Als wir eingeschneit waren
fällt es mir nicht so schwer.«
Papa bekam eine lange Liste von
Telegrammen und Telefongesprächen, die er besorgen sollte. Dann schrieb Mama
auch noch auf einen Zettel, welche Lebensmittel Papa einkaufen sollte. Papa und
ich zogen uns an und schnallten die Rucksäcke auf. Arne wollte auch mit. Er
bekam Ritvas Skisocken, Skistiefel und Skier geliehen. Arne war in diesen Tagen
mein kleiner Bruder geworden, und es war schon selbstverständlich, daß er
mitkam, wohin ich ging.
Aber Arne konnte nicht gut Ski
fahren. Ich fahre schon fast so gut wie Papa. Arne sauste hierhin und dorthin.
Zuerst lag er häufiger im Schnee, als er mit den Füßen auf den Brettern stand.
Doch nach einer Weile ging es schon besser. Natürlich war der Schnee sehr
locker, wir sanken ziemlich tief ein. Deswegen verließ Papa bald die
Landstraße, und wir fuhren durch den Wald. Dort lag der Schnee gleichmäßiger,
und es ging viel besser.
Es sah aus, als ob das ganze
Dorf schliefe. Keine Autos auf der Straße, kein Radfahrer. Wer irgend konnte,
saß jetzt drinnen am warmen Ofen. Wir liefen bis zu Eriksson, der hat hier die
Telefonstation.
»Na, es wird wohl eine gute
Stunde dauern, bis das alles erledigt ist, was ihr da aufgeschrieben habt«,
sagte Frau Eriksson zu Papa.
»Dann können Arne und ich
inzwischen ja unser Fräulein besuchen«, sagte ich.
Wir zogen los. Arne war ein
fixer Kerl, er fuhr schon richtig gut Ski. Wenn er nicht so viel geredet hätte,
wäre er noch besser gefahren. Ich war gespannt darauf, ob die Dorfkinder wohl
zur Schule gehen müßten. Aber vor dem Schuleingang sahen wir so viel Schnee
liegen, daß niemand hätte raus- oder reingehen können. Wir fuhren um das Haus
herum bis zur Treppe. Auch da lag sehr viel Schnee, aber ich fand einen Besen
und fegte die Treppe frei, und Arne holte eine Schaufel und half mit. Endlich
konnten wir die Tür aufmachen.
Drinnen war es dunkel und kalt.
Zuerst glaubte ich, es sei niemand im Hause. Dann hörten wir, daß sich jemand
im Wohnzimmer rührte. Wir gingen hinein. Ich ging voran. Arne griff nach meiner
Hand, und ich zog ihn hinter mir her. Im Schaukelstuhl saß das alte Fräulein.
Frau Bergmann hatte sich in große Wolldecken eingewickelt.
»Wer ist da?« fragte sie leise.
»Bist du es, Tiimo?«
»Ja, ich. Und Arne aus Mölle«,
sagte ich. »Wo ist Fräulein?«
Es dauerte eine Weile, bis das
alte Fräulein antwortete. Und als sie dann sprach, hörten wir, daß sie ein
bißchen weinte.
»Ich weiß es nicht, kleiner Tiimo«,
sagte sie. »Wenn ich es bloß wüßte! Sie wollte Agda nach Hause bringen, wegen
des hohen Schnees da draußen. Sie ist noch nicht wiedergekommen.«
Agda war damals mit Leena
zusammen in derselben Klasse. Sie war zwölf Jahre alt und wohnte ein ganzes
Stück drinnen im Wald. Wenn man zu ihr wollte, kam man ganz dicht an der Hütte
vorbei, die Ritva und ich uns gebaut hatten.
»Aber Fräulein ist sicher bei
Agdas Eltern geblieben«, sagte ich. »Jetzt liegt der Schnee doch noch viel
höher.«
»Ich habe versucht, dort
anzurufen. Aber deren Telefon ist wohl gestört«, sagte das alte Fräulein.
»Unser Telefon geht auch
nicht.«
Wenn ein Baum auf die Leitungen
gestürzt war, dann mußte auch Agdas Telefon entzwei sein.
»Ja, dieses böse Wetter«, sagte
das alte Fräulein und seufzte tief. »Und dann ist das Feuerholz alle. Ich wage
mich nicht nach draußen, um Holz aus dem Schuppen zu holen. Ein bißchen habe
ich in den Klassenzimmern geheizt, aber dann war das Holz auch da schon alle.
Es ist genug Holz im Holzschuppen, aber ich wage mich nicht raus in den Schnee.
Ich fürchte, daß ich hinfalle und liegenbleibe.«
Das alte Fräulein schüttelte
traurig den Kopf. Dann strich sie sich mit der Hand über die Augen. Arne fing
an zu schluchzen. Ich begriff, daß ich etwas tun mußte.
»Arne und ich werden Ihnen Holz
holen«, sagte ich zu der alten Frau Bergmann. »Papa kommt doch noch nicht. Und
wenn wir das Holz reingebracht haben, können wir auf dem Heimweg bei Agda
vorbeifahren und Fräulein Bescheid sagen, daß zu Hause alles in Ordnung ist und
daß sie genauso gut bei Agda bleiben kann, bis der Schneesturm vorbei ist.
Sonst verirrt sie sich vielleicht.«
Bevor das alte Fräulein
antworten konnte, waren wir schon draußen. Wir schnallten unsere Skier an, denn
auf dem Schulhof lag so viel Schnee, daß wir keinen Schritt hätten gehen
können. Am schwersten war es, die Tür zum Holzschuppen aufzumachen. Aber es
ging.
»Alles geht«, sagt Arnes
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