Alpenlust
war. Grantig schwieg er und verlor die Lust am Einsatz; diese Deppen verlangten, dass man intuitiv alles richtig machte und waren selbst die größten Kasper der Nation. In ihm reifte so etwas wie ein Entschluss, den er morgen kundtun wollte.
Nina kam zurück. Sie hatte eine Flasche Sekt und vier Gläser dabei. »Ich habe mir gedacht, für den Kollegen, bringe ich gleich ein Glas mit«, erklärte sie. »Hallo, ich bin die Nina.«
»Ich bin Bernd«, log Trimalchio . Birne hatte seinen wahren Namen verraten, wie unprofessionell, wie scheißegal.
Hinter Nina trat eine Rothaarige an den Tisch. »Hallo, ich bin Olga.« Birne fiel ein osteuropäischer Akzent auf. »Wollt ihr euch gut unterhalten?«
Trimalchio blickte mürrisch und ohne ein Wort auf. Sie saßen zu viert zusammen. Nina öffnete die Flasche, auf dem Etikett stand etwas von ›Champagne‹, wahrscheinlich war es gefälscht. Nina füllte die Gläser, eines lief über, sie schrie: »Huch!«.
Sie stießen an, alle vier zusammen, Olga brachte einen Toast aus: »Auf die Arbeit, auf den Feierabend.« Trimalchio ließ das alles mit sich geschehen, versaute aber durch seine grimmige Verschwiegenheit die Stimmung. Birne hoffte auf die Erfahrung der Frauen, auch aus komplizierten Situationen etwas Gewinnbringendes herauszuschlagen, doch die Runde blieb stumm. Olga zeigte einen großzügigen Ausschnitt, der Birne ebenfalls ansprach, er schaute aber nur heimlich und verstohlen rein, nicht dass Nina dachte, er wolle jetzt lieber mit Olga. Nina blickte er offen an, sie ließ das gern mit sich geschehen. Die schlechte Luft, eventuell etwas Restalkohol und das eben Gesoffene brachten ihn dazu zu glauben, er habe sich soeben tatsächlich verliebt. Was für scheußliche Umstände. Wenn er nur ein Ritter wäre oder wenigstens Richard Gere, aber so wirkte alles an ihm lächerlich: Ein Mann, der draußen zu wenig Liebe bekommt, muss sich hier verschaffen, was er meint, nötig zu haben. Wurm.
Schließlich wagte er einen Vorstoß, er flüsterte Nina zu: »Sag mal, gibt es hier eine Möglichkeit, etwas ungestörter zu sein?«
Sie kicherte und zog ihn hoch, sie sagte zu Trimalchio : »Ich entführe mal deinen Freund.«
Trimalchio sah weg.
Nina führte Birne Richtung Klo, an ihnen vorbei, nahm die Treppen in den Keller hinunter, ein langer Gang, mit vielen Türen, die Wände mit grauem Filz ausgekleidet, spärlich beleuchtet das alles. Hier waren also die Räume, in denen vollzogen wurde. In wenigen Minuten würde alles vorbei sein. Sie bogen um eine Ecke, eine weitere Treppe führte nach unten. Birne würde ihr verfallen, er würde wiederkommen müssen. Hatten sie ihm etwas ins Getränk getan, was ihn süchtig machte?
An den Türen sind Nummern, dahinter werden Nummern geschoben, dachte Birne; sie hielten an der 16, einer Zahl, der Birne nichts Symbolisches abgewinnen konnte. Vier mal vier halt. Dahinter stand ein Bett in einem grauen Raum, es gab einen Spiegel, sie würden sich zuschauen können. Birne war aufgeregt. Sie setzte ihn auf das Bett und ging zum Waschbecken in der Ecke, da lagen Seife und Kondome; sie streifte ihre Armringe ab und steckte sich ihr Haar hoch, dann drehte sie sich um und kam langsam auf ihn zu. Birne wich zurück.
»Angst?«
»Nein, nein, lass gut sein, ich will nur reden.«
»Das darf nicht wahr sein. Was ist denn heute los? Schon der zweite. Gefalle ich dir nicht?«, schrie sie und zerrte an ihrem Oberteil.
»Doch, doch.« Hastig zog Birne sein Geld aus der Tasche. »Ich bezahle, keine Angst, ich bezahle.« Sie wurde ruhiger, er fuhr fort: »Du gefällst mir super, ich glaube, ich habe mich in dich verliebt, ich will das langsamer haben, verstehst du?«
Sie setzte sich neben ihn und legte eine Hand um seinen Nacken.
»Ich kann dich hier rausholen. Du musst mir vertrauen.«
»Schon gut«, sagte sie, die Hand wanderte auf seine Brust und verweilte dort in sanftem Reiben.
»Ich weiß, was sie hier mit euch machen. Du musst dir helfen lassen. Du hast das nicht verdient, und Olga hat das auch nicht verdient. Sag mir nur, was die hier mit dir anstellen, ich bin mächtig genug.« Birne spürte einen gewaltigen Eifer in sich, seine Mission gewann wieder an Fahrt und Sinn. Er wollte das Mädchen hier raus haben, er wollte ihr anderswo und unter anderen Umständen begegnen dürfen, er als Ritter.
Sie hatte seine Hose erreicht, er hatte nicht mehr viel Zeit, bevor es ihn überkam. »Du musst mir nur für eine Aussage bereitstehen, bitte mach mir
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