Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Alpenkasper

Titel: Alpenkasper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Spatz
Vom Netzwerk:
dich getroffen. Wart ihr glücklich miteinander? Ihr wart glücklich miteinander. Du willst deinen Birne wieder haben. Pech bloß, dass ich dir dabei so viel helfen kann wie jeder Beliebige, den du von der Straße hier rauf bitten kannst. Ich bin kein Privatdetektiv und ich kenn meinen Bruder fast gar nicht. Was würd ich jetzt tun, wenn ich der Birne wär? Ich würd bestimmt nicht von dir weglaufen, wenn es mir so gut geht bei dir. Schau, wir haben praktisch nichts mehr gemeinsam, der Birne und ich, außer die Hälfte unseres Erbmaterials, aber das hat jeweils das Gegenteil aus uns gemacht. – War das eben die Klingel? Geh ruhig hin.«
    Ein stämmiger Mann in Bomberjacke und mit etlichen Metall-Ringen im Gesicht kam in den Raum, Katharina umarmte auch ihn.
    »Servus«, sagte er zu Jakob.
    »Servus«, sagte Jakob. »Es gibt Sekt.«
    »Keine Umstände. Ich bleib nicht lange.«
    »Gibt’s was Neues?«, fragte Katharina gierig.
    »Nein, deswegen bin ich nicht gekommen. Ich bin auch gleich wieder weg. Fühlt euch nicht gestört.«
    »Setz dich doch auf ein Glas.«
    »Nichts, nein, keine Zeit.«
    »Ich kann auch abhauen«, schlug Jakob vor.
    »Nein, du bleibst«, bestimmte Katharina. »Das ist der Bruder vom Birne«, erklärte sie dem Mann.
    »Jakob.« Jakob streckte seine Hand hin.
    »Servus«, sagte der andere. »Habt ihr ihn jetzt gefunden?«
    »Wir haben eine Spur«, behauptete Katharina.
    »Freut mich.« Es schien, als sei der Wörtersack, den sie dem Fremden in der Früh für den Tag mitgegeben hatten, beinahe leer.
    Stumm ging er zum Terrarium und schaute dem Vieh nach, aus einer Dose, die neben dem Terrarium stand, holte er was Lebendes, Zappelndes, und warf es der Agame hin. Die schluckte dankbar. Im Nacken des Fremden war neben dem zu einem Pferdeschwanz gebundenen langen Haar eine Tätowierung zu sehen: Eine Art Sonne mit böse grinsendem Gesicht, und die Strahlen, die von ihr ausgingen, hatten Haken wie Stacheldraht.
     
    »Clemens ist manchmal komisch. Birne hat ihm so viel geholfen, als es ihm dreckig ging. Der Birne hat so ein großes Herz, der ist ein echter Menschenfreund, deswegen hab ich mich auch mit ihm verlobt. Und der Clemens war beinahe ganz am Boden, als er den Birne getroffen hat. Dieses Misstrauen, diese Scheu Fremden gegenüber ist ihm geblieben. Das hat den jetzt total irritiert, dich hier sitzen zu sehen. Das hat zunächst gar nichts mit dir oder mir zu tun. Er sucht jetzt auch für mich. Er war dem Birne so nah.«
    »Dann ist er besser als ich.«
    »Nicht in jeder Beziehung.«
     
    »Ich weiß nicht, ich mag eigentlich keine Tiere, die man einsperren muss, die deprimieren mich. Und die hier macht Arbeit wie die Sau. Die frisst nur, wenn das Zeug ganz frisch ist und vor ihre Nase läuft. Abartig. Ansonsten würde sie lieber eingehen. Die war Birnes Hobby, hat er von Clemens bekommen – aus Dankbarkeit. Wenn ich sicher bin, dass Birne nicht mehr zu mir zurückkommt, schenke ich sie dir.«
    Die Agame blickte müde auf Jakob und erwartete seine Antwort. »Danke, aber ich will auch keine Tiere einsperren.«
    »Das ist mir sehr sympathisch.«
     
    »Das mit der Polizei war gut für den Birne. Er hat innerlich viel gerungen, schließlich ist er aufgegangen in dem Job, er war ihm eine Berufung – nimm ruhig noch einen Schluck, der darf leer werden, ich nehm auch noch – er kam auch gut aus mit den Kollegen. Ich würd schon sagen, er war beliebt. Du bist rot im Gesicht. Ist dir nicht gut? Hast du einen Ausschlag? Allergie oder so was? War die Pizza nicht gut?«
    »Das wird der Alkohol sein.«
    »Der Alkohol macht dir so lustige Flecken im Gesicht? Nein, dann seid ihr euch darin nicht ähnlich, ihr Brüder.«
    »Entschuldigung«, maulte Jakob. »ich sauf mich halt nicht jeden Tag in die Besinnungslosigkeit. Ja, auch darin unterscheiden wir uns.«
    »Du bist süß.«
    »Was hat er denn da gemacht bei der Polizei? Drogen?«
    »Auch. Das waren spannende Sachen. Wenn der Birne vom Tag erzählt hat, dann hab ich keinen Fernseher gebraucht.«
     
    Einstweilen weinte keiner, denn keiner konnte sich vorstellen, dass einem wie Birne was passieren konnte. Gut vorstellen konnte man sich dagegen, dass er sich schlicht selbst aus dem Blickfeld geräumt hatte, nachdem ihm die Dinge zu viel geworden waren. Er war bekannt dafür, alles ein bisschen anzupacken und dann fallen zu lassen, sobald es nach Anstrengung und Schweiß roch. ES IST EINFACH, VIELE SACHEN ZU KÖNNEN. ES IST SCHWIERIG, IN EINER SACHE MEISTER

Weitere Kostenlose Bücher