Alta moda
unterwegs zu einem Discountladen in San Frediano, um einen Kühlschrank zu kaufen. Der alte würde es nicht mehr lange machen, und sie hatten beschlossen, ihn lieber jetzt zu ersetzen, als zu riskieren, daß er im Ferienmonat August seinen Geist aufgab, wenn man ihn am nötigsten brauchen, aber garantiert keinen neuen kriegen würde.
Der Maresciallo entdeckte die Hochzeitsgesellschaft vor der Kirche als erster. Er habe eine sentimentale Schwäche für Hochzeiten, behauptete Teresa, die über die viel zu extravaganten Brautkleider, die jetzt Mode waren, und über die sündhaft teuren, protzigen Bankette nur die Nase rümpfte.
»Aber zu Herzen geht einem so ein Bild eben doch«, sagte er, wie jedesmal. »Und das ist wirklich eine reizende Braut, guck doch nur.«
Teresa warf einen Blick auf die Braut und sagte: »Das ist ja die kleine Brunamonti.«
»Nein!«
»Doch.« Sie war es. »Sieht wirklich reizend aus. Weiß steht ihr.«
»Maresciallo, welche Freude, Sie wiederzusehen!« Die Contessa Cavicchioli Zelli löste sich aus der Festgesellschaft und kam lächelnd, atemund hundelos auf sie zugeeilt.
Der Maresciallo stellte seine Frau vor. »Das«, sagte er anschließend zu Teresa, »ist die Dame mit den vielen Hunden, ich hab dir von ihr erzählt, erinnerst du dich?« Er hatte die Contessa gar nicht gleich erkannt, so hübsch angezogen wie sie war; nur die grauen Haarsträhnen quollen zerzaust wie eh und je unter ihrem hocheleganten Hut hervor. Man unterhielt sich ein Weilchen, und die Contessa setzte den Maresciallo über die neuesten Entwicklungen in der Familie Brunamonti ins Bild. Olivia und Leo würden beide, wie sie es ausdrückte, den Ölzweig schwingen, hätten sich aber bisher noch nicht richtig ausgesöhnt.
»Wenigstens hat Olivia jetzt ihre abscheuliche Tochter unter der Haube, auch wenn sie Caterina damit nicht los wird. Diese Krake kriegt man nicht mehr weg aus dem Palazzo Brunamonti, die versucht höchstens, Olivia rauszudrängen. Und beim Atelier hat sie’s schon geschafft, haben Sie gesehen? Das ist jetzt in Erdgeschoß und erstem Stock auf der anderen Seite von Giorgios Lokal einquartiert, wo ein paar Geschäftsräume frei wurden. Das war wieder typisch Olivia. Leicht ist ihr der Umzug nicht gefallen, aber sie dachte, es sei eine Chance für sie und Leo, einander wieder näherzukommen, wenn sie ihn mit Umbau und Einrichtung des neuen Ateliers betraut. Sobald man wieder miteinander arbeite, hoffte sie, würde sich die Spannung lösen, und das alte kameradschaftliche Verhältnis würde sich von ganz allein wieder einstellen.«
»Und, hat es geklappt? Ich finde die Idee ganz gut.«
»Die Idee war auch gut, aber geklappt hat’s trotzdem nicht, weil Leo kurz zuvor beschlossen hatte, zu seiner Freundin in die Schweiz zu ziehen – in der Hoffnung, seine Mutter und Caterina würden sich besser verstehen, wenn er als Eifersuchtsgrund aus dem Weg wäre, und weil er dachte, Olivia könne sich in seiner Abwesenheit eher entschließen, Patrick zu heiraten. Der arme Kerl tut mir wirklich leid. Aber jetzt hat er das Handtuch geworfen und ist abgereist. Fazit: Olivia mußte den Umzug allein bewerkstelligen, was ihre Depressionen ebenso verstärkte wie seine Schuldgefühle. Ansonsten ist nichts weiter dabei herausgekommen, als daß Olivia sich, wie immer, übernimmt und daß die Giftnatter im Engelsgewand dort drüben wieder mal ihren Kopf durchgesetzt hat. Aber gut, Olivias Modenschauen inszeniert Leo auch weiterhin, und so werden sie ihr Problem eines Tages vielleicht doch noch lösen und wieder zusammenfinden. Aber nun sagen Sie: Wie finden Sie den Bräutigam? Der da drüben ist es, der kleinwüchsige Feuerkopf.«
»Das kann doch nicht…«
»O doch! Halb so groß wie sie und doppelt so alt. Arm wie eine Kirchenmaus, aber ein fürchterlicher Snob, der sie nur wegen ihres Namens heiratet. Als Mensch ist er eine absolute Niete.«
»Sie sieht das offenbar anders.«
»Kunststück, der Kerl ist Fotograf bei irgendeinem Käseblatt. Caterina hat ihn damals bei einem von Olivias Presseterminen aufgegabelt. Er war der einzige, der immer nur sie geknipst hat, während alle anderen sich um Olivia drängten. Genau so hat sie sich ihre Hochzeit vorgestellt: rausgeputzt wie eine Prinzessin – und sie sieht umwerfend aus, das muß man ihr lassen –, unangefochtener Mittelpunkt und als Morgengabe ein ständiger Hoffotograf, exklusiv für sie. Ich geb dieser Ehe nicht mal ein Jahr. Aber haben Sie Olivia gesehen?
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