Alter Adel rostet nicht
mal in mein Zimmer und reibe mir die Schläfen mit Eau de Cologne ein. Mein Kopf fühlt sich an, als würde er gleich zerspringen.«
Die Tür fiel hinter ihr ins Schloß. Ich ließ mich in den Sessel sinken, den sie soeben geräumt hatte, und wischte mir den ehrlichen Schweiß von der Stirn.
»Das wäre geschafft!« seufzte ich erleichtert. »Sie hat den Schlag besser verkraftet als gedacht, Jeeves. Da sieht man mal wieder, wie die Fuchsjagd den Menschen abhärtet. Aber trotz der steifgehaltenen Ohren hat man ihr angemerkt, daß es ihr nahegegangen ist, und der Brandy hat ihr gutgetan. Apropos, Sie haben ja eine Ewigkeit gebraucht, das Zeug herbeizuschaffen.«
»Ja, Sir. Es tut mir leid. Mr. Fink-Nottle sprach mich unterwegs an und hielt mich auf.«
Ich hockte eine Zeitlang da und dachte nach.
»Wissen Sie, Jeeves«, sagte ich dann, »eigentlich war Tante Dahlias Idee, in Spodes Vorleben herumzukramen, gar nicht so übel. Wenn Spode eine Leiche im Keller hätte und wir wüßten, wo er sie versteckt hält, hätten wir ihn so gut wie ausgeschaltet. Aber Sie sagten ja, Sie wüßten nichts über ihn.«
»Nein, Sir.«
»Und wahrscheinlich gibt es da auch gar nichts zu wissen. Manche Typen braucht man sich nur anzusehen, und schon weiß man, daß sie Musterknaben sind, die sich immer hübsch an die Spielregeln halten und nie etwas Verbotenes tun, und ich fürchte, daß Roderick Spode einer von dieser Sorte ist. Bestimmt würden auch die hartnäckigsten Recherchen nichts Verwerflicheres an ihm entdecken als seinen Schnurrbart, und dagegen, daß man sich dieses Gewächs näher ansieht, hat er wohl nichts, sonst hätte er es gar nicht erst sprießen lassen.«
»Zweifellos, Sir. Dennoch könnte es sich lohnen, Nachforschungen anzustellen.«
»Aber wo und wie?«
»Ich dachte da an den Junior Ganymede, Sir. Es handelt sich hierbei um einen in der Curzon Street gelegenen Club für Gentlemen, die im Dienst von Gentlemen stehen, und diesem Club gehöre ich seit einigen Jahren an. Man darf wohl annehmen, daß auch der persönliche Bedienstete eines Gentleman von Mr. Spodes Rang zu den Mitgliedern zählt, und in diesem Fall hätte er natürlich unserem Vorsitzenden einige vertrauliche Informationen über Mr. Spode mitgeteilt, die im Club-Buch vermerkt werden.«
»Wie bitte?«
»Nach Paragraph elf der Statuten ist jedes neue Clubmitglied gehalten, den Club umfassend über seinen Arbeitgeber zu unterrichten. Diese Unterlagen stellen nicht nur eine amüsante Lektüre dar, sondern dienen auch Mitgliedern, die einen Stellungswechsel erwägen, zur Warnung vor Gentlemen, die nicht den Idealvorstellungen entsprechen.«
Mir kam ein Gedanke, bei dem mir ganz flau wurde. Fast hätte es mir vor Schreck die Ohren eingerollt.
»Und wie war das, als Sie Clubmitglied wurden?«
»Sir?«
»Haben Sie damals auch über mich ausgepackt?«
»Gewiß, Sir.«
»Was – alles? Auch die Geschichte, wie der alte Stoker hinter mir her war und ich mich mit Schuhcreme einschmieren mußte, um mich wenigstens notdürftig zu tarnen?«
»Jawohl, Sir.«
»Und wie ich von Pongo Twistletons Geburtstagsfete nach Hause kam und dachte, die Stehlampe sei ein Einbrecher?«
»Jawohl, Sir. Dergleichen stellt die bevorzugte Lektüre der Clubmitglieder an verregneten Nachmittagen dar.«
»Ach, wirklich? Und was ist, wenn dieser Lesestoff eines verregneten Nachmittags Tante Agatha in die Hände fällt? Haben Sie daran schon mal gedacht?«
»Die Wahrscheinlichkeit, daß Mrs. Spenser Gregson Zugang zu dem Club-Buch bekommen könnte, darf als marginal gelten, Sir.«
»Schon möglich. Aber die jüngsten Ereignisse in diesem Haus beweisen, daß es Frauen durchaus gelingt, sich Zugang zu Büchern zu verschaffen.«
Schweigend grübelte ich über die ungeheuerlichen Enthüllungen nach, die Jeeves mir soeben über den Junior Ganymede Club gemacht hatte, eine Einrichtung, deren Existenz mir bis dato völlig unbekannt gewesen war. Natürlich hatte ich gewußt, daß er abends, nachdem er mir das karge Mahl vorgesetzt hatte, gelegentlich Bowler und Schirm nahm und sich für eine Weile verdrückte, aber ich hatte immer geglaubt, sein Ziel sei die Theke einer Kneipe um die Ecke. Von einem Club in der Curzon Street hatte ich rein gar nichts geahnt.
Und noch viel weniger hatte ich geahnt, daß einige der turbulentesten Episoden aus Bertram Woosters Leben, die vielleicht durch eine gewisse Unbesonnenheit ausgelöst worden waren, in einem Buch verzeichnet standen. Das
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