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Alter Adel rostet nicht

Alter Adel rostet nicht

Titel: Alter Adel rostet nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. G. Wodehouse
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Katastrophensituationen voll entfalten. Ich wurde plötzlich ganz ruhig und klopfte ihm auf die Schulter.
    »Nur Mut, Gussie! Mach’s wie Archimedes.«
    »Hm?«
    »Er wurde von einem einfachen Soldaten ermordet.«
    »Ja, und?«
    »Na ja, das war bestimmt nicht angenehm für ihn, aber ich bin sicher, daß er mit einem Lächeln auf den Lippen dahingegangen ist.«
    Meine Unerschrockenheit wirkte sich positiv auf ihn aus. Er wurde gefaßter. Ich will zwar nicht behaupten, daß wir genauso ausgesehen hätten wie zwei französische Aristokraten während der Revolution, die auf den Schinderkarren warten, aber eine gewisse Ähnlichkeit war unverkennbar.
    »Wann hat sie dir das gesagt?«
    »Vorhin auf der Terrasse.«
    »Und sie hat das ganz ernst gemeint?«
    »Ja.«
    »Sie hat es also nicht mit einem …«
    »…. Augenzwinkern gesagt? Nein. Von Zwinkern keine Spur.«
    »Gibt es denn gar keine Möglichkeit, das zu verhindern?«
    Ich hatte schon damit gerechnet, daß er dieses Thema anschneiden würde, und ich fürchtete, daß nun eine lange, fruchtlose Diskussion folgen würde.
    »Doch«, sagte ich. »Es gibt eine Möglichkeit. Sie hat versprochen, von ihrem schrecklichen Vorhaben abzusehen, wenn ich dem alten Bassett ein silbernes Sahnekännchen stehle.«
    »Meinst du dieses Ding in Form einer Kuh, das er uns gestern beim Abendessen gezeigt hat?«
    »Ganz recht.«
    »Aber wozu das alles?«
    Ich gab ihm die nötigen Hintergrundinformationen. Er hörte mir aufmerksam zu, und dann hellte sich sein Gesicht auf.
    »Ach so! Ja, jetzt ist mir alles klar! Ich konnte mir erst gar nicht erklären, was sie für ein Motiv haben könnte. Alles schien so sinnlos. Na, dann ist ja alles bestens.«
    Ich bedauerte, seine Hoffnungen zerschmettern zu müssen, aber es war leider unvermeidlich.
    »Nicht ganz. Ich denke nämlich gar nicht daran, es zu tun.«
    »Was? Warum denn nicht?«
    »Weil mich Roderick Spode sonst zu Mus schlägt.«
    »Was hat denn Roderick Spode mit der Sache zu tun?«
    »Er hat sich auf die Seite des Sahnekännchens geschlagen. Vermutlich aus Solidarität mit dem alten Bassett.«
    »Hm! Na, vor Roderick Spode wirst du ja keine Angst haben.«
    »Doch, habe ich.«
    »Unsinn! Ich kenne dich doch.«
    »Nein, du kennst mich nicht.«
    Er ging einmal im Zimmer auf und ab.
    »Aber Bertie! Vor einem Mann wie Spode brauchst du doch keine Angst zu haben. Seine Muskeln sind nur Verzierung. Schnell laufen kann er bestimmt nicht. Der würde dich nie erwischen.«
    »Ich habe nicht vor, ihn als Sprinter zu testen.«
    »Außerdem brauchst du ja nicht hier zu bleiben. Sobald du die Sache abgewickelt hast, kannst du dich dünn machen. Schreib diesem Kaplan nach dem Abendessen ein paar Zeilen und sag ihm, er soll sich um Mitternacht bereithalten, und dann mach dich an die Arbeit. Ich stelle mir den Ablauf ungefähr so vor: Du klaust das Sahnekännchen zwischen Viertel nach zwölf und halb eins – na, sagen wir zwanzig vor eins, falls es Verzögerungen gibt. Um Viertel vor eins bist du an den Ställen und steigst in dein Auto. Um zehn vor eins bist du schon auf freier Landstraße, und hinter dir liegt ein sauber ausgeführter Job. Ich weiß gar nicht, worüber du dich aufregst. Das Ganze ist doch ein Kinderspiel.«
    »Trotzdem …«
    »Willst du nicht?«
    »Nein.«
    Er ging zum Kamin hinüber und fing an, an einem Porzellanfigürchen herumzufummeln, das auf dem Kaminsims stand.
    »Bist du es wirklich, Bertram Wooster?« fragte er.
    »Ja, ich bin’s.«
    »Der Bertram Wooster, den ich in der Schule immer bewundert habe – der Junge, den wir Bertie den Verwegenen nannten?«
    »Ganz recht.«
    »Wenn das so ist, dann ist wohl jedes weitere Wort überflüssig.«
    »So ist es.«
    »Es bleibt uns also nichts anderes übrig, als uns das Notizbuch bei der Byng zu holen.«
    »Und wie willst du das anstellen?«
    Er legte die Stirn in Falten und dachte nach. Nach einer Weile schienen die kleinen grauen Zellen in Bewegung zu geraten.
    »Jetzt weiß ich’s! Paß auf. Dieses Notizbuch bedeutet ihr doch eine Menge, stimmt’s?«
    »Richtig.«
    »Also wird sie’s immer bei sich tragen, wie ich auch.«
    »Anzunehmen.«
    »Vermutlich in ihrem Dekolleté. Also dann!«
    »Was meinst du mit ›Also dann!‹?«
    »Hast du denn immer noch nicht kapiert?«
    »Nein.«
    »Na schön, dann hör zu. Als ihr alter Freund könntest du doch mühelos ein bißchen mit ihr herumalbern und sie dabei … na ja, wie zum Spaß in die Arme schließen und …«
    Ich unterbrach ihn

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