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Als die schwarzen Feen kamen

Als die schwarzen Feen kamen

Titel: Als die schwarzen Feen kamen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Beer
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Gabriels Nase.
    Schwarzer, öliger Rauch stieg aus den Kisten auf, die die Tür blockierten. Sekunden später zeigten sich auf den Kartons erste schwarze Flecken, die rasch zu Löchern wurden. Die Ränder kräuselten sich in der Hitze, die plötzlich von dem Papierberg aufstieg. Der Rauch wurde dichter. Gabriel hustete und rannte fluchend zur Staffelei hinüber, wo noch der Topf mit schmutzigem Wasser stand. Aber noch während er die trübe Flüssigkeit auf die qualmenden Kisten schüttete, wusste er, dass es nichts helfen würde.
    Langsam zerfielen seine Bilder zu schwarzem Staub. Und auf der Spitze des klebrigen Haufens materialisierte sich der Hunderthändige, der Gabriels Biest mit kaltem Blick fixierte. Die Bestie winselte schmerzerfüllt, und Gabriel spürte, wie dieser grausame Blick in den Wunden brannte, die das Biest durch die Klauen der Fee erlitten hatte.
    Ein Schatten, der sich in unserer Welt befindet, hat sehr wohl die Möglichkeit, andere Bestien zu verletzen.
    Gabriel schob sich vor sein Biest, drängte es endgültig aus seiner Wahrnehmung und zwang es so weit wie möglich in den Schatten zurück. Er hoffte, dass dies ausreichen würde, um die Kreatur zu schützen, sollte der Wurm angreifen.
    Und in diesem Moment öffnete sich mit leisem Quietschen die Tür.
    Gabriel hob die Wasserflasche. Zornig starrte er Dr. Roth ins Gesicht.
    Der Therapeut blieb auf der Schwelle stehen und musterte Gabriel mit gelassener Miene. » Gabriel, Gabriel. Glaubst du wirklich, du kannst damit etwas gegen den Hunderthändigen ausrichten?«
    Gabriel warf einen schnellen Blick auf den Wurm, der den Kopf hin und her schwenkte wie eine Schlange. Seine scharfen Kieferzangen bewegten sich unruhig und verursachten ein klickerndes Geräusch, das in dem zahnlosen Rachen vibrierte. Die winzigen Hände öffneten und schlossen sich, als wollten sie etwas greifen.
    Gabriel fühlte, wie die Flasche in seinen Fingern allmählich glitschig wurde vor Schweiß. Aber er wich nicht zurück. Marie war wehrlos, und er würde niemanden zu ihr vordringen lassen, solange er eine Chance hatte, es zu verhindern. » Vielleicht nicht«, presste er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. » Aber das wird mich nicht davon abhalten, es zu versuchen.«
    Dr. Roth lächelte. » Optimistisch gedacht, mein Lieber. Aber ich fürchte, du wirst gleich gar nichts mehr tun.« Er gab der Kreatur einen Wink, und im nächsten Augenblick begann der Wurm, langsam vorwärtszukriechen, über den Boden auf das Sofa zu.
    » Zuerst holen wir uns das Blut deiner Bestie«, erklärte der Doktor, und nun hatte seine Stimme jeden Klang falscher Freundlichkeit verloren. » Und dann unterwerfen wir uns die Feen. Was willst du dagegen unternehmen? Du bist ein Zuschauer, Gabriel. Weiter nichts.«
    Der Wurm hatte Gabriel nun erreicht. Vier seiner Hände krallten sich in seinen Strümpfen fest. Gabriel schnappte nach Luft, schlug mit der Flasche nach dem Wurm und versuchte, ihn abzuschütteln. Aber der Hunderthändige hatte sich bereits an die Haut seiner Waden geklammert und krabbelte klickernd und zischelnd seine Unterschenkel hinauf und die Innenseite seiner Oberschenkel entlang. Winzige Fingernägel gruben sich in die weiche Haut und schickten ein schmerzhaft heißes Prickeln durch Gabriels Körper. Gabriel fluchte durch zusammengebissene Zähne, schüttelte sein Bein und hieb mit der Flasche darauf, dass er selbst vor Schmerz aufstöhnte, aber es half nichts. Der Hunderthändige setzte seinen Weg unerbittlich fort.
    Und dann– ganz unerwartet– war da eine Stimme. Eine Stimme, die nur in Gabriels Kopf erklang, die tief im Schatten zu seiner Bestie sprach und die er nur deshalb hören konnte, weil sein Biest einen Kanal zwischen ihnen erzwang und die Botschaft an ihn weitersandte. Hilf mir. Verrate mich nicht. Auf diese Gelegenheit warte ich seit so vielen Jahren.
    Gabriel war wie erstarrt. In seiner Erinnerung blitzten die verzweifelten Augen des Wurms auf dem Schoß seines Peinigers auf. Das Skalpell in der Hand des Doktors. Und er spürte den brodelnden Hass der Kreatur auf seinen Wirt, als wäre es sein eigener. Vergeblich bemühte sich Gabriel, seinen Atem ruhig zu halten, als der Leib des Hunderthändigen an seiner Leiste entlang, unter dem Hosenbund hindurch, um seine Hüfte und schließlich seinen Rücken hinaufkroch. Die winzigen Finger schienen überall zu sein und jagten kleine Stromstöße über seine Haut. Verschwommen sah er Dr. Roth boshaft lächeln. » Lass

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