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Alter Adel rostet nicht

Alter Adel rostet nicht

Titel: Alter Adel rostet nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. G. Wodehouse
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Sahnekännchen zu mopsen, woher soll ich denn die Zeit dafür nehmen? So was kann man schließlich nicht mir nichts, dir nichts im Vorübergehen erledigen. Das will bedacht, geplant und ausgeheckt sein. Und dabei benötige ich doch schon meinen ganzen Grips für diese Angelegenheit mit Gussie.«
    »In der Tat, Sir. Die Problematik ist unverkennbar.«
    »Aber damit noch nicht genug. Da wäre obendrein dieses Telegramm von Stiffy. Sie erinnern sich doch an das dritte Telegramm, das heute früh eintraf. Es war von Miss Stephanie Byng, Miss Bassetts Cousine, die auch in Totleigh Towers wohnt. Sie sind ihr schon begegnet. Vor ein oder zwei Wochen war sie mal bei uns zum Essen. Zierliches Mädchen, zum Anbeißen hübsch.«
    »Gewiß, Sir. Ich erinnere mich gut an Miss Byng. Sie ist eine charmante junge Dame.«
    »Stimmt. Aber ich möchte wissen, was das für ein Gefallen ist, den ich ihr tun soll. Die Frage ist doch berechtigt. Wahrscheinlich handelt es sich um etwas völlig Ungenießbares. Das wäre also noch ein Grund, weshalb ich mir Sorgen mache. Mein Gott, was für ein Leben!«
    »Jawohl, Sir.«
    »Aber was soll’s. Ohren steif und durch, was, Jeeves?«
    »Ganz recht, Sir.«
    Während unseres Gedankenaustauschs hatte der Zweisitzer ein ganz flottes Tempo vorgelegt, und es war mir nicht entgangen, daß die Inschrift auf einem Wegweiser, an dem wir vor kurzem vorbeigekommen waren, besagt hatte, daß es nach Totleigh-in-the-Wold nur noch acht Meilen seien. Kurz darauf schimmerte durch die Bäume vor uns ein stattliches Herrenhaus.
    Ich trat auf die Bremse.
    »Sind wir an der Endstation, Jeeves?«
    »Alle Anzeichen sprechen dafür, Sir.«
    Und er behielt recht. Nachdem wir in den Zufahrtsweg eingebogen waren und vor dem Hauptportal haltgemacht hatten, teilte uns der zum Haus gehörige Butler mit, daß dies tatsächlich der Ort sei, an dem Sir Watkyn Bassett hauste.
    »Die schönen Tage in Aranjuez sind nun zu Ende, Sir«, raunte Jeeves mir zu, als wir ausstiegen, aber es war mir schleierhaft, was er damit meinte. Ich antwortete ihm mit einem kurzen »Ah, hm« und schenkte dann meine Aufmerksamkeit dem Butler, der mir anscheinend etwas mitzuteilen heischte.
    Seine Botschaft lautete, wie sich nun herausstellte, daß ich mir einen ungünstigen Zeitpunkt ausgesucht hätte, um mit den Hausbewohnern Kontakt aufzunehmen. Sir Watkyn sei, so erklärte er, ein bißchen Luft schnappen gegangen.
    »Er wird sicherlich mit Mr. Roderick Spode einen Spaziergang im Park machen.«
    Ich zuckte zusammen. Seit dem Zwischenfall im Antiquitätenladen war mir der Name Roderick, wie Sie sich denken können, tief ins Gedächtnis gegraben.
    »Roderick Spode? Groß, mit einem Schnurrbart und einem Blick, mit dem er Austern auf sechzig Schritt Entfernung knacken kann?«
    »Jawohl Sir. Er kam gestern zusammen mit Sir Watkyn aus London. Kurz nach dem Mittagessen sind sie ausgegangen. Miss Madeline ist, soviel ich weiß, im Haus, aber es würde eine Weile dauern, sie ausfindig zu machen.«
    »Und was ist mit Mr. Fink-Nottle?«
    »Ich glaube, er unternimmt auch einen Spaziergang.«
    »So? Na schön. Dann werde ich eben ein bißchen hinterm Haus herumlaufen.«
    Ich war ganz froh, ein Weilchen allein zu sein, denn ich wollte nachdenken. Und während ich auf der Terrasse herumschlenderte, tat ich das auch.
    Die Mitteilung, daß Roderick Spode in der Nähe war, hatte mir einen ziemlichen Schock versetzt. Ich hatte geglaubt, er sei nur eine Clubbekanntschaft des alten Bassett und betätige sich ausschließlich in der Hauptstadt. Aber dadurch, daß er sich in Totleigh Towers aufhielt, wurde der Gedanke an Tante Dahlias Auftrag, bei dem einem sowieso schon die Haare zu Berge standen, doppelt so furchtbar wie vorher, als ich nur mit Sir Watkyns Argusaugen rechnete.
    Überlegen Sie doch mal selbst. Ich meine, stellen Sie sich vor, wie einem König der Unterwelt zumute wäre, der sich in ein einsames Schloß schleicht, um jemanden um die Ecke zu bringen, und der dann feststellen muß, daß nicht nur Sherlock Holmes dort gerade sein Wochenende verbringt, sondern auch noch Hercule Poirot.
    Je länger ich über den Diebstahl dieses Sahnekännchens nachdachte, desto unsympathischer wurde mir der Gedanke. Ich fand, daß sich eine weniger dramatische Lösung des Problems finden lassen müßte, wenn ich nur angestrengt genug danach suchte. Und zu diesem Behufe ging ich mit großen Schritten und gesenkten Hauptes auf der Terrasse auf und ab und überlegte hin und

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