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Als Oma bist du ja ganz nett: Wie meine Mutter ein Enkelkind bekam (German Edition)

Als Oma bist du ja ganz nett: Wie meine Mutter ein Enkelkind bekam (German Edition)

Titel: Als Oma bist du ja ganz nett: Wie meine Mutter ein Enkelkind bekam (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Maier , Hanna Maier
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haben, das wird ihr ihre Mutter schon beibringen. Das Ganze nennt man dann Erziehung.
    Dass es mit ebendieser Erziehung nicht ganz einfach zu sein scheint, begreife ich, als Stefan und ich mit Hanna skypen. Erst sitzt Sophie ganz ruhig auf Hannas Schoß. Sie zermatscht ein Stück Banane in der linken Hand und schaut versonnen dieses Bewegtbild an, in dem zwei Leute zu sehen sind, mit denen ihre Mutter fröhlich über dieses und jenes quatscht. Auch Sophie kommen die beiden bekannt vor. Woher, das fällt ihr jetzt, so kurz vor dem Schlafengehen, nicht ein; aber die beiden sind ganz nett, das sieht und hört sie ja.
    Um schließlich auch mal was zum Gelingen der Kommunikation beizutragen und auch, weil gerade niemand sie so recht beachtet, fängt Sophie an reinzuquaken. Alle drei Erwachsenen unterbrechen daraufhin das Gespräch und richten ihre ganze Aufmerksamkeit auf die kleine Bananenquetscherin. »Na, Sophie, willst du auch mitreden?«, fragt die nette Frau. Hanna tippt ihr daraufhin demonstrativ auf die Nase und sagt: »Sag mal Nase, Sophie! Komm, sag mal! Da freut sich die Oma.« Und Sophie sagt: »Nade.« Großer Jubel im Bildschirm. Der Mann fragt jetzt: »Wo ist denn dein Ohr, Sophie, hm?« Sophie fasst sich, wie abgefragt, erst ans eine, dann ans andere Ohr. Und als der erneute Jubel gar nicht mehr aufhören will, setzt Sophie zur großen Volte an: Sie streckt die Arme nach oben, krallt sich in Hannas Augenbrauen fest und fräst so freudig wie brutal ihre Fingernägel durch deren Gesicht. Stolz quietschend, schaut sie in den Bildschirm.
    Aber da sitzen jetzt diese beiden Leute und jubeln keineswegs, sondern sagen: »Aua!« Auch Hanna sagt jetzt: »Boah, Sophie, aua. Mach bitte ei.« Sophie guckt irritiert. Warum so laut, warum so anders, hab ich was falsch gemacht?
    Hat sie eigentlich nicht. Ganz im Gegenteil, sie hat sich am allgemeinen fröhlichen Hallo beteiligt und mal gezeigt, wozu sie fähig ist, wenn sie richtig gut drauf ist. Zum Beispiel ihre Mutter zu kratzen. Aber das scheint den feinen Herrschaften dann auch wieder nicht zu passen. Stattdessen wünschen sie jetzt, dass Sophie ei macht, also ihre Mutter streichelt. Wieso eigentlich? Ist die neuerdings eine Katze und macht dann »Miau«?
    Ich sehe, dass es Hanna ernst ist mit ihrem »Ei«-Wunsch. Klar, das war schon heftig, wie Sophie sich da an ihr vergriffen hat. Vermutlich macht sie das öfter. Kneifen, kratzen, hauen. Mal hier beim Skypen, dann wieder morgens beim Aufwachen oder nachmittags in der Bahn. Vergleichbar kleinen Hunden oder Katzen, können Kinder eine ausgesprochen eigenwillige Art haben, ihrer Freude Ausdruck zu verleihen. Und nein, ich bin nicht dafür, derlei einfach zu ignorieren, damit die kleine Lady nicht traurig wird oder sich gar dominiert fühlt. Ganz im Gegenteil, ich bin für Dominanz. Aktion – Reaktion, Ursache – Wirkung. So einfach. Und so, wie ich gerade Hanna beobachte, der Sophies Gewalttätigkeit ein bisschen unangenehm ist, scheint auch sie im Grunde ihres Herzens eine Freundin der dominanten Pädagogik zu sein.
    Es ist eine Crux mit der sogenannten Erziehung. Ja, man hat ein paar Prinzipien. Keine Gewalt ist eines davon. Aber Kinder haben ist eben nicht Schrauben zählen. Mutter oder Vater zu sein ist eine der unplanbarsten, anarchistischsten Angelegenheiten, denen Erwachsene sich widmen können. Wie sehr diese Lebensphase verändern kann, sieht man an jenen Kollegen, denen Prinzipienreiterei solange zum zweiten Vornamen wurde, bis sie Eltern geworden sind. Ihr frisch eingetroffenes Fünfzig-Zentimeter-Paket lehrte sie in null Komma nix, dass es sich ab jetzt was hat mit Planungen oder No-Gos. Kleine Kinder machen bekanntlich, wonach ihnen ist. Wenn sie um drei Uhr fünfzig nicht mehr schlafen wollen, dann ist das eben so. Wenn sie Angst vor Wasser haben, fällt Baden eben aus. Diskutieren zwecklos.
    Erst nach Monaten dürfen die Eltern mal vorsichtig versuchen, ihre eigenen Vorstellungen einzubringen. Im Großen und Ganzen geht es dann darum, die kindlichen Bedürfnisse den erwachsenen Notwendigkeiten anzupassen. Diesen Vorgang nennen sie dann Erziehung. Und dazu gehört unter anderem, »Aua!« zu rufen und streng zu gucken, wenn klein Alfons oder unsere süße Sophie sich rüpelhaft benehmen.
    Wie haben wir das eigentlich gemacht mit der Erziehung unserer Kinder? Hatten wir ein Konzept? Nö. Hatten wir als Eltern Streit über Erziehungsfragen? Eher nicht. Kann ich also meiner Tochter, die nun selbst ein Kind

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