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Alteuropa-Trilogie 3 - Das Lied der Erde

Titel: Alteuropa-Trilogie 3 - Das Lied der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Mackey
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vorbeischoß und im Meer verschwand.
    »Wir sinken!« schrie sie.
    Kandar erwiderte etwas, aber der Sturm heulte so laut, daß sie seine Antwort nicht verstehen konnte.
    »Was?«
    Er beugte sich dicht zu ihr. »... kann nicht ... -immen! «
    Plötzlich begriff sie, daß er ihr zu sagen versuchte, daß er nicht schwimmen konnte. Sie packte ihn an den Schultern. »Binde dich am Boot fest, bevor die nächste Welle über uns hinwegrollt. Es ist aus Holz. Holz schwimmt.« Sie schnappte sich eine Leine und warf sie ihm zu. Kandar fing sie auf und wollte sie sich gerade um die Taille binden, als sich plötzlich eine meterhohe Wand aus schwarzem Wasser vor ihnen auftürmte und mit aller Gewalt auf sie herabstürzte. Im gleichen Moment schlug ein Blitz irgendwo in der Nähe ein. Eine Kugel aus blauem Licht tanzte auf den Wellen, augenblicklich gefolgt von krachendem, ohrenbetäubendem Donner, der bis ins Mark erschütterte und halb taub machte. Als sie sich die Hände auf die Ohren preßte, bäumte sich das Boot plötzlich auf, legte sich auf die Seite und schleuderte sie über Bord.
    Ihr erster Gedanke war, daß sie womöglich das Bewußtsein verlieren würde, wenn sie beim Auftauchen mit dem gekenterten Boot kollidierte, deshalb tauchte sie noch ein Stück tiefer und schwamm in die kalte, stille Wirbelströmung hinunter. Als sie sicher war, daß der Einbaum nicht mehr direkt über ihr trieb, machte sie kehrt und kraulte zur Wasseroberfläche. Sie war kurz davor zu ersticken, als sie plötzlich grünes Wasser über ihrem Kopf sah, perlende Luftblasen und weiße Gischt. Mit letzter Kraft bahnte sie sich einen Weg an die Wasseroberfläche und tauchte in den peitschenden Regen auf. Sie spuckte das Salzwasser in ihrem Mund aus, holte tief Luft und keuchte entsetzt auf, als ein gewaltiger Brecher sie voll ins Gesicht traf. Hustend und spuckend begann sie, Wasser zu treten. Die stürmischen Wellen warfen sie wie einen Ball hin und her, stürzten sie in ihre tiefen Täler hinab und schleuderten sie auf den höchsten Punkt ihrer Kämme.
    »Kandar! « schrie sie. »Kandar, wo bist du?«
    »Hier.« Sie blickte nach links und sah ihn auf dem Kamm einer Welle treiben und sich verzweifelt am Rumpf des kieloben treibenden Einbaums festklammern. Bei dem Versuch, das Boot zu ihr hinüberzuschieben, zappelte er völlig ungeschickt mit den Beinen.
    »Streck die Beine aus!« brüllte sie. Wieder schlug eine Welle über ihr zusammen; sie schluckte Salzwasser und ging abermals unter. Als sie diesmal wieder auftauchte, sah sie, daß Kandar in weitaus größeren Schwierigkeiten war als sie. Dieselbe Welle, die über ihr zusammengeschlagen war, hatte auch ihn getroffen und vom Rumpf des Einbaums gerissen. Sie sah, wie er verzweifelt mit den Armen um sich schlug und keuchend nach Luft schnappte.
    »Dreh dich auf den Rücken!« schrie sie. »Dreh dich auf den Rücken und laß dich treiben! « Sie schwamm auf ihn zu, so schnell sie konnte, doch entweder hörte er sie nicht, oder er verstand sie
    nicht. Statt sich auf den Rücken zu legen, ließ er die Beine senkrecht herabhängen und schlug hilflos mit den Armen um sich. Einen Moment lang sah sie sein Gesicht an der Wasseroberfläche, dann tauchte er unter.
    Sie kraulte mit aller Kraft weiter, kämpfte sich durch die Wellen, betete auf Sharanisch und fluchte auf Hansi. Der kieloben treibende Einbaum war noch immer da, wartete wie eine zerbrechliche Insel auf sie, aber Kandar war verschwunden. Sie tauchte einmal, zweimal, dreimal, viermal und verlor fast das Boot, als sie nach ihm suchte, aber sie konnte nichts sehen. Jedesmal wenn sie wieder auftauchte, peitschte ihr der Regen ins Gesicht, und ihre Wangen wurden taub vor Kälte. Schließlich, als sie völlig am Ende ihrer Kräfte war, packte sie den Bootsrumpf und klammerte sich daran fest.
    Ein übelkeitserregendes Gefühl der Verzweiflung wallte in ihr auf. Sie grub die Fingernägel in das weiche Holz, verfluchte den Einbaum und jedes andere Boot, das jemals gebaut worden war. Während sie sich so ihrer Verzweiflung hingab, drehte sich ihr Unterkörper leicht im Wasser und sie fühlte etwas an ihrem Bein reiben. Sie griff hinunter und stellte fest, daß es ein Tau war. Das Tau war am Heck des Einbaums festgebunden, und als sie daran zog. wollte es nicht nachgeben, was bedeutete, daß das andere Ende ebenfalls an etwas festgebunden sein mußte. Luma wagte nicht zu hoffen, daß dieses Etwas Kandar war. Sie packte das Tau, ließ sich wieder ins Wasser

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