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Als die schwarzen Feen kamen

Als die schwarzen Feen kamen

Titel: Als die schwarzen Feen kamen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Beer
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sie.
    Der Maskierte nickte noch einmal. Dann wandte er sich ab. Marie verstand. Sie durfte nicht länger warten. Mit einem letzten Blick auf die Geister, die inzwischen einer nach dem anderen die Stufen hinaufkrochen, biss sie die Zähne zusammen und machte sich an den Aufstieg, während der Maskierte die Treppe wieder hinunterlief, den Geistern entgegen.
    Hinter ihr begann der Kampf.
    Marie zwang sich, nicht zurückzuschauen, sondern konzentrierte sich stattdessen auf die Stufen unter ihren Füßen. Jetzt, wo der Maskierte sie nicht mehr trug, merkte sie umso deutlicher, wie erschöpft sie inzwischen war. Am liebsten wäre sie auf allen vieren gekrabbelt. Hinter ihrem Rücken hörte sie das Heulen und Fauchen der Geister und das Zischen einer Schwertklinge, die durch die Luft schnitt, immer wieder unterbrochen von schrillen, schmerzerfüllten Schreien. Der Maskierte kämpfte stumm. Die Stimmen der Geister hingegen gingen Marie durch Mark und Bein. Furcht wühlte in ihrem Magen und hing wie Blei an ihren Beinen, aber sie schleppte sich tapfer weiter, den Blick starr auf ihr Ziel gerichtet. Sie wollte nicht sehen, was hinter ihr geschah. Sie musste sich auf das konzentrieren, was vor ihr lag.
    Die alten Angeln quietschten und kreischten, als Marie die Tür zum Turm einen Spalt aufdrückte und hindurchschlüpfte. Hinter ihr fiel die Tür krachend wieder ins Schloss. Das Donnern schien den ganzen Turm zu erschüttern. Die Luft hier drin war kühl und feucht, ein wenig muffig, aber frei vom Gestank des Windes. Das flackernde Licht einer einzelnen Fackel spiegelte sich auf den glänzenden Wänden aus Obsidian– und auf den Stufen einer Wendeltreppe, die sich über ihr in der Dunkelheit verlor.
    Noch mehr Stufen.
    In diesem Augenblick wollte Marie sich hinsetzen und weinen. Sie wollte nach Hause. Sie wollte ihr altes Leben zurück. Dieser Albtraum sollte endlich ein Ende haben!
    Erst als die Fackel am Treppenaufgang leise knackte, schaffte sie es, sich aus ihrer Starre zu befreien. Entschlossen richtete sie sich auf. Es war noch nicht vorbei. Draußen kämpfte der Maskierte noch immer gegen die Geister. Vor ihr war der Weg frei. Sie musste weitergehen und ihr Versprechen einlösen. Marie packte die Fackel und zerrte sie aus der Halterung. Die Feen hatten versucht, sie aufzuhalten– erst durch den Maskierten und dann durch die Geister, aber sie waren gescheitert. Sie war erschöpft, aber immer noch stark genug, um nicht vor einer Treppe zu kapitulieren. Jetzt würde sie auch noch den letzten Schritt gehen.

Achtundzwanzigstes Kapitel: Ein altes Versprechen
    Als Marie ihre Reise auf die andere Seite der Realität antrat, hielt Gabriel ihre Hand fest in seiner und wagte nicht einen Moment, sie loszulassen. Unter seinen Fingern wurde Maries Haut kälter und kälter. Das Tor in ihrem Schatten klaffte weit offen und dahinter konnte Gabriel die Nacht in der Obsidianstadt sehen. Die Straße zum Turm, die in der Dunkelheit lag. Nebelschwaden krochen durch das Loch in Gabriels Wohnung und glitten über Maries Körper, wanden sich umeinander, nahmen sie gefangen, bis sie sich über sie gelegt hatten wie eine zweite Haut. Ein schemenhaftes Abbild ihrer selbst schien vor Gabriels Augen aus Marie herauszutreten, sich von ihr zu entfernen, um die Schwelle zwischen den Welten zu überqueren. Es kostete Gabriel große Mühe, bei dem Anblick nicht nach ihr zu greifen und zu verhindern, dass sie aus der Realität gerissen wurde. Aber das durfte er nicht. Er würde damit alles kaputt machen, was Marie mühsam an Entschlossenheit zusammengerafft hatte.
    Gabriel schloss kurz die Augen und versuchte, sich zu beruhigen. Ihm blieb jetzt nichts anderes übrig, als aufmerksam zuzusehen, was dort auf der anderen Seite geschah– und einzugreifen, falls Marie nach ihm rief. Ihre Hand zu nehmen, wenn sie ihn brauchte, um sie zurückziehen. Aber es war an ihr, den Zeitpunkt dafür zu wählen.
    Gebannt verfolgte er Maries Weg die schwarzweiße Straße entlang. Sein Biest war nah an ihn herangerückt und ein Stück in seine Wahrnehmung hineingeglitten, ohne dass Gabriel es wirklich registrierte. Mit glühenden Augen beobachtete auch die Bestie, was Marie tat, fest entschlossen, sie sofort an sich zu reißen, wenn sie in Gefahr geriet. Dennoch war ein Teil ihrer Aufmerksamkeit noch immer wachsam auf die Umgebung gerichtet. Sie hatte nicht vergessen, dass draußen auf der Straße noch immer die Fee wartete, auch wenn ihr Kreischen schon vor einiger Zeit

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