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Als das Leben ueberraschend zu Besuch kam - Roman

Als das Leben ueberraschend zu Besuch kam - Roman

Titel: Als das Leben ueberraschend zu Besuch kam - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caroline Vermalle
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hatte. Dann geriet ich in Wut. Warum hatte er seinen Plan nicht in die Tat umgesetzt? Warum hatte er gewartet, bis schließlich der Tod ihm seinen Traum entriss? Er hätte sich als Held gut gemacht. Für mich als junge Braut war er damals der falsche Mann, aber ich versichere Ihnen, Perpétue, dass er geliebt wurde. Er wird es noch immer, und vielleicht jetzt sogar noch mehr. Manchmal stelle ich mir vor, er würde plötzlich aus dem Hudson River auftauchen, nachdem er den Ozean überquert hat. Stattdessen brachte er für mich das größte Opfer. Er ließ es zu, dass der Mann, der er hätte sein können, verkümmerte und in Vergessenheit geriet. Ich hoffe, dass alles, was ich geschrieben habe, wahrheitsgetreu den Menschen schildert, der er im Grunde seines Herzens war. Wenn nur das Leben oder ich ihm diese Freiheit zugestanden hätten.
    Und Nane? Nane, meine Cousine, die für mich fast eine Schwester war, gab es natürlich wirklich. Nane, die junge Frau, und Nane, die alte Frau, habe ich so authentisch beschrieben, wie es mir möglich war. Doch das Leben sah es nicht vor, dass ich rechtzeitig dort ankam. Nane Verbowitz, geborene Darginay de Boislahire, wurde auf dem kleinen Friedhof auf der Ile d’Yeu neben Aleksander beigesetzt, lange vor Beginn dieser Geschichte. Ein Besucher kommt regelmäßig zum Grab und zupft das Unkraut heraus. Es ist Matthis – mittlerweile ein erwachsener Mann. Während meines langen Aufenthaltes auf der Insel habe ich mir Nanes Haus angesehen, auf dem Markt mitMenschen gesprochen, die sie kannten, und mit jenen korrespondiert, deren kranke Seelen sie geheilt hat. Auch Arminda gehörte dazu. Manchmal höre ich tatsächlich Nanes Stimme, diesen spöttischen Ton, der ihrer Herkunft unangemessen, aber dennoch so fröhlich war.
    Nane habe ich den Mut zu verdanken, mit dem ich es gewagt habe, mich an einem Sommertag im Gras auszustrecken und den Strohhut auf meine Augen zu legen, sodass die Sonne hindurchblinzelte. Sie gab der Siebzigjährigen die Lebensfreude der Siebzehnjährigen zurück, Perpétue. Und Marcel und die verstreuten Unterlagen seiner Loire-Tour in den alten Schubladen motivierten mich dazu, diesen Roman zu schreiben. Und alles andere ... Man müsste den Wind fragen, um es zu erfahren.
    Wenn die einsame Ile d’Yeu die Puppe war, dann war es Manhattan, die Insel der unbegrenzten Möglichkeiten, die aus mir einen Schmetterling gemacht hat. Ich sah sie, diese Insel auf der anderen Seite der Wellen, während ich in einem kleinen Garten ohne direkte Nachbarn an einem Tisch saß, auf dem ein kleiner orangebrauner Schmetterling mir Gesellschaft leistete und ich das Wort ENDE unter die Geschichte setzte. Von der Realität zur Fiktion ist es nur ein winziger Schritt, doch er erfordert viel Mut. Nun bin ich also New Yorkerin und so glücklich, wie man es in meinem Alter sein kann. Inzwischen ist Paul zu mir gekommen, und gemeinsam schreiben wir wie angehende Schriftsteller die ersten Zeilen unserer Geschichte. Das Leben, das wir gerne gelebt hätten, brennt wie ein Feuer, das nichts auslöschen kann – außer vielleicht das Leben selbst.
    Aber jetzt möchte ich Sie nicht länger damit langweilen, was wahr ist und was nicht. Jedenfalls wünsche ich Ihnen viel Freude beim Lesen, Perpétue. Glauben Sie mir, ich strebe keinen Preis der Akademie oder andere Anerkennungen an. Für mich wäre es die größte Ehre, wenn Sie für mein Manuskript ein kleines Plätzchen in »Jacquelines Schrank« reservieren würden.
    Mit den herzlichsten Grüßen
    Ihre Jacqueline Le Gall
    ENDE

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