Als die Tiere den Wald verließen
war der Waldkauz, der sie zu dem Versteck führen wollte.
»Der gute alte Waldkauz«, sagte der Fuchs, um zu verbergen, wie sehr er erschrocken war. »Nun, heute nacht müßten wir eigentlich gut schlafen.« »Ich bin nicht so sicher, ob es gut ist, an einem Ort unterzukriechen, der so einen magnetischen Einfluß auf die Menschen ausübt«, bemerkte der Waldkauz. »Aber ich nehme an, wir haben keine Wahl.« »Es ist auf jeden Fall besser, als draußen im Regen zu bleiben«, lachte der Fuchs.
»Ich für meinen Teil mag diese Plätze nicht, wo es ganz und gar trocken ist«, sagte die Kröte und schüttelte den Kopf. »Ich frage mich immer, ob meine Haut nicht Risse bekommt.«
»Unsinn«, meinte der Fuchs. »Es ist ja ohnehin nur für einen Tag. Ich habe gedacht, du seist müde.« »Das bin ich auch«, gab die Kröte zu, als der Waldkauz auf der Rückenlehne einer Kirchenbank landete und zu Boden flatterte.
Als alle Tiere versammelt waren, fragten sie die Kröte mit schläfrigen Stimmen, wie weit sie jetzt noch von ihrem Ziel entfernt waren.
»Noch etwa eine Tagereise, glaube ich«, antwortete sie. »Aber«, fügte sie hinzu, als verschiedene Schreie des Entzückens und der Aufregung erklangen, »ich bin nicht ganz sicher, weil wir bei unserer Suche nach einem Unterschlupf etwas vom Weg abgewichen sind. Ich bin auf meiner Reise nicht an dieser Kirche vorbeigekommen, aber ich weiß, daß der Park ganz, ganz nah ist, jetzt, wo wir die Stadt hinter uns haben.« »Meinst du, es wird schwierig sein, den richtigen Weg wiederzufinden?« fragte der Oberste Igel. »Natürlich nicht«, sagte die Kröte zuversichtlich. »Wenn es aufgehört hat zu regnen, muß der Turmfalke einfach morgen ein bißchen herumfliegen. Ich bin sicher, daß er von hier aus den Park sehen kann.« »Sobald es hell genug ist...« murmelte der Turmfalke und steckte seinen Kopf unter den Flügel. Als er früh am nächsten Morgen das Gebäude verließ - seine Freunde schliefen noch -, war der Turmfalke überglücklich, daß draußen alles so klar und frisch aussah. Die Luft war kühl, und der Himmel war wieder blau, als wären die Wolken heruntergewaschen worden. Das nasse Gras schimmerte und funkelte in der Sonne.
Der Turmfalke flog träge auf und streckte seine Flügelmuskeln. Nach ein paar vergnüglichen Sturzflügen begann er sich umzusehen. Und tatsächlich - in einer Richtung konnte er ganz klar ein Parkgelände erkennen. Der Turmfalke konnte Teile des Zaunes, hügelige Grasflächen mit dunklen, farnbewachsenen Flecken und Wäldchen sehen. Der Teich der Eßbaren Frösche war von hier aus nicht zu sehen, aber der Turmfalke entschloß sich, noch ein Stück zu fliegen und alles genauer zu betrachten. Es gab keinen Zweifel mehr, ob es auch der richtige Park war, denn als der Turmfalke näher kam, sah er mehrere weiße Tupfer, die sich im Gras bewegten. Nach und nach nahmen sie Gestalt an: es waren die schneeweißen Hirsche, von denen der Park seinen Namen hatte. Als er sich dem Hirschpark, ihrem langersehnten Ziel, näherte, kam ihm der Gedanke, man müsse dieses denkwürdige Ereignis angemessen gestalten, und so begann er einen Plan zu schmieden.
Seine Freunde in der Kirche waren nicht so sicher, daß sie ihre neue Heimat erreichen würden oder wenigstens gefahrlos das Gebäude verlassen konnten. Denn jetzt, bei Tag, waren Arbeiter gekommen, um die Reparaturen an der zerbrochenen Mauer fertigzustellen. Das Geräusch der Werkzeuge, die genau an der Stelle hämmerten und klopften, durch die sie hereingekommen waren, weckte die Tiere zusammen mit rauhen menschlichen Stimmen. Sie bekamen einen Riesenschreck. Der Fuchs wurde mit Fragen bestürmt, was nun zu tun sei. Doch er entgegnete nur grimmig, im Moment müsse man sich still verhalten.
»Das ist ja gut und schön«, sagte das Oberste Kaninchen. »Aber was machen wir, wenn die Männer uns einmauern?«
»In Kirchen gibt es so etwas wie Türen«, bemerkte der Waldkauz unwirsch.
Das Kaninchen kam sich komisch vor, obwohl es versuchte, dies nicht zu zeigen. Doch das gelang ihm nicht. »Jedenfalls haben wir keine Ahnung, wann die Türen aufgemacht werden«, sagte es grämlich. »Oh, es wird nicht lange dauern.« Der Fuchs versuchte, unbekümmert zu erscheinen. »Jetzt, wo diese Arbeiter hier sind, muß früher oder später jemand hereinkommen.«
»Das Kaninchen hat aber trotzdem recht«, sagte der Hase zur Überraschung seines Verwandten, weil er ausnahmsweise einmal auf dessen Seite war. »Wenn tatsächlich
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