Altenberger Requiem
tun haben?«, fragte ich.
»Sie kennen ihn?«
»Er ist ein alter Kumpel von Reinhold Hackenberg, dem Verdächtigen. Sie haben eine gemeinsame kriminelle Vergangenheit. Ich denke, Klara Hackenberg hat etwas über die Machenschaften herausgefunden, die Matze belasten könnten, und deswegen hat ihr Sohn …«
»Genau der ist es«, rief Frau Weißenburg. »Dieser Büchel hat meinen Mann auf dem Gewissen! Siegfried hat mit ihm zusammengearbeitet. Er hat das hier angerichtet … Ich habe einen Beweis. Wir müssen die Polizei…«
»Einen Beweis? Zeigen Sie ihn mir. Wo ist er?«
»In meinem Auto. Ein Leihwagen, den auch mein Mann während unseres Aufenthaltes in Köln benutzt hat.«
»Steht das Auto in der Tiefgarage?«
»Ja. Also wie gesagt: Dieser Matze scheint für meinen Mann gearbeitet zu haben.«
»Aber er war in Portugal, als Klara Hackenberg ermordet wurde.«
»Davon weiß ich nichts. Er sollte für meinen Mann irgendwelche Dokumente besorgen. Ich weiß nicht, worum genau es ging …«
Plötzlich wurde mir etwas klar. Wonne offenbar auch. »Der Überfall«, sagte sie, und ich versuchte, sie mit einem raschen Blick zum Schweigen zu bringen.
»Was für ein Überfall?«, fragte Hermine Weißenburg.
Ich blockte ab. »Zeigen Sie mir, was in Ihrem Auto liegt.«
Wir erreichten den Aufzug. Es schien endlos lange zu dauern, bis die Kabine kam. Sie öffnete sich und war zum Glück leer.
Ich drückte die Taste »K«, und wir hatten wieder Glück: Wir fuhren ohne Halt an der Rezeption bis zum Untergeschoss durch.
Ein gelb gestrichener, neonbeleuchteter Gang führte zu den Parkplätzen. Hermine Weißenburg blieb vor einem silberfarbenen Ford stehen, kramte in ihrer Tasche und holte den Schlüssel hervor. Ein kurzes Aufleuchten der Blinklichter, und der Wagen war offen.
»Hier«, sagte sie und zeigte mir eine Klarsichthülle, in der ein Stapel weißer Blätter steckte. »Da steht es: Matthias Büchel - daneben eine Telefonnummer. Sie sehen, ich hatte recht. Wahrscheinlich hat mein Mann Klara Hackenberg tatsächlich ermordet. Weil sie darauf gekommen ist, was mit Gabriele Scherf geschah. Um dann die letzten Spuren zu verwischen, hat er Matthias Büchel engagiert. Und der hat ihn dann umgebracht. Vielleicht hatten sie Ärger wegen der Bezahlung. Mein Mann hat schon immer hart verhandelt, wissen Sie …«
Moment, Moment, dachte ich. Nicht so schnell. Was tischte sie mir hier auf? Gut, ihr Mann war der Böse. Das wusste ich schon. Und Matze steckte mit ihm unter einer Decke. Aber warum hätte Matze Mathisen umbringen sollen?
Sie grinste mich an, und in mir wuchs der Zorn. Diese Frau wusste noch mehr. Ganz sicher.
Ich zog die Pistole. »Steigen Sie ins Auto«, sagte ich.
Sie versteinerte. »Aber Herr Rott - warum …«
»Reden Sie nicht, sondern steigen Sie ein.« Sie wollte sich auf den Fahrersitz setzen. »Hinten«, sagte ich. »Wonne, nimm den Schlüssel. Du fährst.«
»Remi, ich versteh das nicht… Wir müssen doch jetzt…«
»Tu, was ich sage.«
Wonne nahm Hermine Weißenburg, die kopfschüttelnd auf dem Rücksitz Platz nahm, den Schlüssel ab.
»Bist du sicher, dass du das Richtige tust?«, fragte sie mich.
»Absolut.«
Ich setzte mich ebenfalls nach hinten, die Waffe permanent auf Hermine Weißenburg gerichtet.
»Fahr los.«
»Und wohin?«
»A3, dann auf die A1. Ins Bergische. Den Rest sage ich dir dann.«
Wonne schlug die Tür zu und ließ den Motor an. Hermine Weißenburg wirkte plötzlich um Jahre gealtert. Sie saß regungslos da und starrte vor sich hin.
Wir erreichten das Rolltor, vor dem eine Kette von der Decke hing. Wonne öffnete das Seitenfenster, zog, und gemächlich wanderte das Gitter nach oben.
Als der Wagen anruckte, kam plötzlich Leben in Hermine Weißenburg. Sie riss an der Tür.
»Ich will hier raus. Sofort. Ich will zur Polizei. Ich zeige Sie an.«
Ich packte sie. »Vergessen Sie es.«
»Sie machen einen schweren Fehler, Herr Rott. Das ist Freiheitsberaubung.«
Im Innenspiegel sah ich Wonnes Augen. Sie warf mir einen fragenden Blick zu. Es tat mir in der Seele weh, ihre Verwirrung zu sehen, aber ich konnte momentan keine großen Erklärungen abgeben.
»Ich will es jetzt endlich wissen«, sagte ich nur. »Wir fahren dahin, wo alles angefangen hat.«
25. Kapitel
Georgi hatte mir nur erklärt, wo auf der Wanderkarte die Knochenmühle zu finden war. Eine Fahrtbeschreibung hatte ich nicht. Die Karte war in Wonnes Auto. So kratzte ich meine ganze Erinnerung zusammen, um
Weitere Kostenlose Bücher