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Als der Meister starb

Als der Meister starb

Titel: Als der Meister starb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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beide Hände gegen das Gesicht gepresst. Er war tot, noch bevor der verstümmelte Tentakel von Bord gekrochen und im Meer verschwunden war.
    »Robert! Zu mir!«
    Andaras Schrei riss mich endgültig aus meiner Erstarrung. Ich sah auf, blickte einen Herzschlag lang in das Gesicht, das mit Gesten zu verstehen gab, ihm zu folgen. Andara hatte seinen Mantel abgestreift und den Stockdegen gezogen. Die Kette mit dem kreuzförmigen Amulett hing jetzt sichtbar auf seiner Brust. Die dünne Klinge des Floretts glühte wie unter einem unheimlichen, inneren Feuer.
    Dicht hinter ihm hetzte ich auf die Reling zu. Das Deck des Schiffes hatte sich in ein Schlachtfeld verwandelt. Dutzende der grünen, peitschenden Tentakel waren dicht vor der Bordwand aus dem Meer emporgestiegen und bildeten einen wippenden, tödlichen Wald aus Schuppen und schnappenden Teufelsmäulern vor dem Schiff. Die Männer schossen ununterbrochen; andere hatten sich mit Enterhaken und langen, mit eisernen Spitzen versehenen Stangen bewaffnet und hackten und schlugen auf die Tentakel ein, die an Deck zu kriechen versuchten. Das Schicksal ihres unglücklichen Kameraden hatte sie gewarnt – sie vermieden es, den tödlichen Schlangenarmen zu nahe zu kommen und beschränkten sich darauf, die zuckenden Arme wieder ins Meer zurückzustoßen, und für einen Moment sah es fast so aus, als hätten sie Erfolg.
    Aber nur für einen Moment. Die Kräfte der Männer erlahmten rasch, während das Ungeheuer im Meer weder Müdigkeit noch Schmerz zu kennen schien. Mehr und mehr der gewaltigen Fangarme tauchten gischtend aus dem Wasser auf, krochen wie gierige grüne Schlangen an der Bordwand empor, ringelten sich um die Reling oder schnappten nach den Matrosen. Der tödliche Würgegriff um das Boot hatte sich weiter geschlossen; die Pinasse war fast vollkommen unter der wogenden grünen Masse verschwunden. Die Schreie der Männer waren verstummt. Noch während ich hinsah, riss eine der armdicken Ketten, an denen das Boot hing, mit einem peitschenden Knall entzwei. Die Tentakelfaust zitterte und zerrte das Boot ein Stück mehr auf die Wasseroberfläche herab.
    »Bleib immer in meiner Nähe, Robert«, keuchte Andara. »Und hab keine Angst – er kann dir nichts tun, so lange ich bei dir bin.« Mit einem geschmeidigen Sprung setzte er über einen zuckenden Tentakel hinweg, strauchelte auf dem glitschigen Deck und fand mit weit ausgebreiteten Armen sein Gleichgewicht wieder. Der Degen in seiner Rechten vollführte eine blitzartige, halbkreisförmige Bewegung, schnitt in die schuppige Panzerhaut des Monsterarmes und hinterließ eine tiefe, klaffende Wunde.
    Und diesmal schloss sich der Schnitt nicht! Im Gegenteil – als wäre die Klinge von Andaras Waffe mit einem unsichtbaren Gift bestrichen, erweiterten sich die Ränder der Wunde. Schwarzes Blut fraß sich wie Säure in die Planken des Decks, aber der Strom versiegte in wenigen Augenblicken. Die glitzernden Schuppen begannen sich zu kräuseln, rollten sich zusammen wie trockenes Laub. Der Fangarm zuckte, hob sich noch einmal in die Höhe und schlug in einer letzten, schon kraftlosen Bewegung gegen den Mast. Der Tentakel des Ungeheuers verdorrte in wenigen Sekunden, wie ein Zweig, der monatelang in der heißen Sonne gelegen hatte. Instinktiv taumelte ich zurück und presste die Hand vor den Mund.
    Andara gab mir keine Zeit, dem schrecklichen Verfall weiter zuzusehen. Er packte mich an der Schulter, riss mich herum und zog mich mit sich, weiter auf die Reling und den Wald peitschender Tentakeln zu.
    Die Matrosen wurden unbarmherzig zurückgedrängt. Sie wehrten sich mit dem Mut der Verzweiflung, und trotz ihrer schier unglaublichen Regenerationsfähigkeit war ein Großteil der Krakenarme von Wunden übersät. Das Deck brodelte unter dem ätzenden Blut der Bestie, und unter den Männern war keiner, der nicht bereits eine Unzahl mehr oder weniger schwerer Verätzungen davongetragen hatte. Und aus dem Meer tauchten mehr und mehr der gewaltigen grünen Fangarme auf.
    Andara schwang seinen Degen. Die Klinge traf einen Fangarm, der sich gerade um die Beine eines Mannes gewickelt hatte, schnitt ihn glatt in zwei Teile und durchtrennte noch in der gleichen Bewegung einen zweiten Tentakel, der wie ein angreifender Raubvogel von oben auf uns herabstoßen wollte. Die Wirkung war die gleiche wie beim ersten Mal – die schuppige Haut des Ungeheuers begann sich zu kräuseln und zu verdorren; der Arm starb.
    Und trotzdem waren es nicht mehr als

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