Als die Roemer frech geworden
dieser Aktion gestanden – und diese z. T. nur gezwungener Maßen oder gegen eine starke Minderheit von Adligen und Stammesgenossen,
die sich nicht durchsetzen konnten. Aber Timpe geht noch weiter: Die angebliche nationale Erhebung sei lediglich eine „Meuterei“
der römischen Auxilieneinheiten, die in römischer Kampftechnik geschult waren, gegen die Rhein-Legionen, d. h. eine „interne
militärische Revolte“.
Die notwendigen Korrekturen wirkten wie ein frischer Wind, konsequent und logisch, wenn sie auch zum Teil über das Ziel hinausschossen:
Es gab einen Volksbeschluss bei den verschworenen Stämmen, der die Grundlage der Erhebung gegen die Statthalterschaft des
Varus bildete. Segestes konnte im Jahr 15 darauf verweisen, als er zu den Römern überlief; Arminius hatte Rückhalt in den
germanischen Stämmen für seinen Plan der Erhebung: So konnte er in weit entfernt liegenden Stämmen Gegner der Erhebung in
Fesseln legen lassen. Wir haben auf das Beispiel des Boiocalus verwiesen.
Die historische Bedeutung von Arminius erschließt sich in der konsequenten und beharrlichen Anwendung einer durch die geographisch-naturräumlichen
und klimatischen Bedingungen begünstigten, in römischen Diensten geschulten Strategie, welche die römischen Schwachstellen
über Jahre gezielt ausnutzte. Der Erfolg dieser Strategie bewog Tiberius zu einer Neujustierung der Ziele (und nicht nur der
Mittel) gegenüber Germanien, die zwischen 16 und 19 n. Chr. in mehreren Schritten auch öffentlich bekundet wurden. Die neue
Politik schrieb den Rückzug auf den Rhein fest. Diese neue Zielbestimmung erwies sich über die Zeit, vor allem durch die neuen
Akzente in der römischen Politik unter Claudius und infolge der bestätigenden Maßnahmen unter Domitian zunächst als dauerhaft
und dann auch als alternativlos. Die Bedeutung des Arminius bemisst sich demnach nicht durch seine Rolle im Jahr 9 n. Chr.
allein und war durch Faktoren, die nicht allein in ihm begründet lagen, bestimmt.
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|137| Anmerkungen
Das Komplott
1
3. Strophe des Studentenlieds (um 1847) von Josef Viktor von Scheffel (1826–1886, Burschenschaftler und 1848 im Frankfurter
Parlament), in:
Allgemeines Deutsches Kommersbuch
, Lahr 1974 (158. Auflage), S. 478–479; vertont von Ludwig Teichgräber (1840–1904). Die Strophen des Burschenschaftsliedes
werden hier in der ersten, nationalkritischen Version wiedergegeben, s. dazu K. Brodersen, „Als die Römer frech geworden“:
Historische Kontexte eines „Volksliedes“, in: A. Chaniotis / Chr. Kuhn (Hg.),
Historizing Classics: Continuities, Contrasts, Controversies
(erscheint 2008 in der HABES-Reihe im Steiner Verlag).
2
Cassius Dio 56,18–19.
3
Vell. Pat. 2,117,4.
4
Vell. Pat. 2, 118, cap. 1–4.
Rhein oder Elbe
1
Strophe 1 des Studentenlieds.
2
Cass. Dio. 56,19–1 (Zuwachs); Tac. Ann. 1,55: als Erhebung des „Volkes“.
3
Tac., Germania 33.
4
G. Walser,
Caesar und die Germanen. Studien zur politischen Tendenz römischer Feldzugsberichte
, Wiesbaden 1956; U. Maier,
Caesars Feldzüge in Gallien (58–51 v.Chr.) in ihrem Zusammenhang mit der stadtrömischen Politik
, Bonn 1978; R. Hachmann,
Die Germanen
, München 1978.
5
Fleur Kemmers, A military presence on the Lower Rhine before Drusus’ campains, in: R. Wiegels / G. A. Lehmann,
Römische Präsenz in Germanien,
Schriften der Göttinger Akademie der Wissenschaften, Göttingen 2007, S. 183–199.
6
S. etwa das Kalenderdekret, B. Dreyer / H. Engelmann, Augustus und Germanicus im ionischen Metropolis, ZPE 158, 2006, S. 173–182.
7
Gegen das mitunter vorgebrachte Argument der
coin drift
.
8
K. Grothe,
Römerlager Hedemünden. Vor 2000 Jahren: Römer an der Werra – Ein herausragendes archäologisches Kulturdenkmal und seine Funde
, Hann. Münden 2005.
9
Tac. Ann. 2,63.
Die Römer in Germanien
1
5. Strophe des Studentenlieds.
2
Cass. Dio 56,18.
3
Tac. Ann. 2,88. – Eindeutiger auf die Niederlage des Varus bezogen bewertete der auf Livius beruhende Florus die Leistung
des Arminius als epochal: 2, 30,39.
4
Z.B. Arnim Becker / Gabriele Rasbach, Die spätaugusteische Stadtgründung in Lahnau-Waldgirmes. Archäologische, architektonische
und naturwissenschaftliche Untersuchungen,
Germania
81, 2003, S. 147–199.
5
Cass. Dio 56,18. Dazu B. Dreyer, Zum Verlauf der Varusniederlage. Die Einordnung der Ausgrabungen von Kalkriese, in: R. Wiegels
/ G. |138| A. Lehmann,
Römische
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