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Alteuropa-Trilogie 3 - Das Lied der Erde

Titel: Alteuropa-Trilogie 3 - Das Lied der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Mackey
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brutaler Rohling zu sein oder ein tollwütiger Hund, der Typ Mann, der eine Frau gegen ihren Willen zum Liebesakt zwingt. Keshna war ihm immer wie eine Frau erschienen, die sich lieber das eigene Herz aus der Brust schneiden würde, als zu weinen; aber in letzter Zeit schluchzte sie so oft, nachdem sie einander geliebt hatten, daß er sich schon vor ihren gemeinsamen Nächten zu fürchten begann. Irgend etwas stimmte nicht zwischen ihnen, doch wenn er sie fragte, was sie so sehr bedrückte, gab sie jedesmal vor, ihn nicht zu verstehen.
    »Tue ich dir weh?« fragte er besorgt. »Habe ich dich in irgendeiner Weise gekränkt? Bitte sag es mir. Warum weinst du, Liebste?«
    »Ich weine, weil ich so glücklich bin«, erwiderte sie jedesmal, doch in ihrer Stimme schwang niemals Glückseligkeit mit. In ihren dunklen Augen erschien ein düsterer, gehetzter Ausdruck, wenn sie seinem Blick begegnete. Kandar hatte diesen Ausdruck schon häufig in den Augen von Frauen gesehen, die von Nomaden vergewaltigt worden waren, aber noch nie bei einer Frau in seinem eigenen Bett. Wie konnte Keshna ihn so ansehen? Sie war immer diejenige, die zu ihm kam. Als die Nattern im Wald kampiert hatten, war sie jede Nacht unter seine Decke gekrochen, und seit sie in die Stadt zurückgekehrt waren, suchte sie ihn ständig auf. Er aß in diesen Tagen so häufig in Marrahs Mutterhaus, daß er sich dort schon fast wie zu Hause fühlte.
    Das Abendessen endete immer damit, daß Keshna ihm die Arme um die Taille schlang und ihn einlud, mit in ihre Schlafkammer hinaufzukommen, um Freude mit ihr zu teilen. Aber was hatte ihre Vereinigung mit »Freude« zu tun? Was teilten sie? Kandar liebte Keshna so innig, wie er noch nie eine Frau geliebt hatte – manchmal glaubte er sogar, er liebte sie sogar mehr als seine Mutter –, aber kein Mann, der so tiefe Gefühle für eine Frau hegte, konnte es ertragen, sie Nacht für Nacht zum Weinen zu bringen. Er streckte die Hand aus und strich ihr über das Haar, ihr wunderschönes, rötliches Haar, das bereits feucht war von ihren Tränen.
    »Das muß aufhören«, sagte er.
    Sie fröstelte, hörte auf zu schluchzen und setzte sich abrupt auf. »Nein«, erwiderte sie. Es war ein störrisches Nein, die Art von energischer Weigerung, die zu der alten Keshna paßte. Kandar war froh, das Wort mit solcher Vehemenz über ihre Lippen kommen zu hören. Doch plötzlich veränderte sich ihr Ausdruck, und ihre Stimme wurde sanft und kläglich wie die eines kleinen Mädchens. »Kandar, Liebling, bitte verlaß mich nicht«, flehte sie. Sie zog ihn an sich, und er nahm sie mit einem Seufzer in seine Arme.
    »Keshna, sag mir die Wahrheit. Liebst du mich?«
    »Ich bete dich an.«
    »Wie kommt es nur, daß ich dir nicht glaube?«
    Sie warf ihm einen panischen Blick zu. »Aber du mußt mir glauben, Kandar. Ich liebe dich wirklich. Ich verehre dich glühend.«
    »Ich will nicht verehrt werden«, erwiderte er grimmig. »Verehre Batal, wenn du jemanden verehren willst. Aber sag mir die Wahrheit.«
    »Ich sage dir immer die Wahrheit.«
    »Nein, Keshna, das tust du nicht. Mit unserem Liebesspiel stimmt irgend etwas nicht, aber du willst mir nicht sagen, was es ist. Ich habe versucht, so zu tun, als bereiteten wir uns sinnlichen Genuß, weil ich dich liebe, und weil ich weiß, daß du möchtest,
    daß ich Leidenschaft vortäusche, aber ich ertrage es nicht mehr, dich Nacht für Nacht weinen zu sehen. Ich weiß, ich tue dir weh, aber ich weiß nicht, auf welche Weise. Ich wünsche mir nichts weiter, als daß du mir genügend vertraust, um es mir zu sagen.«
    »Du bereitest mir wirklich großen sinnlichen Genuß.«
    »Keshna, ich sage es nur äußerst ungern, besonders wenn du so niedergeschlagen bist, aber das ist eine Lüge. Meinst du vielleicht, ich merke nicht, wenn du lügst? Dein ganzer Körper spricht zu mir, verstehst du, nicht nur dein Mund. Deine Lippen sagen: ›Kandar, du bereitest mir sinnlichen Genuß‹, aber deine Schenkel sagen: ›Ich hasse das hier‹, deine Brüste sagen: ›Faß mich nicht an‹, und dein Schoß sagt: ›Geh weg und laß mich in Ruhe!.
    »Du irrst dich. Meine Brüste sagen: ›Komm zu mir, Kandar‹, und mein Schoß sagt: ›Ich möchte gerne ein Kind mit dir zeugen‹.«
    »Wenn du so weitermachst«, erwiderte Kandar, »werde ich derderjenigen, der in Tränen ausbricht. Ich liebe dich, und ich möchte dir glauben, aber ich kann es nicht. Alles, was heute nacht zwischen uns geschehen ist, war eine Lüge. Ich

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