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Alpenlust

Alpenlust

Titel: Alpenlust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Spatz
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Nacht unser Ziel unbeschadet erreicht zu haben. Dann kam die erste Zeit mit etwas Ruhe, in der wir uns einrichten konnten in der neuen Situation. Ben, unser Entführer, war nicht schlecht zu uns. Wir kamen ins Gespräch, freundschaftlich wäre übertrieben, aber immerhin spuckte man sich nicht gegenseitig in die Suppe. Nur erkundigen durften wir uns nicht, was geschehen sollte; er wurde sonst ungeduldig.
    Da erwachten die ersten Heldenfantasien in mir. Ich suchte Gelegenheiten, in denen er unaufmerksam war und ich ihn überraschen konnte, ihm die Waffe stehlen, ja und ich gebe es zu, ich stellte mir vor, ihn mit einem gezielten Schuss zu erledigen. Nina blieb ruhig, das heißt, sie rutschte in eine Art von Apathie ab, aus der ich sie nur schwer hervorholen konnte. Wir hatten wenig entspannte Zeit miteinander, das war für mich immer wieder niederschmetternd. Aber denken Sie nur, was für Aussichten wir hatten: Hinter ihr war er her, er wollte sie als Sexobjekt missbrauchen, üble Vorstellung. Und ich war mit an Deck gehuscht, für mich war keine Verwendung vorgesehen, ich wartete auf die Kugel und darauf, da draußen verwesen zu dürfen. Ich musste mehr oder weniger bald handeln.
    Dann holte er mich nach draußen, er hatte einen Dachs überfahren beim Essen holen und war nicht imstande, das Tier anzulangen. Eigenartig, nicht? Hat so ungeheuerliche Sachen hinter sich und dann Angst vor einem toten Tier. Erinnern Sie sich an den Hund auf dem Schrottplatz vor ein paar Jahren, den er zur Warnung ausgelegt hatte? Das war sein Komplize. Den Dachs sollte ich wegmachen, wäre dann auch so etwas wie sein Komplize geworden, vermute ich. Aber: Wir wurden beim Wegräumen von dem alten Mann und seiner Frau gestört. Ich war der Einzige, der das Tier anpackte, Ben stand nur daneben. Da kamen die beiden. Bevor ich irgendwas wahrnehmen konnte, hatte Ben den Mann umgeschossen. Ich stand steif und dachte, dass ich jetzt dran sei. Er rannte schreiend der Frau hinterher, aber Sie wissen, dass er sie nicht getroffen hat, nur ihr Auto, schlimm genug. Stellen Sie sich den Schock vor, den die alte Frau haben musste. Ich verstehe das sehr gut.
    Wir mussten fliehen, umziehen, und da wurde mir klar, dass meine – unsere – einzige Chance war, Bens Vertrauen zu gewinnen, ihm das Gefühl zu geben, in mir einen Seelenverwandten zu haben. Nun, wie Sie wissen, war ich erfolgreich, überaus erfolgreich: Ich war am Ende so intim mit ihm, dass sein ursprünglicher Partner regelrecht eifersüchtig wurde, absprang und uns an die Polizei verriet. Das war die kritischste Phase, denn zum einen durfte ich nicht aufgeben und musste weiter so tun, als spielten wir auf derselben Seite, dann wiederum musste ich ihn dazu bringen, sich zu stellen. Es ist mir gelungen. Allerdings wurde dabei einer unserer Männer bedroht und in Lebensgefahr gebracht, mein Vorgesetzter. Ich habe gerade mit ihm telefoniert, er ist wohlauf und lobt mich in den höchsten Tönen. Ben hat viele Menschen auf dem Gewissen, wir können alle froh, dass es dieses Mal so glimpflich ablief.«
    Der Reporter war sprachlos, er hing mit offenem Mund über seinem kalt gewordenen Kaffee. Das war die Geschichte; kein Mensch hatte einen Grund, daran zu zweifeln.
    »Das ist unsere Arbeit«, fuhr Birne fort und fing an, selbst an seine Version zu glauben. Die Krise war überwunden. Es war wieder Herbst, man konnte nüchtern fortfahren. »Heute ruhe ich mich aus, will später eine Freundin sehen, die die letzten Tage auf mich verzichten musste, und morgen sind wir wieder an unseren Plätzen, den Bösen auf der Spur, zu Ihrer und unserer Sicherheit. Danke.«
    Der Reporter ließ sich perplex verabschieden. Birne fuhr mit dem Bus zu Trimalchios Frau.

     

2. Ausfahrt
    Sie war hübsch, eine natürliche Schönheit, dunkler Typ, aber von edler Blässe. Birne verliebte sich sofort ein bisschen in sie. Sie wunderte sich, dass er so spät kam. Trimalchio hatte sein Kommen angekündigt. Birne berichtete von dem Zeitungsmann. Sie zeigte volles Verständnis, bei ihnen hätten sich auch Diverse gemeldet, obwohl die Nummer nirgends stehe. Sie lud Birne zu seinem Bedauern nicht auf einen Kaffee ein.
    Der Schlüssel hing an einem Haken neben der Haustür. »Passen Sie auf, ich wundere mich, dass er Sie fahren lässt, sonst ist er sehr vorsichtig mit seinem Heiligtum.« Sie hatte eine angenehm raue Stimme, die Birne weich werden ließ.
    Er bedankte sich und im Weggehen fiel es ihm ein: »Hätten Sie das Auto

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