Alteuropa-Trilogie 3 - Das Lied der Erde
Rückgrat hinauf und zu ihrem Mund wieder hinaus. Als ihr Kopf zwischen ihren Lippen hervorkam, nahm der Mann die Schlange in den Mund, und sie kroch seine Kehle hinunter und sein Rückgrat entlang zu seinem Penis und biß sich in ihren eigenen Schwanz.
Die Schlange begann sich zu drehen und zu winden, zuerst langsam, dann immer schneller und schneller, und verwandelte sich in einen Kreis aus leuchtendem Feuer. Sie brannte heiß und lichterloh und vereinte den Mann und die Frau in wilder Ekstase; und als Driknak diesen Wirbel beobachtete, fühlte sie sich lüstern und glücklich.
Wenn sie nur von dem feurigen Kreis hätte träumen können, hätte es ihr wahrscheinlich nichts ausgemacht, Nacht für Nacht denselben Traum zu haben. Aber der Traum von dem goldenen Bett kam immer gleich danach, und sobald er begann, fühlte Driknak, wie ein eisiger Schauder über ihren Rücken rieselte.
Wieder lagen der Mann und die Frau nackt zusammen, diesmal waren sie jedoch auf einem großen, harten Bett ausgestreckt, das durch und durch aus Gold bestand. Glitzernde Juwelen, kalt wie Eis, waren in ihrem Haar verstreut, und um sie herum lagen Ballen mit Wollstoff und standen Krüge voller Öl und andere Handelsgüter. Zu ihren Füßen waren Waffen in ordentlichen Stapeln
aufgeschichtet, und Schlachtrösser standen dort, angebunden an
Pfähle, die rings um das Bett in die Erde getrieben worden waren.
Dieses Mal gab die Frau keinen Laut der Wollust oder der Zustimmung von sich. Sie spreizte ganz einfach auf eine gelangweilte, gleichgültige Art die Schenkel, und der Mann drang in sie ein. In dem Moment, in dem sein Penis ihre Vagina berührte, verwandelte er sich in einen Speer. Mit einem überraschten, zornigen Aufschrei stieß die Frau ihn von sich, und zwischen den beiden Liebenden entbrannte ein heftiger Kampf, bei dem sie sich gegenseitig schlugen, erbittert fluchten und mit den Füßen traten. Während des Kampfes begannen ihre Körper plötzlich aneinander festzukleben, als ob sie sich in unsichtbarem Leim wälzten. Es war klar, daß sie niemals voneinander loskommen würden. Je wilder sie kämpften, desto fester klebten sie aneinander, doch statt aufzuhören und sich zu trennen, fuhren sie fort, sich gegenseitig zu verletzen und sich wie zwei Hunde auf dem goldenen Bett hin- und herzuwälzen.
Driknak flehte die beiden jedesmal eindringlich an, voneinander abzulassen, aber sie hörten sie nie. Nach einer Weile pflegte stets eine andere Stimme zu sprechen.
Seht den Mann, der sich sexuelle Befriedigung kauft, und die Frau, die sie verkauft,
sagte die Stimme.
Sie werden viele Generationen lang Krieg gegeneinander führen, aber sie nennen es »Liebe«.
Mit dem Wort »Liebe« pflegte der Traum jedesmal zu enden, und Driknak wachte schweißgebadet und am ganzen Körper zitternd auf. Dann lag sie lange Zeit hellwach in der Dunkelheit und wartete darauf, daß sich ihr rasender Herzschlag wieder beruhigte. Schließlich stand sie auf, spritzte sich kaltes Wasser ins Gesicht und flehte Batal an, ihr nie wieder diese Träume zu schicken. Doch ganz gleich, wie inständig sie betete, in der nächsten Nacht verfolgten sie sie aufs neue. Der Kreis aus leuchtendem Feuer drehte sich, das Paar auf dem goldenen Bett bekämpfte sich erbittert, und den ganzen Winter über fand Driknak nachts keine Ruhe mehr.
Driknak wußte, daß diese Träume irgendeine Bedeutung haben mußten, und deshalb hielt sie die Augen offen. Nach und nach begriff sie, daß eine große Veränderung im Gange war – nicht nur in den Wäldern, wo die Nomadenstoßtrupps Angst und Schrecken verbreiteten, sondern auch mitten im Herzen von Shara. Kandar setzte sich im Bett auf und betrachtete seine Hände: Seine Handflächen waren rauh und schwielig, seine Nägel stumpf. Wenn er seine Finger zur Faust ballte, konnte er sehen, wie das Blut durch seine Adern pulsierte. Es war eine kräftige Faust, hart und kompakt, und er hatte den starken Drang, aufzustehen und den hölzernen Laden vor dem Fenster zu zertrümmern oder einfach nur mit dem Kopf gegen die Wand zu schlagen, immer wieder und wieder, bis er das Bewußtsein verlor.
Batal, gib mir Geduld,
betete er stumm.
Er hatte Keshna gerade geliebt – hatte gerade sein Bestes getan, um ihr soviel sinnlichen Genuß zu bereiten, wie ein Mann einer Frau überhaupt bereiten konnte –, und sie weinte schon wieder, hatte sich wie ein krankes Kind unter der Schlafdecke zusammengerollt. Ihre Tränen gaben ihm stets das Gefühl, ein
Weitere Kostenlose Bücher