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Alpenlust

Alpenlust

Titel: Alpenlust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Spatz
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bremste den Kleinen aus, er war erschrocken. Hatte er wirklich gar keinen Widerstand erwartet?
    Birne hob den nächsten Stein auf und wie bei dem Rentner traf er in dem Moment, in dem es entscheidend war. Der Stein, der groß wie zwei Daumenkuppen war, landete im Auge seines Feinds, der sich zusammenkrümmte. Sein großer Bodyguard nahm das als Signal, auf Birne loszustürmen. Er zog vorerst keine Pistole, weswegen sich Birne Hoffnung machte, ganz unbeschadet der Gefahr zu entkommen. Er wollte versuchen, den anderen ein Stück weit wegzulocken, dann zum Auto zurückzurennen und loszufahren. Damit ließe er Nina im Stich, aber eventuell konnte die besser mit den Herren umgehen.
    Der Kleine brüllte und fluchte und befahl seinem Gorilla, sich um ihn zu kümmern. Der Arme musste sich immer um die Verletzten sorgen, anstatt selbst für Verletzte zu sorgen, wie es sein Job gewesen wäre. Birne konnte nicht zurück zum Auto, rannte deshalb durch die offene Tür ins Haus und fand beim Zuwerfen in ihrem Schloss einen passenden Schlüssel. Sie war zu.
    Er stand in einem dunklen Hausgang, es roch gleichermaßen modrig, verschimmelt und klinisch. Rechts war eine Küche, deren Boden schmutzig war. Ein kurzer Blick zeigte eine Batterie von Arzneimittelflaschen und Tabletten auf der Anrichte neben dem Kühlschrank.
    Links führte eine knarrende Holztreppe nach oben. Dort stand Birne auf dem engen Absatz wieder zwischen zwei Türen. Er horchte und hörte nichts. Dann kam von links eine Spülung. Birne wartete, er konnte nicht abhauen. Es dauerte eine Weile, als ob die Person, die eben ihr Geschäft beendet hatte, Probleme hätte, auf die Beine zu kommen.
    Als die Tür langsam aufging, stand er dem Grauen gegenüber, dem Grauen aus dem Krankenhaus, der noch grauer geworden war, was die hellblauen Längsstreifen seines Bademantels bunter wirken ließ. Sie schwiegen sich eine Weile nicht unerfreut an, waren beide überrascht, sich hier wiederzutreffen.
    Der Graue sagte mit ganz schwacher Stimme: »Birne, was machst du hier? Komm, lass uns nach unten gehen.«
    Birne stützte ihn auf dem Weg zur Küche, wo sich der Graue schwerfällig halb liegend auf einer Eckbank niederließ und mit einer leicht angedeuteten Geste Birne aufforderte, sich ebenfalls zu setzen.
    »Ich würde dir gern was anbieten. Drüben im Schrank müsste Tee sein und der Wasserkocher funktioniert vermutlich noch. Mit mir geht’s gewaltig zu Ende. Ich komm nicht mehr raus, was besorgen, und Gäste kommen kaum noch rein.«
    Birne stand auf, weniger um sich zu bedienen, als um nach draußen zu sehen. Bei Trimalchios Auto war niemand mehr, das andere stand noch da.
    »Heute gleich zwei Besucher, einer angenehmer als der andere. Wie kommst du hierher?«
    Birne dreht sich um: »Mit Nina.«
    »Nina?«
    »Das Mädchen, das eben hier rein ist.«
    »Du nennst sie Nina. Das ist ja nett.«
    »Hör mal, kommt man hier noch irgendwo rein außer zur Vordertür?«
    »Hinten zur Waschküche. Wieso? Du, hör mal, wenn noch Tee da ist, mach mir auch einen. Manchmal geht das noch, meistens nicht, aber manchmal schon.«
    Als Birne auf den Gang trat, hörte er ein »Hey« in seinem Rücken. Am Ende des Gangs befand sich im Dunkeln eine Tür. Birne öffnete sie vorsichtig. Die Waschküche, ein erbärmlich dreckiger Raum mit einem stinkenden Waschbecken und dem Rest einer Waschmaschine. Die Tür, die ins Freie führte, war geschlossen. Hier drinnen war niemand. Birne ging in die Küche zurück und bekam ein kleines Stück Krankengeschichte: »Oben wäre das Klo, wenn du das suchst. Weißt du, als die mich aus dem Krankenhaus ließen, hieß es, es dauere nur noch kurz. Deswegen wollte ich weg, wollte hier irgendwo sterben. Und jetzt bin ich wieder daheim und war zuerst nur im Bett fernsehen, aber plötzlich wurde es wieder besser. Ich stehe wieder auf, drehe kleine Runden und nehm , wie gesagt, wieder Sachen zu mir, die in mir bleiben. Vielleicht habe ich es geschafft, das Zeug aus meinem Körper zu bringen, vielleicht hab ich es besiegt.«
    Birne hörte mit einem Schauer über den Rücken zu, der einerseits von den Worten des Kranken herrührte, andererseits von dem Gedanken, dass hier zwei unterwegs waren, die ihm nicht erst seit einem verletzten Auge das Übelste wollten.
    Tee war keiner mehr da, was den Grauen verwunderte. »Ich fahr bald wieder selbst, hab im Moment nur Angst zusammenzubrechen.« Die Stimme wurde dünner. »Du bist doch mit dem Auto da, könntest du geschwind losfahren

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