Als der Meister starb
Reise nach England ist auch keine Vergnügungsreise, wie ich Ihnen weismachen wollte.«
Bannermann knurrte. »Das habe ich mir schon gedacht. Aber wer sind Sie wirklich?«
»Ein Mann mit mächtigen Feinden«, antwortete Andara ausweichend.
»Das Wesen, das das Schiff angegriffen hat?«
Andara verneinte. »Es ist nicht mehr als ein Werkzeug«, antwortete er. »Eine Art gedungener Killer, dessen sich meine Feinde bedienen, um mich unschädlich zu machen.«
Bannermann lachte, aber es war ein Laut, der eher wie ein hysterisches, im letzten Moment unterdrücktes Kreischen klang. »Sie müssen irgendwem mächtig auf die Füße getreten sein, Montague«, sagte er. »Aber so leicht kommen Sie mir nicht davon. Zehn von meinen Männern sind tot, und der Rest ist verletzt und wird wahrscheinlich nie wieder einen Fuß auf ein Schiff setzen, wenn wir London erreicht haben. Wenn wir es jemals erreichen.«
»Wie steht der Wind?«, fragte Andara.
Bannermann machte eine unwillige Geste. »Gut genug – aber was hat das mit meiner Frage zu tun?«
»Alles, Captain. Ich weiß nicht, wie lange ich dieses Wesen in Schach halten kann. Ich spüre seine Nähe. Es verfolgt uns. Wie lange brauchen wir bis London?«
»Vierundzwanzig Stunden«, antwortete Bannermann. »Mindestens. Wenn die Mannschaft durchhält. Ein paar von den Männern stehen kurz vor dem Zusammenbruch.«
»Das ist zu lange«, murmelte Andara verzweifelt. »Sie müssen den Kurs ändern. Ich kann ihn höchstens noch eine Stunde zurückhalten.«
Bannermann schnaubte. »Sie sind von Sinnen! Wenn ich hier in der Nähe Land ansteuere, schlitzen wir uns den Bauch auf. Haben Sie eine Ahnung, wie die schottische Küste aussieht?«
»Sie müssen es tun!«, begehrte Andara auf. »Was wir gerade erlebt haben, war nicht mehr als ein Vorgeschmack dessen, was geschieht, wenn meine Kräfte erlahmen.«
»Kräfte?«, schnappte Bannermann. »Von was für Kräften sprechen Sie, Montague? Was sind Sie? So eine Art Zauberer? Oder der Teufel persönlich?«
»Vielleicht von beiden ein bisschen«, antwortete Andara leise. Bannermann blieb ernst, und Andara fügte nach einer langen Pause hinzu: »Mein Name ist nicht Montague, Bannermann. Ich bin Roderick Andara.«
Wenn Bannermann dieser Name etwas sagte, so ließ er sich nichts anmerken.
»Sie müssen den Kurs ändern, Captain«, fuhr Andara fort. »Ich flehe Sie an. Wenn Ihnen das Leben Ihrer Männer etwas bedeutet, dann tun Sie es! Laufen Sie die nächste Küste an. An Land kann er uns nichts tun.«
Bannermann lachte hart. »Ich werde das Schiff auf Grund setzen, wenn ich tue, was Sie verlangen, Andara«, schnappte er.
»Dann tun Sie es!«, erwiderte Andara erregt. »Ich bezahle Ihr Schiff, wenn es das ist, worum Sie sich sorgen. Ich komme für jeden Schaden auf.«
»Auch für das Leben der Männer, die ertrinken werden, wenn wir eine halbe Meile vor der Küste an den Riffen stranden?«, fragte Bannermann kalt.
Andara schwieg einen Moment. »Bannermann«, sagte er dann. »Ich schwöre Ihnen, dass niemand, der hier auf dem Schiff ist, mit dem Leben davonkommt, wenn Sie den Kurs nicht ändern. Ich kann es Ihnen jetzt nicht erklären, aber das Wesen, das uns folgt, ist nicht aus Fleisch und Blut. Es ist kein Meeresungeheuer, gegen das Sie kämpfen könnten. Wenn meine Kräfte nachlassen, wird es dieses Schiff zermalmen wie eine Nussschale.«
Bannermann starrte ihn an. »Gut«, sagte er schließlich. »Ich tue, was Sie verlangen, Andara. Aber sobald wir an Land sind, liefere ich Sie den Behörden aus.«
Andara antwortete nichts darauf. Bannermann starrte ihn noch eine Sekunde an, fuhr dann mit einem Ruck herum und stapfte aus der Kabine. Die Tür flog krachend hinter ihm ins Schloss.
»Gebe Gott, dass wir noch Zeit genug haben«, flüsterte Andara. »Er ist … so stark.«
»Wer?«, fragte ich verwirrt. Ich hatte kaum die Hälfte von dem, was Andara gesagt hatte, wirklich verstanden. Aber das, was ich zu ahnen begann, erschreckte mich zutiefst.
»Der, der uns folgt«, antwortete er. Er seufzte, ließ sich neben mir auf die Bettkante sinken und starrte zu Boden. Seine Hände spielten unbewusst mit der dünnen Goldkette um seinen Hals.
»Ich bin schuld an allem, was jetzt geschehen ist«, murmelte er. »Vielleicht ist es nur die gerechte Strafe Gottes, die mich trifft. Ich habe mich mit Mächten eingelassen, die für Menschen verboten sind. Aber warum müssen Unschuldige sterben?«
Ich blickte ihn verwirrt an. »Ich … verstehe
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