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Alter Adel rostet nicht

Alter Adel rostet nicht

Titel: Alter Adel rostet nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. G. Wodehouse
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hier?«
    »Man sagte mir, geschätzte Tante, daß du mich zu sprechen wünschst.«
    »Aber ich habe nicht gesagt, daß du hier einfach hereinplatzen sollst. Ein kurzer Anruf hätte genügt. Du hast wohl instinktiv gespürt, daß ich heute besonders viel zu tun habe?«
    »Falls du befürchtest, daß ich nicht zum Mittagessen bleiben kann, dann sei unbesorgt: Ich nehme die Einladung dankend an. Was wird uns Anatole denn heute bieten?«
    »Er wird dir gar nichts bieten, du Schmarotzer. Ich habe nämlich heute mittag die Schriftstellerin Pomona Grindle zu Gast.«
    »Es wäre mir ein Vergnügen, sie kennenzulernen.«
    »Daraus wird aber nichts. Ich muß mit ihr unter vier Augen reden, um ihr einen Fortsetzungsroman für das ›Boudoir‹ abzuluchsen. Dich wollte ich lediglich bitten, in einen Antiquitätenladen in der Brompton Road zu gehen – gleich bei Harrod’s um die Ecke, du kannst es nicht verfehlen – und ihnen ein Sahnekännchen madig zu machen.«
    Ich verstand nur Bahnhof. Anscheinend faselte die Tante im Fieberwahn.
    »Was soll ich?«
    »Sie haben dort ein Sahnekännchen aus dem achtzehnten Jahrhundert, das Tom heute nachmittag kaufen will.«
    Jetzt ging mir ein Licht auf.
    »Ach, es geht um so ein silbernes Dingsda?«
    »Richtig. Du gehst also hin und läßt es dir zeigen, und dann machst du ein paar abschätzige Bemerkungen darüber.«
    »Und wozu das alles?«
    »Natürlich um diese Leute zu verunsichern, du Trottel. Um in ihren Herzen Zweifel zu säen, damit sie mit dem Preis ein bißchen heruntergehen. Je günstiger Tom das Ding bekommt, um so zufriedener wird er sein. Und seine Laune kann gar nicht gut genug sein, denn wenn ich die Grindle wirklich zu diesem Fortsetzungsroman überreden kann, bedeutet das, daß ich ihm einen ziemlich großen Betrag aus der Tasche ziehen muß. Es ist einfach unglaublich, was diese Bestsellerautorinnen heutzutage für ihr Zeug verlangen. Und jetzt mach dich auf den Weg, und sobald du das Kännchen siehst, schüttelst du mißbilligend deinen Kopf.«
    Im allgemeinen bin ich ja gern bereit, einer liebenswerten Tante einen Gefallen zu tun, aber diesmal sah ich mich gezwungen, mein Veto einzulegen, wie Jeeves das auszudrücken pflegt. Jeeves’ Muntermacher wirken zwar Wunder, aber selbst sie versetzen einen nicht in die Lage, einen schwiemeligen Kürbis schnell hin und her zu bewegen.
    »Ich kann unmöglich meinen Kopf schütteln. Jedenfalls nicht heute.«
    Sie sah mich kritisch an und hob die rechte Augenbraue.
    »So sieht’s also aus! Na, wenn du schon infolge deiner alkoholischen Exzesse nicht den Kopf schütteln kannst, dann könntest du ja wenigstens die Mundwinkel ironisch verziehen.«
    »Ja, das läßt sich machen.«
    »Dann mal los. Und vergiß nicht, verächtlich ›Pfft‹ zu machen. Ein bißchen Naserümpfen kann auch nichts schaden. Ach ja, und sag ihnen, deiner Meinung nach sei das Ding holländisches Neubarock.«
    »Was ist das denn?«
    »Weiß ich auch nicht. Aber anscheinend ist ›holländisches Neubarock‹ unter Kennern ein übles Schimpfwort.«
    Dann ließ sie ihren Blick einen Augenblick nachdenklich über mein möglicherweise etwas übernächtigtes Gesicht schweifen.
    »Du hast also gestern abend wieder mächtig gesumpft, du alter Schluckspecht, wie? Komisch – jedesmal, wenn ich dich sehe, kommst du gerade von einer Zechtour. Trinkst du denn pausenlos? Womöglich noch im Schlaf?«
    Diese Anzüglichkeit wies ich entschieden von mir.
    »Du irrst, verehrte Tante. Außer bei festlichen Anlässen bin ich in meinem Alkoholkonsum von größter Mäßigung. Ab und zu mal ein Cocktail, ein Gläschen Wein zum Essen und vielleicht gelegentlich ein Likör zum Kaffee – mehr gönnt sich Bertram Wooster nie. Gestern abend allerdings habe ich eine kleine Junggesellenfete für Gussie Fink-Nottle gegeben.«
    »Ach, wirklich?« Sie lachte – und in Anbetracht meiner physischen Verfassung wäre es mir lieber gewesen, sie hätte nicht so laut gelacht, aber sie gehört nun mal zu den Damen, deren Heiterkeitsausbrüche den Putz von der Decke rieseln lassen. »Für Spink-Bottle? Na, so was! Wie geht’s denn dem alten Molchzüchter?«
    »Bestens.«
    »Hat er bei dieser Orgie gestern wieder eine Rede gehalten?«
    »Ja. Ich war ganz überrascht, denn ich dachte, er würde das verschämt ablehnen. Aber nein: kaum hatten wir auf seine Gesundheit getrunken, da stand er auch schon auf – mit Mutterseelenruhe, wie Anatole sagen würde – und zog alle rhetorischen

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