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Alter König Neuer König - Seelenweishheit im Märchen (German Edition)

Alter König Neuer König - Seelenweishheit im Märchen (German Edition)

Titel: Alter König Neuer König - Seelenweishheit im Märchen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claus Riemann
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Erbes, sind in dieser Rosa-Haltung gefangen. Zwanghaftes Rebellieren ist eine Form von Abhängigkeit.
     
    Wie wohltuend in dieser düsteren Geschichte wirkt die Gestalt des Kapitäns! Er ist der Gegenentwurf zum Vater der drei Töchter, er ist am Lebendigen interessiert und nicht an Dingen. Als Seefahrer ist er auf dem Meer zu Hause, verbunden mit dem weiblichen Element Wasser. Diese mitfühlende, gütige Vaterfigur ist in dieser Geschichte enorm wichtig. Wenn es überhaupt etwas Mütterliches in den Gestalten dieses Märchens gibt, dann am ehesten in diesem Kapitän. Wie ein liebevoller Therapeut kümmert er sich um die Wunden des kleinen Kindes, um die Verletzungen aus dem Reich der Vergangenheit.
     
    Wie wenig bezogen und liebevoll dagegen Rosa ist, merkt man auch, als sie ihren Sohn heiratet. Erst nach Jahren des Zusammenlebens, nachdem sie schon mehrere Kinder miteinander haben – auch das wieder symbolisch als »Entwicklungskinder« zu verstehen – bemerkt sie seine Verletzung. Sie hat ihn anscheinend nie danach gefragt, und er hat nie davon gesprochen. Es herrscht dieselbe Sprachlosigkeit, die auch die Beziehung der Freier und der Schwestern am Anfang der Geschichte kennzeichnet.
     
    Das mütterliche Element fehlt an allen Ecken und Enden. Allerdings kommt es – zumindest symbolisch – am Ende der Geschichte vor. Der Sturz vom Dach, wohin führt der? Zu Mutter Erde. Alle Gruppenteilnehmer, die mit dieser Szene arbeiten, erleben Rosa, wie sie sich kopfüber vom Dach stürzt. Das heißt auch, sich von einer kopfgesteuerten Haltung zu lösen, die Bereitschaft zu Hingabe und Loslassen zu entwickeln. Es erinnert an die Tarotkarte des Hanged Man, des Gehängten. Dort wird ein Mann gezeichnet, der mit dem Kopf nach unten an einem Kreuz hängt und einen Strahlenkranz um sein Haupt hat. Eine Botschaft dieser Karte ist, dass es manchmal notwendig ist, sich »hängen« zu lassen, sich fallen zu lassen, sich in eine archetypisch weibliche Haltung zu begeben, um eine neue Sichtweise, eine »Erleuchtung« zu bekommen. »Kopfunter hängend sehe ich alles anders« heißt ein Buch des Therapeuten Sheldon Kopp.
     
    Rosa hat ja lange Zeit mit »hoch erhobenen Haupt«, in einer sehr männlich-kriegerischen Haltung gelebt, hat das geradezu auf die Spitze getrieben. Wer in dieser Haltung lange unterwegs ist, muss irgendwann vom Dach springen. So gesehen wäre der Tod Rosas – im positiven Sinne – als Abschied von einer Lebenshaltung zu verstehen, die in ihrer Einseitigkeit überwunden werden muss.
     
    Am Ende der Geschichte stellt sich die Frage: Soll ich mich überhaupt mit den Geheimnissen und Gespenstern der Vergangenheit auseinandersetzen? Soll ich wirklich schlafende Hunde wecken? Die Geister, die ich rufe, werde ich vielleicht nicht mehr los! Wer weiß, wohin mich das führt? Diese Einstellung ist verständlich, nur, in der Logik dieser Geschichte würde das heißen, wie die älteren Schwestern zu leben, in einer vergleichsweise sicheren Idylle, aber ohne Herz und sehr unbewusst. Wenn ich bereit bin, den Weg von Rosa zu gehen, bin ich auf der Achterbahn des Lebens, dann bekomme ich es mit Goethes Weisheit zu tun: »Wenn du das nicht hast, dieses Stirb und Werde, bist du nur ein trüber Gast auf dieser dunklen Erde«. Die alte Rosa ist gestorben, wer weiß, wie die neue Rosa aussehen wird!
     

4.3. Vom versteinerten Prinzen und der traurigen Prinzessin
     
    »Erzähle mir, Lotosblüte, von dem berühmten Königreich Pajajaran! Singe mir, Palmwedel, vom versteinerten Prinzen auf dem Berg Sawal! Berichte, Muskatblüte, sprecht, Pfefferstrauch und Teezweig! Erzählt mir vom Leid der Prinzessin Dewi Ngalima.«
     
    »Ich will sprechen, ich, die Lotosblüte: Die alten Könige sind ausgestorben, die Zeit des blühenden Reiches Pajajaran ist für immer dahin. Nur die Prinzessin Dewi Ngalima weint noch in den Nächten. Das erzähle ich euch! Ich, die erste unter allen Blüten.«
     
    »Hört auch meine Worte! Wer die heilige Ordnung verletzt, bringt sich und anderen Unglück. Die Fehler der anderen beweint die Prinzessin Dewi Ngalima. Das sage ich euch, der grüne Teezweig!«
     
    »Nur still, meine Schwestern! Still, lauscht nur mir! Jetzt erzähle ich, der Palmwedel.«
     

    Es war einmal ein König, und es gab auch einmal ein Königreich, das hieß Pajajaran. In der Nacht schlief der König, und am Tag regierte er. So war es Gesetz. Nach dem Willen der Götter thronte der König auf einem Königsstuhl aus heiligem

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