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Als ich noch der Waldbauernbub war - Arena Kinderbuch-Klassiker

Als ich noch der Waldbauernbub war - Arena Kinderbuch-Klassiker

Titel: Als ich noch der Waldbauernbub war - Arena Kinderbuch-Klassiker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena
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Jochem den lieben Gott für einen gutherzigen, einfältigen Alten (ganz wie er, der Jochem, selber war), den Teufel aber für ein listiges, abgefeimtes Köpfchen, dem nicht beizukommen ist und das die Menschen und auch den lieben Gott von hinten und vorn beschwindelt.
    Abgesehen von dieser hohen Meinung vom Luzifer, Beelzebub (was weiß ich, wie sie alle heißen), war mein Pate ein gescheiter Mann. Ich verdankte ihm manches neue Linnenhöslein und manchen verdorbenen Magen.
    Sein Trost gegen die Anfechtungen des bösen Feindes und sein Vertrauen war die Wallfahrtskirche Mariaschutz am Semmering. Es war eine Tagreise dahin und der Jochem machte alljährlich einmal den Weg. Als ich schon hübsch zu Fuße war (ich und das Zicklein waren die einzigen Wesen, die mein Vater nicht einzuholen vermochte, wenn er uns mit der Peitsche nachlief), wollte der Pate Jochem auch mich einmal mitnehmen nach Mariaschutz.
    »Meinetwegen«, sagte mein Vater, »da kann der Bub gleich die neue Eisenbahn sehen, die sie über den Semmering jetzt gebaut haben. Das Loch durch den Berg soll schon fertig sein.«
    »Behüt uns der Herr«, rief der Pate, »dass wir das Teufelszeug anschaun! ‘s ist alles Blendwerk, ‘s ist alles nicht wahr.«
    »Kann auch sein«, sagte mein Vater und ging davon.
    Ich und der Pate machten uns auf den Weg; wir gingen über das Stuhleckgebirge, um ja dem Tale nicht in die Nähe zu kommen, in welchem nach der Leut’ Reden der Teufelswagen auf und ab ging. Als wir aber auf dem hohen Berg standen und hinabschauten in den Spitalerboden, sahen wir einer scharfen Linie entlang einen braunen Wurm kriechen und darüber ein Rauchwölklein schweben.
    »Jessas Maron!«, schrie mein Pate. »Das ist schon so was! Spring Bub!« – Und wir liefen die entgegengesetzte Seite des Berges hinunter.
    Gegen Abend kamen wir in die Niederung, doch – entweder der Pate war hier nicht wegkundig oder es hatte ihn die Neugierde, die ihm zuweilen arg zusetzte, überlistet – anstatt in Mariaschutz zu sein, standen wir vor einem ungeheuren Schutthaufen und hinter demselben war ein kohlfinsteres Loch in den Berg hinein. Das Loch war schier so groß, dass darin ein Haus hätte stehen können, und gar mit Fleiß und Schick ausgemauert; und da ging eine Straße mit zwei eisernen Leisten daher und schnurgerade in den Berg hinein.
    Mein Pate stand lange schweigend da und schüttelte den Kopf; endlich murmelte er: »Jetzt stehen wir da. Das wird die neumodische Landstraßen sein. Aber derlogen ist’s, dass sie da hineinfahren!«
    Kalt wie Grabesluft wehte es aus dem Loche. Weiterhin gegen Spital in der Abendsonne stand an der eisernen Straße ein gemauertes Häuschen; davor ragte eine hohe Stange, auf dieser baumelten zwei blutrote Kugeln. Plötzlich rauschte es an der Stange und eine der Kugeln ging wie von Geisterhand gezogen in die Höhe. Wir erschraken baß. Dass es hier mit rechten Dingen nicht zuginge, war leicht zu merken. Doch standen wir wie festgewurzelt.
    »Pate Jochem«, sagte ich leise, »hört Ihr nicht so ein Brummen in der Erden?«
    »Ja freilich, Bub«, entgegnete er, »es donnert was! Es ist ein Erdbeben.« Da tat er schon ein kläglich Stöhnen. Auf der eisernen Straße heran kam ein kohlschwarzes Wesen. Es schien anfangs stillzustehen, wurde aber immer größer und nahte mit mächtigem Schnauben und Pfustern und stieß aus dem Rachen gewaltigen Dampf aus. Und hintenher –
    »Kreuz Gottes!«, rief mein Pate. »Da hängen ja ganze Häuser dran!« Und wahrhaftig, wenn wir sonst gedacht hatten, an das Lokomotiv’ wären ein paar kleine Kutschen gespannt, auf denen die Reisenden sitzen konnten, so sahen wir nun einen langen Marktflecken mit vielen Fenstern heranrollen und zu den Fenstern schauten lebendige Menschenköpfe heraus, und schrecklich schnell ging’s und ein solches Brausen war, dass einem der Verstand stillstand. Das bringt kein Herrgott mehr zum Stehen!, fiel’s mir noch ein. Da hub der Pate die beiden Hände empor und rief mit verzweifelter Stimme: »Jessas, Jessas, jetzt fahren sie richtig ins Loch!«
    Und schon war das Ungeheuer mit seinen hundert Rädern in der Tiefe; die Rückseite des letzten Wagens schrumpfte zusammen, nur ein Lichtlein davon sah man noch eine Weile, dann war alles verschwunden, bloß der Boden dröhnte und aus dem Loche stieg still und träge der Rauch.
    Mein Pate wischte sich mit dem Ärmel den Schweiß vom Angesicht und starrte in den Tunnel.
    Dann sah er mich an und fragte. »Hast du’s

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