Alte Meister: Komödie (German Edition)

eineMethode, sagte er gestern, während ich ihn jetzt, einen Tag später also, von der Seite betrachtete und dahinter den Irrsigler, der einen Augenblick in den Sebastiano-Saal hereingeschaut hatte, ohne von mir Notiz zu nehmen, während ich also noch immer Reger beobachtete, der noch immer den Weißbärtigen Mann von Tintoretto betrachtete, es ist ja auch eine Methode, sagte er, alles zur Karikatur zu machen. Ein großes bedeutendes Bild, sagte er, halten wir nur dann aus, wenn wir es zur Karikatur gemacht haben, einen großen Menschen, eine sogenannte bedeutende Persönlichkeit, wir ertragen den einen nicht als großen Menschen, die andere nicht als bedeutende Persönlichkeit, sagte er, wir müssen sie karikieren. Wenn wir längere Zeit ein Bild betrachten und ist es das ernsthafteste, wir müssen es zur Karikatur gemacht haben, sagte er, um es auszuhalten, also auch die Eltern zur Karikatur, die Vorgesetzten, so wir welche haben, zur Karikatur, die ganze Welt zur Karikatur, sagte er. Schauen Sie längere Zeit das Selbstbildnis von Rembrandt an, gleich welches, es wird Ihnen ganz sicher mit der Zeit zur Karikatur und Sie wenden sich ab. Schauen Sie längere Zeit in das Gesicht Ihres Vaters, er wird Ihnen zur Karikatur und Sie wenden sich ab von ihm. Lesen Sie Kant eindringlich und immer noch eindringlicher und Sie werden plötzlich einen Lachkrampf bekommen, sagte er. Jedes Original ist ja eigentlich an sich schon eine Fälschung, sagte er, Sie verstehen doch, was ich meine. Natürlich gibt es Erscheinungen in der Welt, in der Natur, wie Sie wollen, die wir nicht lächerlich machen können , aber in der Kunst kann alles lächerlich gemacht werden, jeder Mensch kann lächerlich und zur Karikatur gemacht werden, wenn wir wollen, wenn wir es notwendig haben, sagte er. Wenn wir in der Lage sind, lächerlich zu machen, immer sind wir nicht in der Lage, dann holt uns die Verzweiflung und danach der Teufel, sagte er. Gleich welches Kunstwerk, es kann lächerlich gemacht werden, sagte er, es kommt Ihnen groß daher und Sie machen es von einem Augenblick auf den andernlächerlich, wie einen Menschen auch, den Sie lächerlich machen müssen, weil Sie nicht anders können. Aber die meisten Menschen sind ja lächerlich und die meisten Kunstwerke sind ja lächerlich, sagte Reger, und Sie ersparen sich das Lächerlichmachen und die Karikatur. Die meisten Menschen sind aber zum Karikieren unfähig, sie betrachten alles bis ans Ende mit ihrem fürchterlichen Ernst, sagte er, sie kommen gar nicht auf die Idee einer Karikatur, sagte er. Sie gehen auf eine Papstaudienz, sagte er, und nehmen den Papst und die Audienz ernst und zwar auf lebenslänglich; lächerlich, lauter Karikaturen füllen die Papstgeschichte, sagte er. Natürlich ist Sankt Peter groß, sagte er, aber es ist doch lächerlich. Gehen Sie doch in Sankt Peter hinein und machen Sie sich vollkommen frei von den Hunderten und Tausenden und Millionen von katholischen Geschichtslügen, Sie brauchen gar nicht lange zu warten und ganz Sankt Peter wird Ihnen lächerlich. Gehen Sie auf eine Privataudienz und erwarten Sie den Papst, noch bevor er kommt, kommt er Ihnen lächerlich vor und er ist ja auch lächerlich, wenn er auftritt in seiner weiß verkitschten Reinseidenrobe. Sie können sich umschauen, wo Sie wollen, im Vatikan ist alles lächerlich; wenn Sie sich frei gemacht haben von den katholischen Geschichtslügen und von der katholischen Geschichtssentimentalität, von der katholischen Weltgeschichtsbetulichkeit, sagte Reger. Wissen Sie, der katholische Papst sitzt als geschminkte gefinkelte Weltreisepuppe unter seiner kugelsicheren Glasglocke, umgeben von seinen geschminkten und gefinkelten Ober- und Unterpuppen, wie abstoßend lächerlich. Sprechen Sie mit einem unserer letzten lamentierenden Könige, wie lächerlich, mit einem unserer bornierten Kommunistenführer, wie lächerlich. Gehen Sie auf den Neujahrsempfang unseres redseligen, alles und jedes mit seinem senilen Staatsvatergefasel zerredenden Bundespräsidenten, es wird Ihnen übel vor Lächerlichkeit. Die Kapuzinergruft, die Hofburg, was für unappetitliche Lächerlichkeiten, sagte er. Gehen Sie in dieMalteserkirche und schauen Sie sich die Malteser an, die da in ihren schwarzen Malteserroben ihre weißen, pseudoaristokratischen Dummköpfe glitzern lassen unter den Kirchenlampen, Sie empfinden dabei nichts als Lächerlichkeit. Gehen Sie in einen Vortrag des katholischen Kardinals, wohnen Sie einer Inauguration