Ein Sixpack zum Verlieben (German Edition)
Kapitel 1
Laura schleicht aus dem Schlafzimmer, um die Gunst der frühen Stunde zu nutzen. Es war ohnehin eine unruhige Nacht. Manfred hatte am Abend mit der Zwergin Fußball geschaut und sich im Eifer des virtuellen Torschießens zur Stärkung einige Biere zu viel hinter die Binde gekippt. Infolgedessen hatte er sein Sägewerk angestellt, bevor Laura Gelegenheit hatte, vor ihm einzuschlafen. Dementsprechend gerädert fühlt sie sich jetzt, aber in Anbetracht des bevorstehenden Highlights des Tages kehren ihre Lebensgeister schlagartig zurück.
Sie begibt sich in ihr persönliches Reich, einer Mischung aus Nähzimmer, Büro und Versteck-dich-vor-der- Zwergin -Höhle. Besonders das rote, samtbezogene Sofa mit den zahlreichen Kissen unter der hölzernen Dachschräge lädt zum Lesen ein, vor allem aber zum stundenlangen Quatschen mit ihrer besten Freundin Kerstin. Glücklicherweise verfügt der Raum über eine eigene Telefonanlage, sodass ihr niemand den Apparat streitig machen kann. Vor der Dachgaube steht ein großer Tisch, auf dem die Nähmaschine Platz hat und die Dirndl zugeschnitten werden, die Laura für den örtlichen Trachtenverein ändert oder neu anfertigt. Neben einem vollgestopften Bücherregal, das noch viele Jungmädchenbücher enthält, stechen zwei nebeneinander hängende Uhren an der Wand über dem Sofa ins Auge. Die linke mit einem grünen Ziffernblatt zeigt die lokale Uhrzeit und die rechte im gelben Design die Zeit von dem jeweiligen Ort auf der Welt an, in dem Kerstin gerade als Eventmanagerin arbeitet.
In Singapur ist es jetzt exakt sechs Stunden später als in Bad Hollerbach; also früher Mittag, ideal, um Kerstin anzurufen. Laura wickelt sich in eine Baumwolldecke ein, die immer bereitliegt, und macht es sich auf dem Sofa bequem.
Ein Druck auf die eingespeicherte Handynummer reicht, um kurz darauf die vertraute Stimme der Freundin zu hören: „Hey Süße, leg auf, ich rufe dich sofort zurück!“ Kerstin kann mit ihrem Firmenhandy glücklicherweise kostenlos rund um den Globus so viel telefonieren, wie sie möchte.
Wenige Sekunden später meldet sie sich: „Schon so früh auf den Beinen? Bei euch dürfte doch gerade mal der Hahn krähen.“
„Was heißt hier schon? In einer guten Stunde hält der allmorgendliche Wahnsinn in diesem Haus Einzug, wenn ich bei Wünsch dir was alle Frühstücksbedürfnisse befriedigen darf.“
„Du willst mir jetzt nicht allen Ernstes verklickern, dass du der Zwergin immer noch jeden Morgen einen Krapfen mit Spiegelei servierst?“ Kerstin kann nicht sehen, wie Laura bei ihrer Antwort das Gesicht vor Ekel verzieht:
„Mich würgt es jedes Mal im Hals, wenn ich das labbrige Ei auf den Krapfen fließen lasse.“
„Dir ist wirklich nicht zu helfen. Lass die Alte sich ihre abartigen Vorlieben doch selbst zubereiten!“
„Du ahnst nicht, wie oft ich das schon versucht habe. Was macht die Starrköpfige? Grinst mich scheinheilig an und behauptet kackfrech, ich hätte es im Laufe der Jahre fast zur Perfektion mit dem Eigelb geschafft. Welch ein Glück, dass Manfred diese Leidenschaft nicht von seiner Mutter geerbt hat! Ihm sträuben sich auch die Nackenhaare, aber er schweigt dazu.“
Statt einer Reaktion hört Laura ein wohliges Stöhnen am anderen Ende der Leitung. „Was geht denn bei dir ab? Warum sagst du nicht, dass ich störe?“
„ Aaa , tut das gut! Nein, du störst überhaupt nicht. Ich liege nur bäuchlings im Sand von Sentosa Island und lasse mir eine Massage verpassen.“
„Sentosa? Ich denke, du bist in Singapur.“
„Bin ich ja auch. Sentosa ist eine kleine, vorgelagerte Insel und das Naherholungsgebiet der malaiischen Einwohner. Viele kommen in der Mittagspause zum Relaxen hierher. Die Sonne knallt auf meinen mit Kokosnussmilch eingeschmierten Astralkörper, mein Blick schweift über das Südchinesische Meer, und ein Beachboy löst meine Verspannungen. Willst du mehr hören?“
„Hast du ein Leben! Da werde ich ganz neidisch. Können wir nicht mal für einige Wochen tauschen? Du schwingst die Pfanne für die Zwergin , Manfred und Max, und ich suche auf der ganzen Welt die Locations für deine Boygroups aus.“
„Für deinen Mann und deinen netten Sohn würde ich das ja machen, aber deine Schwiegermutter würde ich das Fürchten lehren. Bei mir gäbe es keine Extrawürste.“
Laura seufzt: „Vielleicht würde sie mir anschließend aus der Hand fressen, und ein Tapetenwechsel täte mir auch mal gut.“
In diesem Moment hört
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