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Alpenlust

Alpenlust

Titel: Alpenlust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Spatz
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anbieten, mit ihr abzuhauen. Ihm fehlte es an Mut. Er würde ihr anbieten, bei ihm unterzukommen, obwohl das schäbig war.
    »Ich habe einen Bekannten, nicht weit von hier, der mir was schuldet. Das würde ich mir holen, wenn du mich dorthin bringst und dann hau ich ab und du hast deine Ruhe.«
    »Ich will keine Ruhe vor dir.«
    »Was soll das heißen?«
    »Du kannst eine Weile bei mir bleiben und alles organisieren.«
    »Was denn organisieren?«
    »Was weiß ich? Wohnung, Job und so weiter.«
    »Das spielt keine Rolle, das ergibt sich. Ich helfe mir schon. Ich brauch nicht oft jemanden. Das ist heute eine Ausnahme.«
    »Kein Problem. Immer kein Problem.«
    »Vielleicht wollte ich dich nur noch einmal sehen. Das kann sein.« Bei diesen Sätzen klang sie viel leichter. Es war ein Druck abgefallen. Birne beschloss, auch den Rest wegzumeißeln und sie dann über seine Schwelle zu tragen. Kommt ja nicht oft vor, dass man jemandem wirklich was Gutes tun kann, wenn man allein ist.
    Sie fuhren aus der Stadt in den unendlich faden Norden von Augsburg. Flache Ebene vom Fluss Lech geformt. Zu viele Autos wälzten sich die gerade Linie nach oben auf der Landkarte. Keiner wollte hier halten, keiner hatte hier sein Ziel.
    Nina, das fiel Birne auf, schaute immer wieder durch den Rückspiegel zwischen ihnen.
    »Was ist?«, fragte er.
    »Nichts.«
    »Folgt uns jemand?«
    »Sieht nicht so aus. Kann man schwer erkennen.«
    »Könnte uns denn jemand folgen? Weißt du jemanden, der uns folgen könnte?«
    »Nein. Das heißt, hinter dir waren die Zeitungen ja schon her. Fehlt noch das Radio – oder Fernsehen.«
    Birne war ein Mensch, von dem alle sagten, dass er seine Gefühle nicht verbergen konnte. Sie wusste, was sie ihm bedeutete und sie musste bemerken, dass ihm die Vorstellung, von jemandem verfolgt zu werden, Unbehagen bereitete.
    Sie ließ ihn an einer unscheinbaren Stelle von der Bundesstraße abbiegen und übers flache Land fahren. Sie waren beinahe allein auf der Landstraße. Birne fixierte die Landschaft in seinem Rückspiegel. Er fuhr langsamer, als es hätte sein müssen. Er wurde zweimal überholt. Nichts fiel ihm auf.
    Sie fuhren durch einen kleineren Ort und danach sollte er wieder abbiegen auf einen asphaltierten Feldweg. Die Gegend bekam wieder ein wenig Gesicht. Sie fuhren einen Hügel hinauf und dann sahen sie ein einsames, graues Haus sich gegen den ebenfalls grauen Himmel abzeichnen. Nachkriegsflüchtlingsunterkunft. Zwei Stockwerke, wenig Platz für den Menschen, der das bewohnte.
    »Dorthin?«, erkundigte sich Birne.
    »Ja, wir sind da.«
    Sie hielten, ein Wind kam auf und trug eine Menge Regen mit sich. Vor dem Haus parkte ein alter orangefarbener Opel. Nina wartete, bis der Regen vorbei war.
    »Ich gehe da kurz rein, kannst du warten?«
    »Kann ich, aber was ist dann?«
    »Dann?«
    »Wohin willst du dann?«
    »Ach so. Du kannst mich zum Bahnhof bringen, das wäre super, danke.«
    »Ich will nicht, dass wir einfach so auseinandergehen. Nach allem.«
    »Bald bist du dankbar dafür. Du willst doch auch nicht, dass ich bei dir einziehe.«
    Birne setzte an, sagte dann aber doch nichts.
    »Es dauert nicht lange.«
    »Warte. Ist das der Schulfreund, von dem du mir erzählt hast?«
    Nina hielt inne, sie überlegte, was sie ihm erzählt hatte, und sagte schließlich: »Genau der.«
    Sie stieg aus. Birne blickte ihr bewundernd hinterher. Die Holztür zum Haus war unverschlossen. Wer kam auch an diesen einsamen, hässlichen Ort? Vor wem sollte man sich hier verschließen? Sie lächelte zu ihm zurück, bevor sie verschwand. Birne bekam Lust, einfach davonzufahren. Er war enttäuscht, er fühlte sich betrogen. Er dachte an Tanja und daran, dass er heute schon einen Menschen unglücklich gemacht hatte.
    Er schaute nach hinten und zur Seite hinaus und entdeckte nichts. Hier gab es keine Menschen und sie hatten auch keinen angelockt. Birne bedauerte, nichts zum Rauchen und nichts zum Lesen dabeizuhaben. Er wartete schlicht nicht gern. Es war noch nicht viel Zeit vergangen. Er inspizierte noch einmal die Gegend und stieg aus. In weiter Ferne fuhr ein Auto. Das hatte nichts mit ihnen zu tun. Er spürte vereinzelte Tropfen auf seiner Backe, ihm gefiel das Einatmen der frischen Luft aber zu gut, um sich ins Auto zurückzuziehen. Dann fiel ihm was ein, er stieg doch zurück ins Auto, öffnete das Handschuhfach und entdeckte neben einem alten Shell-Atlas Marlboro-light-Zigaretten, ziemlich trocken schon. Und ein grünes Feuerzeug,

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