Also sprach Zarathustra
und Krankheit sein!
Siehe, wir wissen, was du lehrst: dass alle Dinge ewig wiederkehren und wir selber mit, und dass wir schon ewige Male dagewesen sind, und alle Dinge mit uns.
Du lehrst, dass es ein grosses Jahr des Werdens giebt, ein Ungeheuer von grossem Jahre: das muss sich, einer Sanduhr gleich, immer wieder von Neuem umdrehn, damit es von Neuem ablaufe und auslaufe: -
- so dass alle diese Jahre sich selber gleich sind, im Grössten und auch im Kleinsten, - so dass wir selber in jedem grossen Jahre uns selber gleich sind, im Grössten und auch im Kleinsten.
Und wenn du jetzt sterben wolltest, oh Zarathustra: siehe, wir wissen auch, wie du da zu dir sprechen würdest: - aber deine Thiere bitten dich, dass du noch nicht sterbest!
Du würdest sprechen und ohne Zittern, vielmehr aufathmend vor Seligkeit: denn eine grosse Schwere und Schwüle wäre von dir genommen, du Geduldigster! -
`Nun sterbe und schwinde ich, würdest du sprechen, und im Nu bin ich ein Nichts. Die Seelen sind so sterblich wie die Leiber.
Aber der Knoten von Ursachen kehrt wieder, in den ich verschlungen bin, - der wird mich wieder schaffen! Ich selber gehöre zu den Ursachen der ewigen Wiederkunft.
Ich komme wieder, mit dieser Sonne, mit dieser Erde, mit diesem Adler, mit dieser Schlange - nicht zu einem neuen Leben oder besseren Leben oder ähnlichen Leben:
- ich komme ewig wieder zu diesem gleichen und selbigen Leben, im Grössten und auch im Kleinsten, dass ich wieder aller Dinge ewige Wiederkunft lehre, -
- dass ich wieder das Wort spreche vom grossen Erden- und Menschen-Mittage, dass -ich wieder den Menschen den Übermenschen künde.
Ich sprach mein Wort, ich zerbreche an meinem Wort: so will es mein ewiges Loos -, als Verkündiger gehe ich zu Grunde!
Die Stunde kam nun, dass der Untergehende sich selber segnet. Also endet Zarathustra's Untergang.`" - -
Als die Thiere diese Worte gesprochen hatten, schwiegen sie und warteten, dass Zarathustra Etwas zu ihnen sagen werde: aber Zarathustra hörte nicht, dass sie schwiegen. Vielmehr lag er still, mit geschlossenen Augen, einem Schlafenden ähnlich, ob er schon nicht schlief: denn er unterredete sich eben mit seiner Seele. Die Schlange aber und der Adler, als sie ihn solchermaassen schweigsam fanden, ehrten die grosse Stille um ihn und machten sich behutsam davon.
Von der grossen Sehnsucht
Oh meine Seele, ich lehrte dich "Heute" sagen wie "Einst" und "Ehemals" und über alles Hier und Da und Dort deinen Reigen hinweg tanzen.
Oh meine Seele, ich erlöste dich von allen Winkeln, ich kehrte Staub, Spinnen und Zwielicht von dir ab.
Oh meine Seele, ich wusch die kleine Scham und die Winkel-Tugend von dir ab und überredete dich, nackt vor den Augen der Sonne zu stehn.
Mit dem Sturme, welcher "Geist" heisst, blies ich über deine wogende See; alle Wolken blies ich davon, ich erwürgte selbst die Würgerin, die "Sünde" heisst.
Oh meine Seele, ich gab dir das Recht, Nein zu sagen wie der Sturm und Ja zu sagen wie offner Himmel Ja sagt: still wie Licht stehst du und gehst du nun durch verneinende Stürme.
Oh meine Seele, ich gab dir die Freiheit zurück über Erschaffnes und
Unerschaffnes: und wer kennt, wie du sie kennst, die Wollust des
Zukünftigen?
Oh meine Seele, ich lehrte dich das Verachten, das nicht wie ein Wurmfrass kommt, das grosse, das liebende Verachten, welches am meisten liebt, wo es am meisten verachtet.
Oh meine Seele, ich lehrte dich so überreden, dass du zu dir die Gründe selber überredest: der Sonne gleich, die das Meer noch zu seiner Höhe überredet.
Oh meine Seele, ich nahm von dir alles Gehorchen Kniebeugen und
Herr-Sagen; ich gab dir selber den Namen "Wende der Noth" und
"Schicksal".
Oh meine Seele, ich gab dir neue Namen und bunte Spielwerke, ich hiess dich "Schicksal" und "Umfang der Umfänge" und "Nabelschnur der Zeit" und "azurne Glocke".
Oh meine Seele, deinem Erdreich gab ich alle Weisheit zu trinken, alle neuen Weine und auch alle unvordenklich alten starken Weine der Weisheit.
Oh meine Seele, jede Sonne goss ich auf dich und jede Nacht und jedes Schweigen und jede Sehnsucht: - da wuchsest du mir auf wie ein Weinstock.
Oh meine Seele, überreich und schwer stehst du nun da, ein Weinstock mit schwellenden Eutern und gedrängten braunen Gold-Weintrauben: -
- gedrängt und gedrückt von deinem Glücke, wartend vor Überflusse und schamhaft noch ob deines Wartens.
Oh meine Seele, es giebt nun nirgends eine Seele, die liebender wäre und
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