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Als könnt' ich fliegen

Als könnt' ich fliegen

Titel: Als könnt' ich fliegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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aus.
    »Aber macht ja eigentlich nichts«, sagte er, »wenn du das weißt.«
    »Worum geht es denn bei dieser Wette?«, fragte Lisa und wich ein winziges Stück vor ihm zurück. Er aber gab keinen Zentimeter verloren und rückte sofort nach.
    »Du kannst dich ja ganz schön verstellen.« Er versuchte, sie auf den Hals zu küssen. »Aber das gefällt mir. Ich bin auch so.«
    Fast hätte ich laut aufgelacht, konnte mich aber gerade noch zusammenreißen.
    »Und?«, fragte Lisa. »Worum ging es nun?«
    »Na, um diese Behinderte, die in deine Klasse geht«, sagte er grinsend. »Aber das weißt du doch genauso gut wie ich.«
    Ich hielt den Atem an. Ich glaube, Lisa tat in diesem Moment das Gleiche.
    »Um Milena?«, sagte sie dann ungläubig. »Eine Wette, bei der es um Milena ging?«
    Für zwei Sekunden unterbrach Marco seine Annäherungsversuche.
    »Sag mal, hast du wirklich keinen Schimmer?«, fragte er erstaunt. »Tobias ist ganz wild auf diese Scheibe. Und sie gehört ihm, wenn er das frigide Hinkebein ins Bett kriegt.«
    Lisa riss sich aus seiner halben Umarmung und sprang auf, als hätte sie soeben ein Monster erblickt.
    »Was sagst du da?!«, schrie sie ihn entsetzt an. Dann klatschte es zweimal. Marco hatte links und rechts eine sitzen. Ich kam aus meinem Versteck und stellte mich neben sie.
    »Lass ihn«, sagte ich ruhig. »An kleinen Wichsern macht man sich nur die Hände schmutzig. »Wir wissen jetzt ja, was wir wissen wollten. Danke, kleiner Wichser.«
    Marco hatte jegliche Kontrolle über seine Gesichtszüge verloren. Sein Mund stand sperrangelweit offen. Er starrte uns an. Ich ging zu ihm und drückte seinen Kiefer zusammen. Er ließ es über sich ergehen. Dann drehten wir uns um und ließen ihn sitzen.
    Es war schon nach zehn, aber ich musste unbedingt zu ihr. Mein Vater wollte mich auf keinen Fall gehen lassen.
    »Kommt nicht infrage«, sagte er. »Guck dich doch mal an. Willst du dir Nachschub einhandeln?«
    Ich konnte seine Bedenken verstehen. Auch ohne dass ich in den Spiegel sah. Doch nichts konnte mich aufhalten. Ich ging in den Flur und zog mir eine Jacke über.
    Marlies folgte mir. »Ich fahr dich, okay?«
    »Ist wirklich nicht nötig«, sagte ich. »Es ist nicht weit.«
    »Wie weit war der Ort entfernt«, fragte sie ruhig, »an dem das passiert ist?« Sie zeigte mit dem Kinn unbestimmt in meine Richtung. Natürlich hatte sie Recht.
    »Es passiert nicht wieder«, sagte ich. »Garantiert nicht.« Dann machte ich etwas, bei dem ich lange brauchte, es selbst zu kapieren. Ich ging zu ihr und küsste sie auf die Wange. »Trotzdem danke«, sagte ich.
    Sie stand da, mit übergeworfener Strickjacke, die Arme locker vor der Brust verschränkt, etwas an den Türrahmen gelehnt, ein nur leicht überraschtes Lächeln im Gesicht. In diesem Moment kam mein Vater dazu. Er erfasste sofort, dass irgendwas zwischen Marlies und mir passiert war. Irgendwas Gutes. Augenblicklich änderte sich sein Gesichtsausdruck. Er entspannte sich. Ein überraschtes kleines Lächeln auch bei ihm.
    »Wann bist du wieder da?«, fragte er. Ich war mir sicher, dass er eigentlich etwas ganz anderes hatte sagen wollen. »Spätestens in zwei Stunden«, sagte ich. Und dann, auch zu ihm: »Danke!«
    Nachdem Milena erkannt hatte, wer es war, der draußen ans Fenster klopfte, zog sie die Vorhänge zu. Zuvor hatte ich überlegt, an der Haustür zu klingeln, es dann aber bleiben lassen. Ihre Eltern kannten mich nicht. Wie hätte ich ihnen erklären sollen, wer ich war und was ich wollte? Immerhin war es nach halb elf.
    Ich klopfte weiter ans Fenster, rief leise ihren Namen. Sie reagierte nicht. Irgendwann ging das Licht aus, sodass ich nicht mehr wusste, ob sie überhaupt noch im Zimmer war. Ich klopfte noch einmal.
    »Sie ist stur wie ein Maulesel«, hörte ich plötzlich eine leise Stimme. Ich erschrak. Dann sah ich das Licht einer Taschenlampe. Es war Sven. Mir fiel sofort auf, dass er nicht feindselig klang. Beruhigt antwortete ich: »Das kann man wohl sagen.«
    »Komm«, flüsterte er. »Sonst hören uns meine Eltern.«
    Ich trottete ihm nach. Er führte mich aus dem Garten auf die Straße.
    »Ich hab gehört, was dir passiert ist«, sagte er. »Es tut mir leid.«
    Ohne uns abgesprochen zu haben, gingen wir zum alten Spielplatz an der Ecke. Den hatte es schon gegeben, als ich noch ganz klein war.
    »Hat das irgendwas mit Milena zu tun?«, fragte er. Wir setzten uns nebeneinander auf zwei Schaukeln. Sven knipste seine Taschenlampe aus. Vom Weg

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