopfen .
Tut’s ihr schafkopfen ?« Birne war stolz und freudig
erregt.
»Hier tun wir schafkopfen , immer
wieder. Kannst schon mal mittun, wenn einer aufs Klo muss. Bist gern
eingeladen. Ist wichtig, dass man schafkopfen kann.«
»In Bayern.«
»Ihr entschuldigt mich, ja?« Tim musste aus Klo.
»Das machen wir, kein Problem, und wenn die Anna kommt,
schick ich sie
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