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Als Gott ein Kaninchen war

Als Gott ein Kaninchen war

Titel: Als Gott ein Kaninchen war Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Winman
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nicht«, sagte Joe.
    Alan verlor den Seitenspiegel, als er durch unser Tor fuhr.
    Mein Bruder sah sich in seinem Zimmer um, suchte nach etwas, das anders aussah, nach Veränderungen, die wir in seiner Abwesenheit vorgenommen haben mochten. Aber alles war noch an seinem Platz, genauso, wie er es verlassen hatte: Ein Zimmer, das in dem Moment verharrt war, als er nach seiner Tasche greifen und losflitzen musste, um den Zug noch zu erwischen. Ein offenes Deo, mittlerweile eingetrocknet, hoffte auf seine Rückkehr, eine drei Monate alte Zeitung rekelte sich neben seinem Bett.
    Ich setzte mich und sah zu, wie er seine Tasche voller schmutziger Wäsche auspackte.
    » Weißt du schon, dass Michael Trewellin gestorben ist?«, fragte ich.
    » Ja«, sagte mein Bruder und fing an, ein sauberes Hemd zusammenzulegen.
    » Ertrunken«, sagte ich.
    » Ich weiß«, sagte er.
    » Wir waren auf seiner Beerdigung«, erzählte ich.
    » Ach ja?«
    » Beerdigungen sind komisch, oder?«
    » Nehm ich mal an.«
    » Alle starren den Sarg an.«
    » Ich wusste gar nicht, dass sie die Leiche gefunden haben«, sagte mein Bruder.
    » Haben sie auch nicht. Vielleicht haben wir deshalb alle den Sarg angestarrt«, meinte ich.
    » Vielleicht.«
    » Ich frag mich, was drin war…«
    Ich griff nach einer Zeitschrift und schlug das Poster in der Mitte auf: ein braungebrannter Mann mit nichts als einem sehr kleinen Handtuch bedeckt. Ich war an solche Bilder gewöhnt, wenn mein Bruder zu Hause war. Wahrscheinlich würde er das Magazin an Arthur weitergeben, und Arthur würde sagen: » Oh, du böser, böser Junge.«
    » Ich habe Beth vor ein paar Tagen im Dorf getroffen«, fuhr ich fort und bemühte mich um einen leichteren Ton.
    » Beth?«, fragte er und widmete sich wieder seiner Tasche.
    » Michael Trewellins Schwester. Ich glaube, du kennst sie nicht besonders gut. Sie ist jünger. Ungefähr in meinem Alter.«
    Ich sah ihm beim Zusammenlegen eines Pullis zu.
    » Ist sie okay?«, erkundigte er sich.
    » Sie wirkte sehr traurig«, antwortete ich. » Ist ja auch verständlich.«
    Er setzte sich zu mir aufs Bett, als wüsste er, in welche Richtung sich meine Gedanken bewegten.
    » Mir wird schon nichts passieren, Elly«, sagte er. » Ich geh nirgends hin«, und er legte mir den Arm um die Schultern. » Ich bin nicht Michael.«
    » Ich glaube nicht, dass ich das ertragen könnte«, sagte ich leise. » Sie sah so schrecklich traurig aus.«
    *
    Mein Vater forderte uns auf, das Licht auszuschalten, und hielt stolz das Neonschild hoch.
    » In unserem Hans gibt es immer Rum?«, versuchte meine Mutter die geschwungene, grün leuchtende Schrift im Dunkeln zu entziffern.
    » In unserem Haus gibt es immer Rum«, verbesserte sie mein Vater, einen Hauch von Verzweiflung in der Stimme. » Das ist meine Weihnachtsbotschaft. Ich hab euch doch im Sommer schon gesagt, dass ich dieses Jahr etwas ganz anderes plane.« Und das hatte er wirklich.
    Wir waren gerade in der Küche und machten Zitroneneis, als er uns seine Pläne für ein Weihnachts-Gratisprogramm eröffnete.
    » Unsere Tür wird für jeden offenstehen, reich oder arm«, erklärte er, und meine Mutter sagte ihm, dass sie ihn liebe, und zog ihn hinaus in den Garten für einen offensichtlichen heimlichen Kuss. Für einen Mann, dessen Abneigung gegen Religionsinstitutionen berüchtigt war, nahm seine Wohltätigkeit zunehmend christliche Züge an. Mein Bruder schüttelte den Kopf und sagte: » Jetzt fehlt nur noch der Esel, ein Stall und ein echtes Baby.«
    » Und vergiss nicht den Stern im Osten«, fügte Arthur hinzu.
    » Der bin dann wohl ich«, sagte Nancy, zündete sich eine Zigarette an und ging durch die Tür.
    Mein Vater schaltete das Licht schnell wieder an und verkündete, er werde jetzt oben am Weg sein Schild anbringen, gleich neben dem winkenden Kamel und dem nackten Weihnachtsmann, falls irgendwer ihn begleiten wolle. Komischerweise wollte keiner.
    Unser einziger Gast an jenem Weihnachten war eine Ms Vivienne Collard oder Ginger, wie sie genannt werden wollte. Sie war Arthurs beste Freundin und vier Monate zuvor zum ersten Mal bei uns gewesen, mit einem gebrochenen Bein und einem gebrochenen Herzen (beide Verletzungen hatten nichts miteinander zu tun). Sie war eine Shirley-Bassey-Imitatorin, und mit ihren roten Haaren und der blassen Haut war sie zumindest einmalig, wenn auch nicht die beste. Wenn sie » Goldfinger« sang, schlängelte sie mit ihrem Finger vor der Nase ihrer Zuschauer herum, und wenn man

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