Als die Tiere den Wald verließen
wie weit sie pro Tag gehen
konnten und wie ein schwieriges Hindernis wohl zu bezwingen
war. Allen war klar, daß ihre Flucht aus der Kirche das allerletzte
Hindernis war, bevor sie wieder ein normales und friedliches
Dasein führen konnten - etwas, das sie schon fast verlernt hatten.
Bei dem Gedanken an diese Heimat und was sie für jedes der
müden Tiere bedeutete, nahm sich jeder von ihnen vor, daß er
sich jetzt von niemand und von nichts mehr aufhalten lassen
würde. Jedes Tier spürte, wie die Kraft seiner Gefährten von
neuem erstarkte und wie gleichzeitig sein eigenes Vertrauen
wuchs. »Wir können noch ein Weilchen warten«, sagte das
Wiesel philosophisch.
»Es ist nur eine Frage der Zeit«, bemerkte der Maulwurf, der
sich geschmeichelt fühlte, weil der Fuchs ihm bezüglich der
Wahl des Verstecks ein Kompliment gemacht hatte.
»Meiner Meinung nach ist es eine Zeitverschwendung«,
flüsterte die Kreuzotter. Doch die Gruppe machte es sich in aller
Stille bequem. Immer mehr hallende Schritte und leise Stimmen
waren zu hören. Schließlich ließ das Schlurfen der Füße, das
Knarren und das Rutschen von Bänken und Stühlen und das Flüstern nach. Es schien, als hätte sich über die Kirche und die
Menschen eine erwartungsvolle Stille gelegt. Die Tiere glaubten
langsam, es sei alles doch nicht so schlimm, als plötzlich die
Orgelpfeifen hinter ihnen mit einem ohrenbetäubenden Lärm
losdröhnten. Der Krach kam so unerwartet und war so schrecklich, daß alle Tiere in wilder Panik aufsprangen und sich in einer Art zoologischer Explosion über die ganze Kirche verteilten. Die Vögel flogen auf die Dachsparren, wo die schrecklichen Klänge der Orgel widerhallten, und so flatterten sie wild umher, um dem Geräusch zu entkommen. Der Fuchs und die Füchsin rasten in wilder Panik das Hauptschiff hinunter und standen plötzlich - mehr durch Glück als durch Überlegung - vor der offenen Tür. Die Wühlmäuse, die Feldmäuse, die Kaninchen, die Hasen und die Eichhörnchen zerstreuten sich in alle Ecken. Einige davon rannten unter die Stühle. Die Frauen kreischten vor Schreck laut auf, während die Männer, die nicht weniger erstaunt waren, barsche Schreie ausstießen. Der Vikar, der gerade eine Trauung vollziehen wollte, ließ sein Buch fallen, als ihm der Dachs gegen die Beine rannte. Das Wiesel, der Maulwurf, die Kröte und die Igel liefen zur gegenüberliegenden Wand in der Kirche. Sie handelten völlig unüberlegt, und jeder von ihnen schlug eine andere Richtung ein. Ihr einziger Gedanke war es, von dieser furchterregenden Maschine wegzukommen. Nur die Kreuzotter, die sich mit ihrem schlanken Körper von einem Spalt zum anderen auf die Tür zuschlängelte, blieb glückli
cherweise unentdeckt.
Ein paar Minuten lang herrschte ein schreckliches
Durcheinander. Aber da der erstaunte Organist zu spielen
aufgehört hatte, beruhigten sich die Tiere soweit, daß sie wieder
in der Lage waren, ihre Flucht in die einzig mögliche Richtung
zu lenken. Jetzt, wo die schnelleren Tiere nach und nach
verschwunden waren, legte sich die Aufregung unter den
Gemeindemitgliedern ein wenig, und schon bald war die Kirche
von allgemeinem Geplapper erfüllt. Als der Fuchs und die
Füchsin aus der Tür geschossen kamen, ging gerade die Braut
mit ihrem Vater und den Brautjungfern darauf zu. Sprachlos
blieben sie stehen und mußten mit ansehen, wie ein Dachs,
verschiedene Kaninchen, Eichhörnchen, Hasen und ein Wiesel
aus der Tür galoppiert kamen und in der Richtung davonrannten,
in der auch die Füchse verschwunden waren.
Die Braut schaute ihren Vater an, als wolle sie ihn stumm
fragen, ob dies eine Art Omen für ihre bevorstehende Hochzeit
sei. Aber ihr Vater fand keine Worte und stammelte nur
unzusammenhängendes Zeug vor sich hin. Schließlich schien
ihm wieder einzufallen, warum sie hier waren, und er begann,
seine Tochter weiterzuführen.
Gerade als sie die Kirche betreten wollten, kamen zwei Vögel
wie Gewehrkugeln vorbeigeschossen, und ein dritter,
riesengroßer Vogel flog, wild mit den Flügeln schlagend, direkt
auf sie zu. Erst im allerletzten Moment zog er steil nach oben,
wobei er mit den Flügeln einen rhythmischen Pfeifton erzeugte.
Die arme Braut schrie entsetzt auf, und die vier Brautjungfern
taten es ihr gleich. Jetzt verwandelte sich der Schreck des
Brautvaters in Zorn. Er befahl seiner Tochter und den
Brautjungfern, an der Tür zu warten, und betrat die Kirche, um
herauszufinden, wer hinter diesem - wie er meinte -
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