Alteuropa-Trilogie 3 - Das Lied der Erde
habe dir doch gesagt, daß diese beiden Frauen unsere Schlachtrösser ritten, Bruder. Keiner außer dir hat jemals solch einen prachtvollen Wallach besessen. Und ich sage dir noch was: die eine, die meine Stute ritt, war die Frau, die uns damals verkleidet als die Gemahlin von Choatk im Wald erschien.«
»Diese elenden Schlampen! « schrie Lrankhan. Er griff nach seinem Gürtel, als ob er eine Garotte wäre. »Wir werden unsere Schlachtrösser zurückholen und uns diese sharanischen Huren vornehmen, bis sie sich wünschen, sie wären niemals geboren worden.«
Als sie jedoch zu Tanshans Zelt gingen, um ihm die Neuigkeiten zu erzählen und sich ein paar seiner Schlachtrösser zu leihen, damit sie ihre eigenen zurückholen konnten, lehnte Tanshan glattweg ab.
»Nicht so hastig«, sagte er herablassend. »Es gibt da noch jemanden, der Rache an der Tochter von Marrah aus Shara nehmen will, jemanden, der sehr viel bedeutsamer ist als ihr beide.« Er nagte an einer saftigen Fleischrippe, während er sprach. Das Fleisch roch so köstlich, daß Lrankhan bei seinem Anblick ganz schwach wurde vor Hunger und sich in seinem Kopf alles zu drehen begann.
» Jemand anderer?« murmelte Lrankhan. »Aber wer außer uns könnte einen so triftigen Grund haben, die beiden Frauen zu töten? Diese Huren haben die Hälfte unserer Schlachtrösser gestohlen, Tanshan, und drei meiner Männer umgebracht. Die Ehre der Nomaden vom Grünen Strom ist besudelt.«
Tanshan verzehrte das letzte Stückchen Fleisch und warf die abgenagte Rippe zu Boden. Er wählte eine weitere knusprig gebratene Rippe aus einem Korb, biß ein saftiges Stück Fleisch ab und blickte Lrankhan nachdenklich kauend an.
»Du hast die Belagerung von Shara überlebt, nicht wahr?« Lrankhan nickte.
»Man hat mir erzählt, damals sei in einer donnernden Explosion ein schrecklicher Schlangenvogel erschienen, der Vlahan auffraß und die Mehrzahl seiner Krieger tötete. Ist das wahr?«
»Mehr oder weniger. Die Geschichte wird von Jahr zu Jahr weiter ausgeschmückt. «
»Aber du erinnerst dich noch gut an die Belagerung?« »Ja.«
»Tja dann ...« meinte Tanshan. Plötzlich beugte er sich vor und zeigte mit dem Ende seiner halb abgenagten Rippe auf Lrankhan. »Wie sieht's aus – sagt dir der Name Changar etwas?«
10. KAPITEL
Shara
Während der folgenden vier Monate träumte Lumas Schwester Driknak jede Nacht aufs neue zwei prophetische Träume. Ganz gleich, was sie vor dem Einschlafen tat, aß oder dachte, die Träume kamen zu ihr wie zwei Bleigewichte, aufgefädelt auf den Webstuhl der Nacht, und sie wachte niemals auf, bevor sie nicht beide zu Ende geträumt hatte.
In jener ersten Nacht flößten sie ihr noch keine Furcht ein. Sie waren zwar seltsam, hatten aber nichts sonderlich Beängstigendes. Doch ihre Beklommenheit wuchs mit jeder Nacht, in der sie wieder von den Träumen verfalgt wurde. Sie hatte noch nie zuvor zweimal das gleiche geträumt. Und jetzt kamen diese merkwürdigen Träume immer wieder und wieder, so unablässig wie ein unsichtbares Weberschiffchen, das durch die langen Fäden ihres Schlafes glitt.
Die Träume gingen Nacht für Nacht weiter, bis sie so sehr Teil ihrer selbst wurden, daß sie kaum noch erkennen konnte, wo sie anfing und wo die Träume endeten. Gegen Ende des ersten Monats hatte sie ihnen sogar schon Namen gegeben: Den ersten nannte sie »Der Kreis des Leuchtenden Feuers«, den zweiten »Das Bett aus Gold«.
Der Kreis-Traum besaß eine Art leuchtender Schönheit, die Driknak das Gefühl gab, in einem Meer von Licht zu treiben. In diesem Traum lagen ein junger Mann und eine junge Frau nackt zusammen im Wald auf einem Bett aus weichem Moos und blühenden Wildblumen. Driknak kannte das Paar nicht, aber vielleicht kam das daher, weil die beiden vor sehr, sehr langer Zeit gelebt hatten, als die Welt noch jung war.
Der Mann und die Frau begannen, sich leidenschaftlich zu küssen und ihre Zungen preßten sich aneinander wie Vogelschwingen. Ihr Atem ging so heftig wie der Wind, der die Baumwipfel über ihnen schüttelte, ihr Fleisch war so warm wie Sonnenschein auf dunklen Steinen.
Plötzlich stieß die Frau einen kehligen Schrei der Lust aus, spreizte die Beine und forderte den Mann auf, in sie einzudringen. Der Mann kam mit großer Freude zu ihr, und als sein Penis ihre Vagina berührte, verwandelte er sich in eine Schlange, mit Schuppen, die wie Glimmererde glitzerten. Die Schlange glitt in den Körper der Frau hinein, ihr
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