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Alteuropa-Trilogie 3 - Das Lied der Erde

Titel: Alteuropa-Trilogie 3 - Das Lied der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Mackey
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von ihm ihre tropfnasse Tunika über den Kopf ziehen. Sie hatte dünne Beinlinge aus Leinen an, um ihre Beine vor der Sonne zu schützen, deshalb zog Kandar ihr die Beinlinge nun ebenfalls aus. Er wrang die nassen Kleidungsstücke aus und hängte sie über Stöcke vor das Feuer. Anschließend entledigte er sich seiner eigenen nassen Sachen und hängte sie daneben. Als er fertig war, kehrte er zu der Stelle zurück, wo Luma saß, faßte ihr Haar zu einem Bündel zusammen und drückte das Salzwasser heraus.
    Er setzte sich neben sie: »Wärmer?«
    Sie nickte.
    »Aber noch immer nicht warm genug. Deine Lippen haben noch immer keine Farbe. Gib mir deine Hände.« Sie überließ ihm ihre Hände, und er rieb sie kräftig und massierte ihre Handgelenke. Dann rieb er ihre Arme und Schultern und den Rücken und zum Schluß ihre Beine und Füße. Inzwischen hätte ihr wieder einigermaßen warm sein müssen, doch ganz gleich, wie kräftig Kandar rubbelte, sie zitterte immer weiter.
    »Was soll ich nur mit dir machen?« fragte er. »Wenn ich dich noch fester rubbele, werde ich dir die Haut vom Körper reiben, und wenn ich dich noch näher ans Feuer setze, wird es dir die Wimpern absengen. Komm her. Deine Kleider sind noch nicht trocken, aber ich kenne noch eine andere Methode, um jemanden zu wärmen.« Er nahm sie in seine Arme, zog sie an sich und hielt sie wie ein kleines Kind umschlungen. »Ich kannte mal einen Jäger, der mir erzählt hat, wie er beinahe im Schnee erfroren wäre.« Er streckte die Hand aus und wischte ihr mit dem Daumen behutsam die Tränen von den Wangen. »Als der Jäger schließlich von seinen Freunden gefunden wurde, war er schon halb tot. Die Männer hatten kein Feuer und auch keine Möglichkeit, eins anzuzünden, deshalb deckten sie ihn mit ihren Umhängen zu und krochen nackt darunter; um ihn mit ihren Körpern zu wärmen, bis er wieder zum Leben erwachte.«
    Luma schmiegte ihren Kopf an seine Brust. Sie hörte sein Herz pochen und fühlte seinen warmen Atem an ihrem Hals. Die Hitze seines Körpers hüllte sie ein, und sie ließ sich in die köstliche Wärme sinken.
    Er hielt sie lange Zeit fest an sich gedrückt und stand nur auf, wenn er das Feuer schüren mußte. Ganz allmählich hörte Luma auf zu zittern und begann, seltsame Laute von sich zu geben.
    Voller Sorge, sie könnte vielleicht Atemschwierigkeiten haben, drehte Kandar sie vorsichtig um, so daß er ihr Gesicht sehen konnte. Ihre Augen waren geschlossen, und ihre Lippen bewegten sich leicht bei jedem Atemzug. Sie schlief tief und fest und schnarchte leise.
    Kandar lächelte und legte sie behutsam zurück in den Sand, um sie nicht zu wecken. Dann bewegte er sich ein paar Schritte von ihr fort und ging in die Hocke, um eine kleine, flache Grube zu graben. Als die Grube fertig war, füllte er sie mit heißer Holzkohle aus dem Feuer und bedeckte die Holzkohle mit einer Schicht Sand. Zum Schluß legte er prüfend eine Handfläche auf den Sand, um die Hitze zu testen. Er ging zu Luma zurück, hob sie hoch, trug sie zu der Grube und legte sie auf den erhitzten Sand. Dann stand er einen Moment lang da, blickte nachdenklich auf sie hinunter. Sie war noch immer zu sehr der nächtlichen Kälte ausgesetzt. Im Moment herrschte zwar kaum Wind, aber er konnte jederzeit wieder auffrischen, und der Himmel war noch immer wolkenverhangen, was hieß, es konnte vor Tagesanbruch erneut anfangen zu regnen.
    Kandar nahm seine Tunika, band die Ärmel zusammen und marschierte zu der Stelle, wo der Strand an den Wald angrenzte. Er sammelte trockene Blätter auf, trug sie in seiner Tunika zu der Stelle, wo Luma lag, und verteilte sie über ihr. Er mußte mehrmals hin- und hergehen, um Luma vollständig zu bedecken, doch als er fertig war, lag sie wie ein Wintereichhörnchen in einem Nest aus Herbstlaub, nur ihr Kopf ragte an einem Ende des Blätterhaufens heraus.
    Jetzt mußte er nur noch dafür sorgen, daß die Blätter nicht wegwehten, wenn der Wind auffrischte. Ihm war regelrecht übel vor Erschöpfung, aber es wäre töricht gewesen, die Arbeit nicht zu Ende zu bringen, deshalb kehrte er in den Wald zurück, fand einen umgestürzten Baum und brach zwei einigermaßen gerade Äste davon ab. Bis das Feuer so weit heruntergebrannt war, daß er Holz nachlegen mußte, hatte er eine Art Wetterschutz über Luma errichtet, hauptsächlich aus Stöcken und verdorrtem Gestrüpp. Die provisorische Schutzhütte war auf drei Seiten geschlossen, um den Wind abzuhalten, und ihre

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