Als Gott ein Kaninchen war
seinen Blick schließlich scharfgestellt hatte, sah man, dass sie ihn golden angemalt hatte. Und wenn sie » Big Spender« zum Besten gab, warf sie mit Monopolygeld um sich. Aber bei » Easy Thing to Do« blieb kein Auge trocken in unserem lamettageschmückten Haus. Arthur sagte, für eine Frau wie sie hätte er das Ufer gewechselt, bis sie eines Tages eine Coverversion von » Send in the Clowns« als Clown verkleidet sang.
Arthur und Ginger waren unzertrennlich, wenn sie zusammentrafen. Sie hatten sich vor vielen Jahren in der Londoner Szene kennengelernt, als ihre Gesichter noch glatt waren und bar jeglicher Erfahrung. Und sie hatten schließlich viele Dinge geteilt, eine Wohnung in Bayswater und einen Balletttänzer namens Robin eingeschlossen. Ihr fröhliches Geplauder war reichhaltig und ungezwungen, ihre Neckereien vertraulich und tiefsinnig; ihr » Ich liebe dich« drückte sich ohne diese erschreckenden Worte aus.
Ginger kam am Heiligen Abend gegen siebzehn Uhr bei uns an, ausgerüstet nur mit einem Koffer voll Champagner und » einer Unterhose zum Wechseln«, wie sie Arthur zuflüsterte, was ihn in die dunkleren Winkel unseres Wohnzimmers zurückschrecken ließ.
» Danke, Alan«, säuselte sie, als sie ihm einen Fünfpfundschein in die große Pranke steckte. » Und fröhliche Weihnachten, Liebling.«
» Das ist doch nicht nötig, Ginger«, sagte Alan und versuchte den Schein zurück in ihre Manteltasche zu stopfen.
» Kauf was Schönes für dein kleines Mädchen«, sagte Ginger, und Alan versprach, das werde er tun, ohne ihr zu verraten, dass es sich bei dem kleinen Mädchen in Wahrheit um einen pummeligen kleinen Jungen namens Alan Junior handelte.
» Ich liebe diesen Alan«, schwärmte Ginger an meinen Vater gewandt, als der Bus wieder über die Auffahrt davonfuhr. » Weshalb saß er noch mal?«, fragte sie beiläufig.
» So leicht kriegst du das nicht aus mir raus, Ginger«, sagte er und umarmte sie herzlich.
Alle wollten wissen, was Alan verbrochen hatte, aber mein Vater verriet es niemandem, nicht einmal meiner Mutter.
» Hallo, mein Schatz«, sagte Ginger zu mir, als ich frisch gewaschene Handtücher auf ihr Zimmer brachte. » Komm, setz dich, und erzähl mir, was es Neues gibt.« Sie klopfte sich einladend auf die Knie, und ich setzte mich auf ihren breiten Schoß. Ich war immer besorgt gewesen, ich könne sie erdrücken, aber als ich ihre üppigen Oberschenkel unter meinen spürte, wusste ich, dass sie aus robustem Material gemacht war.
» Hast du schon gute Freunde gefunden?«, erkundigte sie sich.
» Nein«, antwortete ich, » noch nicht. Joe meint, ich sei eine Einzelkämpferin.«
» Das bin ich auch, Kind. Daran ist nichts Falsches«, erklärte sie. Und obwohl sie es gar nicht war, war ich ihr dankbar, dass sie mich zu trösten versuchte.
» Und wie geht es dieser Jenny Penny? Kommt sie über die Feiertage her? Werde ich sie endlich auch mal kennenlernen?«
» Nein, ihre Mutter hat gesagt, sie kann diesmal nicht.«
» Seltsam ist sie ja schon.«
» Mmm… Sie hat jetzt ihre Periode bekommen.«
» Hat sie das? Und wie steht’s mit dir?«, wollte Ginger wissen.
» Noch nicht. Ich warte noch.«
» Ja, lass dir nur Zeit«, sagte sie. » Du wirst dich noch lange genug damit herumschlagen. Kopf hoch«, fügte sie noch hinzu und zog unbeholfen ihren Rock zurecht. » Und wie geht es deinem bösen, großen Bruder so?«
» Er ist okay.«
» Noch immer schwul?«, fragte sie.
» Jap. Es ist definitiv nicht bloß eine Phase.«
» Nicht schlecht«, sagte Ginger. » Und du? Hast du schon einen Freund?«
» Nein, ich will auch gar keinen«, erwiderte ich.
» Warum denn das?«
» Na ja«, fing ich an, » es gab da schon mal einen, der sich ein bisschen für mich interessiert hat. Aber ich hab zu lange gezögert.«
» Ach?«, meinte sie. » Und dann? Hat er sich einfach verzogen, oder was?«
» So ähnlich«, sagte ich. » Er ist ertrunken.«
» Oh.«
» Er hieß Michael.«
» Gut, dass du nicht mit ihm zusammen warst, oder?«, sagte sie. » Sonst wärst du jetzt vielleicht gar nicht hier«, und sie fing an, in ihrem Koffer zu wühlen. Offenbar wusste sie nichts Besseres zu sagen. Aber so war Ginger eben: Gefühle brachten sie in Verlegenheit, außer wenn sie sang. Mein Vater meinte, das sei überhaupt nur der Grund, warum sie sang.
» Hier«, sagte sie und überreichte mir ein hübsch verpacktes Geschenk. » Ich hab es selbst eingepackt.«
» Ist das für mich?«, fragte ich.
»
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