Als unser Kunde tot umfiel
Zuerst wird die alte Beurteilung hervorgezaubert und dann überträgt man die gleichen Zahlen auf einen neuen Bogen. Da das Tagesgeschäft so unglaublich viel Zeit in Anspruch nimmt, hatte dieser Chef auch keine Zeit, sich das Jahr über Notizen anzufertigen, also fällt eine Begründung flach. Genauso gut könnte man auch einen Würfel nehmen und den Zufall die Ergebnisse bestimmen lassen. Sie wären wahrscheinlich gar nicht so viel anders.
„Deadline-Panik.“ Und plötzlich steht doch diese vermaledeite Beurteilung schon wieder an. Jedes Jahr im Juni kommt die überraschend um die Ecke. In der Nacht vor den ersten Gesprächen sitzt der Chef vor sich hinfluchend im Büro, denn auf den letzten Drücker versucht er noch Stärken und Schwächen den Mitarbeitern zuzuordnen. Unter Zeitdruck nicht gerade einfach, aber den Bewertungsprofi erkennt man ja daran, dass er auch aus dem Stegreif bewerten kann. Warum sollte ein gestandener Chef da mehr Vorbereitung brauchen als ein Preisrichter beim Eiskunstlauf für die Bewertung der Kür?
„Hörensagen.“ Also, Herr Meier hat mir gesagt, mit Ihnen stimmt was nicht. Auf diese Ansage kann der Mitarbeiter wahlweise mit Unglauben oder Rechtfertigung reagieren. Als echter Profi der Methode „Bewertung aufgrund von Kollegeninformationen“ wissen Sie natürlich, dass Sie jetzt am besten eine Konfrontation einleiten. Komisch, dass dieser renitente Mitarbeiter diese Form des 360°-Feedbacks ablehnt. Dabei sind doch die Kollegen viel näher dran als Sie, oder?
„Wenn Sie das so sagen.“ Die Führungskraft präsentiert ihre Einschätzung einer Leistung. Der Mitarbeiter reagiert wie üblich auf einen Angriff und verteidigt sich sofort. Beim ersten Gegenwind fällt der Chef um und reagiert verständnisvoll. Das hatte er ja gar nicht bedacht bei seiner Einschätzung, selbst wenn es so war, vermeidet er die Auseinandersetzung, um seine Ruhe zu haben. So wird die Bewertung besser und besser, bis nur noch Stärken übrig sind. Das nennt man wohl stärkenorientiertes Führen.
„Verdrängungsstrategie.“ Was, das sind die Stärken? Das kann ich nicht glauben, entfährt es so manchem Chef, wenn er die Ergebnisse einer Analyse sieht. Konsequent lehnt er die Ergebnisse ab und weigert sich, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen oder überhaupt zu diskutieren. Dass er damit eigentlich sich selbst ins Abseits spielt und seine Verantwortung nicht wahrnimmt, ist ihm dabei gar nicht klar – oder es interessiert ihn nicht. Schade um die investierte Zeit.
Die Lösungsfinder-Methode
Wenn Mitarbeiterbeurteilungen anstehen, weckt das die unterschiedlichsten Gefühle in Chefs.
Das vordergründigste Problem dabei ist häufig, dass man sich nicht genug Zeit für die Vorbereitung nimmt oder das ganze Thema so lange vor sich her schiebt, dass man in Zugzwang kommt. Die Beurteilung von Mitarbeitern und der Fokus auf die Entwicklung ist aber eine Ihrer wichtigsten Führungsaufgaben. Hier können Sie dicke Motivationssternchen für ihr Fleißheft verteilen oder Mitarbeiter mit einigen wenigen Worten in Nanosekunden nachhaltig demotivieren. Bedenken Sie, dass Mitarbeiter ein Recht auf eine Stärken- und Schwächenanalyse haben, um sich weiterzuentwickeln. Egal ob Ihnen ein Fragebogenschema vorgegeben wird oder Sie ganz selbständig an die Beurteilung herangehen, wir haben ein einfaches Modell für Sie entwickelt, mit dem Sie Beurteilungsgespräche locker angehen können:
Kontinuierlich dranbleiben. Mitarbeiterbeurteilung kann nie eine Momentaufnahme sein. Aber genau das passiert, wenn Sie sich nicht regelmäßig damit auseinandersetzen. Machen Sie sich immer dann Notizen, wenn Ihnen etwas auffällt. Das macht Ihnen die Gesprächsführung und Bewertung viel leichter, da Sie konkrete Beispiele anführen können. Nehmen Sie während des Jahres immer wieder einmal den Bewertungsbogen Ihres Mitarbeiters zur Hand und machen Sie sich Notizen mit einem Schlagwort, das Sie an eine spezielle Situation denken lässt. Dann kommt die Bewertung auch nicht so überraschend auf Sie zu, Sie sind dann fast immer schon gut vorbereitet.
Balance zwischen Stärken und Schwächen – tappen Sie nicht in die Falle, dass Sie die ganze zur Verfügung stehende Zeit auf die Schwächen Ihres Mitarbeiters verwenden. Schon im Alltag verwenden Chefs für Kritikgespräche wesentlich mehr Zeit als für Lob. Machen Sie diesen Fehler nicht auch noch im Bewertungsgespräch, legen Sie den Fokus auf die Stärken des Mitarbeiters und
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