Alpenlust
guttat. Ein Kaffee, danach Zähne putzen wegen des Geruchs, dann zurück zur Arbeit, wo ihn Trimalchio erwartete. Birne war von innen gestärkt und von außen betrachtet, ging es ihm auch besser.
13. Nachtlokal
Der Circus Maximus war eine Enttäuschung. Sie waren zu Fuß zum Bahnhof gelaufen, hatten ein Taxi genommen und sich absetzen lassen, aber nicht in unmittelbarer Nähe. Der Fahrer, ein schon etwas älterer mit mangelhaftem Deutsch, hatte wissend gegrinst. Birne trug ein ärmelloses schwarzes Shirt und kam sich vor wie ein Depp auf den letzten Metern.
»Wohl so wie früher?«, fragte er.
»Wie wohl so wie früher?«, fragte Trimalchio zurück.
»Na. Als du mit dem Kollegen von damals los bist.«
»Nein, ganz anders damals, du hast keine Ahnung.«
Natürlich hatte Birne keine Ahnung, er hatte auch gar nicht behauptet, eine Ahnung zu haben, er hatte nur gefragt.
»Wie – äh – sieht’s denn aus mit …« Birne zögerte.
»Mit?«
»Den Spesen?«
Trimalchio grinste. »Spesen? Meinst du, wir werden Spesen haben?«
»Kann ja sein, wir wollen doch nicht verdächtig sein. Oder?«
»Nein, nein, um keinen Preis verdächtig.« Trimalchio , der ungewöhnlich stille Trimalchio , stoppte, holte seine Brieftasche raus und gab Birne 200 Euro.
»Birne, das sollte genügen, morgen machen wir es offiziell, dann zeig ich dir, wie man Spesenrechnungen und -anträge ausfüllt. Ist wichtig.«
Der Laden selbst lag hinter einem Metallrohrtor, auf dem groß und in albernen Lettern › Circus Maximus – FKK- und Massageclub , Eintritt ab 18‹ stand, dazu waren zu Birnes großer Verwunderung die Silhouetten von zwei Pavianen zu sehen. Merkwürdig. Dahinter ein Parkplatz mit einem großen schwarzen Mercedes und einem alten Golf, der Rest der Kundschaft war wahrscheinlich mit dem Taxi gekommen. Wohl, um unerkannt zu bleiben. Doppelmoral in der Bischofsstadt. Birne überlegte, ob er einen Leserbriefschreiber drinnen treffen würde und woran man einen solchen erkennen konnte, wenn er nichts anhatte.
Freudig erregt und entschlossen, nichts verkehrt zu machen, beschloss Birne, Trimalchio reden zu lassen. Sie hatten zwar einen groben Plan, aber Birne traute ihm nicht.
Der Klub sah von außen wie eine gewöhnliche Lagerhalle aus, sie mussten an der Seite eine Metalltreppe nach oben steigen, um an eine Tür zu gelangen, die mit einem Halb-nackte-Frau-Airbrush besprüht war. ›Eingang‹ stand da. Sie mussten klingeln und auf Gnade und Einlass warten.
Ein bulliger Glatzkopf in einem grauen Anzug öffnete und trat ohne Weiteres zur Seite. Als Birne ihn passierte, verzog er sein Gesicht. Birne wurde noch nervöser. Er wollte keinen Streit, nur mal schauen, zahlen konnte er, kein Problem.
Drinnen eine spärliche Beleuchtung, Tische und Bänke, ein normaler Klub; hinter dem Tresen, der sich dem langsam ans Dunkel gewöhnte Auge als Erstes zeigte, stand ein Mann. Enttäuschung.
Es war alles groß, praktisch nicht zu überschauen oder nur mit Videokameras, die hier sicher überall versteckt waren. Birne sah nichts Auffälliges und auch keine anderen Gäste. Es lief – das brachte ihn völlig durcheinander – ein Lokalsender mit einer besten Mischung der Hits von vor 30, 20, 10 Jahren und von heute. Wie sollten hier angetrunkene Kegelvereine in Fahrt kommen?
Es hatte geheißen, die Frauen hier würden gezwungen nackt zu arbeiten, dürften keine Handys haben und damit, so meinte Trimalchio , könne man sie packen, die Chef-Mafiosi, denn das sei nach wie vor illegal. Den Prostituierten Vorschriften zu machen, das sei Zuhälterei, dafür komme man ins Gefängnis; dann hatte er wieder auf den Gesetzgeber eingeprügelt, verbal.
Scheißdreck. Die erste Frau, die ihnen begegnete, war angezogen. Mit einem seidenen Bademantel. Sie saß in einer Ecke an einem Tisch, war blond und sah müde aus, Ringe unter den Augen. Sie rauchte. Sie fixierte die Herren, die gerade kamen, machte aber keine Anstalten, sich ihnen zu nähern oder sich ihnen anzubieten. Trimalchio und Birne setzten sich an die Bar und ließen die Frau nicht aus den Augen, obwohl sie Birne nicht interessierte. So und so nicht.
»Was wollt ihr trinken?«, fragte der junge, nicht unsympathische Mann mit einem breiten Augsburger Lokalakzent und gab ihnen ein wenig das Gefühl, zu Hause zu sein.
»Pils. Du auch, Birne?«
»Gern.«
Das Bier wurde auf Bierdeckeln serviert, die jeweils ein X an den Rand bekamen. Zum Schluss mussten sie bezahlen und Birne fragte
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