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Alpenlust

Alpenlust

Titel: Alpenlust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Spatz
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Weg und der Mann rannte, so schnell er konnte, davon. Birne wollte hinter ihm her, stellte beim Aufstehen aber fest, dass er mitten in einem Hundehaufen gelandet war, und fiel, den Tränen nahe, in den Staub zurück.
    »Du Volldepp «, schrie ihn Tanja aus Leibeskräften an. »Das ist er, wir waren fast am Ziel und du Depp machst alles kaputt.« Und in ihrer Stimme schwang viel mehr als die Enttäuschung über einen beinahe gelösten Fall.
    »Woher willst du denn das wissen? Blöde Kuh, blöde.«
    Tanja stampfte mit den leichten Schuhen auf und bekam so ihren Zorn ein wenig in den Griff, sie schnaufte und sagte: »Er hat gesagt, er bringt mich dorthin, wo ich nie wieder arbeiten muss, wo noch ein paar hübsche Schwestern ihr Leben ohne Sorgen genießen, ich kann dort bleiben, solange ich will, muss ihm nur gelegentlich einen kleinen Gefallen erweisen.«
    »Und dann macht er dein Shirt kaputt. Heiße Spur. Leck mich.«
    »Ja leck mich, Rindvieh.« Sie stand auf und stapfte demonstrativ davon.
    Birne hievte sich hoch und ballte in den Taschen seines verschissenen Mantels seine Hände zu Fäusten und ließ dann jeweils den Mittelfinger wieder frei sich errichten, während er ihr nachstierte, der dummen Sau. Dann folgte er ihr, ohne sich anzustrengen, und wollte sie einholen.
    Bei der Bäckerei brach er die Verfolgung ab und erkundigte sich nach der Toilette. In dem engen Raum putzte er sich mit viel Wasser die Schmiere aus dem Gewand, sodass er aussah, als sei ihm ein großes Malheur passiert. Es war ihm egal, grußlos ging er nach draußen und rannte den Rest der Strecke.

     

     

12. Wache
    »Ich möchte noch einmal deine Version hören«, verlangte Trimalchio , nachdem er Birne zu sich gerufen hatte.
    Birne schilderte, wie er den Vorfall erlebt hatte, unterschlug auch nicht, wie er besudelt worden war, gab aber an, dass das nicht der einzige Grund gewesen war, warum er von der Verfolgung des Belästigers abgesehen hatte. Er war seiner Meinung nach schlicht nicht der richtige Mann. Sie suchten einen gefährlichen Entführer, der junge Mädchen entführte, jahrelang einsperrte, sie womöglich, wenn er ihnen überdrüssig war, umbrachte. Jener aber schien Birne nicht einmal in der Lage zu sein, im Supermarkt eine Dose Bier zu stehlen, einer, dem in der Hitze die Hormone durchgegangen waren und der den Druck durch Berührung nackter Haut über die Fingerspitzen ableiten wollte.
    »Birne, das ist jetzt keine direkte Kritik an deiner Arbeit, du hast nicht viel Erfahrung bei uns, aber grundsätzlich: Der Staatsanwalt entscheidet, wir sind per Paragrafen verpflichtet, jeden Verdächtigen festzuhalten und der Untersuchung zuzuführen. Ich hab’s Tanja auch gesagt, dass wir womöglich den Falschen hatten, dann ist sie aus der Haut gefahren und hat geschrien, dass ich nicht alles mitbekommen hab, was sie gemeint hat, aber im Wesentlichen ging’s um weibliche Intuition. Du musst sie verstehen, sie ist noch eine Stufe unter dir, sie kann sich mit so etwas profilieren und wie gesagt: Ich meine, so unwahrscheinlich ist es gar nicht, dass es nicht doch der Richtige war.«
    »Hast du sie heimgeschickt?«
    »Wollte ich, sie ließ sich aber nicht schicken, sie habe keinen Grund zu gehen, sagte sie; sie wollte, dass ich dich schicke.«
    »Sonst noch was.«
    »Genau. Jedenfalls war das das letzte Mal, dass ihr zusammen draußen wart, das funktioniert nicht, da müssen wir was anderes finden. Mach mal Pause jetzt, keine Ahnung, wie lang das heute Abend dauert.«

     
    Birne ging zum Bahnhof, er war sauer und enttäuscht, er war viel mehr wert als diese Affen bei der Polizei. Woher nahmen die sich das Recht, ihn so zu behandeln? Er kaufte sich Hähnchenfleisch beim religiösen Hähnchenbrater, er hatte seinen Mantel im Revier gelassen und auch seine Waffe. Auf den Stufen des Vorplatzes sitzend genoss er sein Essen im Treiben der Menschen. Die waren sicher und keiner terroristischen Gefahr ausgesetzt, so ein Scheiß. Wofür gab er sich eigentlich her?
    Er würde heute zum ersten Mal in seinem Leben ein Bordell besuchen, es würde dienstlich sein. Wenn das in Ordnung war, so beschloss er, würde er bleiben, wenn nicht, sollten sie ihn getrost am Arsch lecken. Birne musste schmunzeln, denn ihm wurde klar, dass er mit in Ordnung etwas anderes sagen wollte als jeder Mann dieses Universums. Birne war schon ganz ein Besonderer.
    Die Zeit erlaubte es ihm, nach Hause zu gehen, zu duschen, noch einmal eine halbe Stunde zu schlafen, was ihm

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