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Als das Leben ueberraschend zu Besuch kam - Roman

Als das Leben ueberraschend zu Besuch kam - Roman

Titel: Als das Leben ueberraschend zu Besuch kam - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caroline Vermalle
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Brille.
    »Wann?«, fragte Marcel.
    »Vor ungefähr zwei Wochen«, sagte Nane. »Du bist nicht der Einzige, der traurig darüber ist. Ich hätte mich auch gefreut, wenn sie geblieben wäre«, fügte sie kurz darauf hinzu.
    »Manhattan«, murmelte Marcel, und dann lächelte er entgegen allen Erwartungen. Eine Insel, die noch weiter entfernt war ... »Und wer bist du?«, fragte er Matthis.
    Der Junge fasste Mut und ging aufs Bett zu.
    »Ich bin Armindas Sohn. Ich wohne bei Nane. Ich mag Jacqueline sehr. Stimmt es, dass du den Ozean durchquert hast?«
    »Hundertprozentig. Glaub mir, ich bin nicht irgendwer. Der alte Marcel ist ganz allein durch das Meer bis zu dieser Insel geschwommen.«
    Um der Sache Nachdruck zu verleihen, versuchte er, den Finger zu heben, doch schon allein bei dem Gedanken an die Geste zog sich Marcels Brust zusammen. Er sank zurück aufs Bett und holte tief Luft. Matthis beäugte den alten Mann, als wäre er Neptun persönlich.
    Ein paar Minuten herrschte Schweigen. Schließlich stand Nane auf.
    »Na ja, das ist ja noch nicht alles, mein Lieber, aber jetzt musst du erst einmal wieder zu Kräften kommen. Vertrau der alten Nane, denn um dich zu erholen, bist du bei mir am besten aufgehoben. Ich habe ein kleines Gartenhaus ...«
    Sie ging um das Bett herum, und während sie in dem kleinen Zimmer ein bisschen aufräumte, erklärte sie ihm die Bedingungen für einen »Erholungsurlaub« in der Villa Jolie Fleur .
    Nane sagte ihm auch, dass Virginie Ouadé, eine junge Bildhauerin aus Benin, mit ihrer Tochter Monette zu ihr ziehen würde. Sie hatte sie eingestellt, um das Atelier mit ihrer Hilfe wieder in Ordnung zu bringen, weil sie mit dem Gedanken spielte, sich wieder der Bildhauerei zu widmen. »Das war die Idee deiner Frau. Sie hat recht, wenn ich arbeite, mache ich keinen Unsinn.« An Zimmern herrschte in dem Haus kein Mangel, und je mehr Leute dort zusammen waren, desto mehr Spaß hatte man. So hieß es doch, oder?
    »Hör mal, könntest du wohl die Krankenschwester rufen?«, bat Marcel sie. »Ich möchte sie bitten, das Kopfteil hochzustellen, damit ich mich anlehnen kann.«
    »Da ist eine Klingel«, sagte Matthis.
    »Zum Glück gibt es hier Experten, mein Junge. Stell dir vor, als ich das letzte Mal im Krankenhaus lag, war dein Vater noch nicht einmal geboren.«
    Trotz der Schwester, die herbeigerufen wurde, war es eine schwierige Operation, den geschwächten alten Mann aufzurichten. Als Marcel die Hand nach dem Telefon auf dem Nachttisch ausstreckte, verzog er das Gesicht vor Schmerzen. Bei der geringsten Bewegung begann er zu zittern, und seine Haut hatte noch immer diesen bläulichen Schimmer. Nane wurde bei dem Anblick schwer ums Herz.
    Schließlich nahm Marcel den Hörer ab und drückte langsam auf die Tasten, was offenbar furchtbar anstrengend für ihn war. In der Ferne klingelte ein Telefon.
    »Hallo, Paul? Ja, ich bin es. Klar hab ich’s geschafft. Das war ein Klacks für mich. Hör mal, du kennst doch einen der besten Journalisten. Sag deinem Freund, dass ich eine sensationelle Story für sein Blättchen habe. Ja, der Opa aus Erquy hat ein neues Projekt: New York. Eine Atlantiküberquerung im Ruderboot. Ja, Monsieur. Madame ist nach New York gereist, und ich werde ihr folgen. Manhattan. Genau. Ich ruf dich wieder an. Tschüss. Mach’s gut.«
    Matthis lachte und entblößte seine Zahnlücken. Nane betrachtete Marcel mit trauriger Miene.
    »Weißt du, Marcel ... Deine Frau ist abgereist und hateinen Schlussstrich ...«
    »Papperlapapp«, unterbrach Marcel sie und hob den Arm mit den Infusionen, um sie zum Schweigen zu bringen.
    »Monsieur Marcel, wie willst du denn nach New York reisen, wenn du keinen Koffer hast?«, wollte Matthis wissen.
    »Ich vertraue dir etwas an, kleiner Mann«, sagte Marcel leise. »Die Erwachsenen werden mich vielleicht für verrückt halten, aber ich weiß, dass wir beide uns verstehen.« Er schluckte langsam, worauf die Falten an seinem alten, ausgetrockneten Hals zitterten.
    »Ob man nun die Loire hinunterschwimmt, den Atlantik überquert oder das Leben hinter sich bringt – es ist immer dasselbe. Nur die Eiligen denken ans Ziel. Das Wichtigste ist jedoch letztendlich, sich auf den Weg zu machen. Sag das aber nicht dem Doktor oder den Leuten, die immer alles so furchtbar ernst nehmen, nicht wahr? Das ist unser Geheimnis, einverstanden?«
    Matthis nickte.
    Marcel atmete tief durch und seufzte dann. »Wenn man bedenkt, dass ich das alles erst erleben musste, um

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