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Alter Adel rostet nicht

Alter Adel rostet nicht

Titel: Alter Adel rostet nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. G. Wodehouse
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genauso. Catsmeat Potter-Pirbright hat mal von seinem Tisch in der hintersten Ecke mit sechs Brötchen nach der Wildpastete geworfen und sechsmal getroffen.«
    »Das war für den armen Tom das Verhängnis. Der Art, wie Bassett den Hummer anpries, hätte er vielleicht noch widerstehen können, aber der Anblick dieses Viechs war zuviel für ihn. Er wurde schwach und langte zu wie ein ausgehungerter Eskimo, und um sechs Uhr rief der Portier des Clubs an und bat mich, einen Wagen vorbeizuschicken, um die kläglichen Überreste von Tom abzuholen, den ein Page zusammengekrümmt und stöhnend in einem Winkel des Lesezimmers gefunden hatte. Eine halbe Stunde später traf er dann ein und bat wimmernd um ein Glas Wasser mit Natron. Natron!« rief Tante Dahlia mit einem bitteren, freudlosen Lachen. »Dieser Optimist! Zwei Ärzte mußten schließlich her, um ihm den Magen auszupumpen.«
    »Und in der Zwischenzeit …«, sagte ich, denn mir schwante, was die Pointe der Geschichte war.
    »Und in der Zwischenzeit ist dieser miese Bassett natürlich hingeflitzt und hat sich das Sahnekännchen unter den Nagel gerissen. Der Antiquitätenhändler hatte Tom versprochen, ihm das Kännchen bis drei Uhr zu reservieren, und als er um drei noch nicht aufgetaucht war und statt dessen ein anderer Kunde das Ding unbedingt haben wollte, hat er’s halt verscherbelt. So sieht’s also aus. Bassett besitzt jetzt das Sahnekännchen, und heute abend hat er es nach Totleigh Towers geschafft.«
    Das war natürlich ein Schlag ins Kontor und bestätigte nur meinen früheren Eindruck von diesem Bassett, daß nämlich ein Richter, der einem fünf Pfund abknöpft, wenn eine Verwarnung mehr als ausreichend gewesen wäre, vor nichts zurückschreckt. Trotzdem war mir schleierhaft, was sie dagegen unternehmen wollte. In so einer Situation konnte man doch im Grunde nur ohnmächtig die Fäuste ballen, stumm die Augen himmelwärts rollen und im übrigen versuchen, ein neues Kapitel anzufangen und alles zu vergessen. Ich sagte ihr das, während ich mir eine Scheibe Toast mit Marmelade bestrich.
    Einen Augenblick sah sie mich wortlos an.
    »Ach! Also so denkst du darüber!«
    »Ja.«
    »Aber du mußt doch zugeben, daß eigentlich Tom Anspruch auf dieses Sahnekännchen hat, wenn man die Sache vom moralischen Standpunkt betrachtet.«
    »Selbstredend.«
    »Und trotzdem würdest du diese finsteren Machenschaften hinnehmen, ohne einen Finger zu rühren? Du würdest zulassen, daß dieser Strauchdieb sich mit der Beute aus dem Staub macht? Wir haben es hier mit dem dreistesten Trickdiebstahl zu tun, der je in einem zivilisierten Land verübt wurde, und da willst du Däumchen drehend dasitzen, höchstens mal ›Na so was!‹ sagen und ansonsten gar nichts tun?«
    Ich dachte darüber nach.
    »Vielleicht nicht einfach ›Na so was!‹. In diesem Fall wären sicherlich energischere Worte angebracht. Aber unternehmen würde ich nichts.«
    »Na, dann werde ich eben was unternehmen! Ich werde ihm das verdammte Ding klauen.«
    Entgeistert starrte ich sie an. Mir kamen zwar keine Worte des Tadels über die Lippen, aber in meinem Blick lag ein strenges »Na, na!«. Auch wenn hier schweres Unrecht geschehen war – solche rabiaten Formen der Selbstjustiz konnte ich einfach nicht gutheißen. Schon wollte ich an ihr schlummerndes Gewissen appellieren und sie fragen, was denn wohl ihre alten Jagdgenossen von solchen Methoden halten würden, da fuhr sie fort und sagte: »Genauer gesagt: du wirst das tun!«
    Eben erst hatte ich mir eine Zigarette angesteckt, und wenn es stimmt, was immer in den Anzeigen steht, dann hätte ich bei diesen Worten ganz ruhig und entspannt bleiben müssen. Aber wahrscheinlich hatte ich die falsche Zigarettenmarke erwischt, denn ich schoß von meinem Sessel hoch, als hätte jemand eine Schusterahle durch das Polster gerammt.
    »Wer? Ich?«
    »Ja, du. Es spricht doch alles dafür. Du fährst sowieso nach Totleigh. Dort werden sich dir Tausende von prächtigen Gelegenheiten bieten, das Ding zu angeln …«
    »Aber hör mal …!«
    »…. und ich muß es unbedingt haben, sonst gibt mir Tom nie im Leben das Geld für diese Pomona-Grindle-Serie. Nur so kann ich ihn in die richtige Stimmung versetzen. Und gestern habe ich mit dieser Literateuse einen Vertrag gemacht, in dem ihr ein horrendes Honorar zugesagt wird, von dem die erste Hälfte heute in einer Woche fällig ist. Also tummle dich, mein Junge. Ich verstehe gar nicht, daß du wegen so was soviel Aufhebens

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